WM-Geschichte One-Hit-Wonder: Von Odonkor, Schillaci und Co.

Rio de Janeiro · Ihre 15 Minuten des Ruhms hatten die Dauer einer WM. Der Stern einer ganzen Reihe von Fußballern ging bei den Titelkämpfen auf - und ebenso schnell wieder unter.

 David Odonkor wurde überraschend für die WM 2006 nominiert, danach konnte er nicht mehr auf sich aufmerksam machen.

David Odonkor wurde überraschend für die WM 2006 nominiert, danach konnte er nicht mehr auf sich aufmerksam machen.

Foto: dpa, fg_ab nic

Für die Shootingstars wie den Kolumbianer James Rodriguez oder den mexikanischen Torwart Guillermo Ochoa beginnt nach der WM die vielleicht wichtigste Phase ihrer Karriere. Nun müssen die zum Teil prägenden Figuren des Turniers in Brasilien beweisen, dass sie auch abseits der großen WM-Bühne ihr Versprechen einlösen können.

Sonst droht ihnen das gleiche Schicksal wie einer ganzen Reihe von früheren WM-Stars. David Odonkor oder die einstigen WM-Torschützenkönige Salvatore "Toto" Schillaci und Oleg Salenko dürften ihnen dabei als warnendes Beispiel dienen. Ihr Stern ging ebenfalls beim wichtigsten Fußballturnier der Welt auf - doch nach ihren glanzvollen Auftritten wurden sie im Klubfußball nicht mehr glücklich.

Sprint über rechts, Flanke auf Neuville

Es läuft bereits die Nachspielzeit des zweiten WM-Gruppenspiels gegen Polen, als der junge Dortmunder David Odonkor 2006 den "größten Moment" seiner Karriere erlebt. Auf der rechten Seite ersprintet sich der damals 22 Jahre alte Newcomer den Ball, ein Kontakt, Flanke in den Strafraum - und Oliver Neuville versetzt mit seinem Tor eine ganze Nation in Freudentaumel. 1:0 gegen Polen - der Weg für das deutsche Sommermärchen war geebnet.

Nach seinen Auftritten bei der Heim-WM 2006 wechselte der von Bundestrainer Jürgen Klinsmann völlig überraschend nominierte schüchterne Shooting-Star für mehr als sechs Millionen Euro vom damals klammen BVB zu Betis Sevilla. Schlecht beraten und ohne Spanischkenntnisse wurde er dort allerdings nie glücklich. Zudem warfen in mehrere Knie-Operationen immer wieder zurück, beinahe verlor er sogar ein Bein. Bei der EM 2008 stand er noch im deutschen Aufgebot - sein einziger Einsatz beim 1:2 gegen Kroatien war gleichzeitig sein letztes Länderspiel.

2013 und nach ebenso unglücklichen Stationen bei Alemannia Aachen und Hoverla Uschhorod in der Ukraine beendete er seine Karriere. In der vergangenen Saison war Odonkor Co-Trainer beim Regionalligisten SC Verl, wurde dort aber aus finanziellen Gründen nicht weiterbeschäftigt.

Auch die Karriere von Toto Schillaci taugt nur bedingt zur Nachahmung. Dabei schien dem Italiener nach der WM 1990 im eigenen Land die Welt offen zu stehen. Mit sechs Treffern wurde der in Palermo geborene Stürmer nicht nur Torschützenkönig, sondern auch zum besten Spieler des Turniers gewählt. Ganz abgesehen davon, dass er zum Publikumsliebling der Tifosi wurde.

Auch weil sein Höhepunkt in eine in Italien brisante politische Zeit fiel. Als die Abspaltungstendenzen des reichen Nordens vom armen Süden Anfang der 90er ihren Höhepunkt erreicht hatten, spielte sich der eigentliche Ersatzmann und Schulabbrecher aus Sizilien in die Herzen der Fans - im ganzen Land.

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Doch auch ihm war anschließend keine Weltkarriere vergönnt. Zwei Jahre später wechselte er von Juventus Turin zu Inter Mailand, ohne dort seine Leistungen bestätigen zu können. Nach drei Jahren in der japanischen J-League beendete er 1997 seine Karriere. Sechs seiner sieben Tore im Dress der Azzurri hatte er bei der WM 1990 erzielt. Dennoch ist er auch weiterhin populär: Vor einigen Jahren nahm er an einer italienischen Version des Dschungelcamps (L'isola dei famosi) teil - und gewann.

Seinem Nachfolger als WM-Torschützenkönig, Oleg Salenko, erging es nicht viel besser. Mit seinen fünf Treffern im Vorrundenspiel gegen Kamerun 1994 (6:1) hält er immer noch den Rekord für die meisten Tore in einem WM-Spiel. Es sollte sein letzter Auftritt im russischen Trikot sein.

Es folgten die Stationen FC Valencia und Glasgow Rangers, durchsetzen konnte er sich bei keinem Klub. Ebensowenig hielt er es lange bei den dann schon nicht mehr so namhaften Vereinen Istabulspor, FC Cordoba und Pogon Stettin aus.

Nach einem kurzen Intermezzo als Trainer der ukrainischen Beachsoccer-Nationalmannschaft gelangte er vor einigen Jahren noch einmal in die Schlagzeilen. Nach finanziellen Rückschlägen kündigte er an, sein Torschützentrophäe der WM 1994 verkaufen zu wollen.

Der Südkoreaner Ahn-Jung Hwan brachte mit seinem Durchbruch gleich ein ganzes Land gegen sich auf. Der "Beckham Koreas" warf Italien im Achtelfinale aus dem WM-Turnier 2002, wurde durch sein "Golden Goal" zum 2:1 zum Helden in seiner Heimat, hatte beim AC Perugia aber dadurch keine Zukunft mehr. Fortan tingelte Ahn durch zweitklassige Absteigen der Fußball-Welt, war mit 34 Jahren 2010 in Südafrika aber zum dritten Mal bei einer WM dabei. Als Ersatzspieler.

(sid)
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