Düsseldorf Immer wieder prominente Steuerhinterzieher

Düsseldorf · Alice Schwarzer ist kein Einzelfall. Auch Zumwinkel, Hoeneß und andere machten Schlagzeilen mit ihren Delikten. Schwarzer steckte gestern für ihre Steuerbeichte Häme ein, erhielt aber auch Rückendeckung.

Prominente deutsche Steuerhinterzieher
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Deutschlands bekannteste Frauenrechtlerin Alice Schwarzer hat mit ihrer Steuerbeichte eine kontroverse Debatte über Selbstanzeigen ausgelöst. Zum einen geht es um die Frage, was davon in die Öffentlichkeit gehört. "So berechtigt das öffentliche Interesse an vollständiger Aufklärung und Ahndung von Steuerhinterziehung ist, es rechtfertigt nicht die Verletzung des Steuergeheimnisses", sagt etwa Volker Wissing, Finanzexperte der FDP. Auch Schwarzers Anwalt sprach von einer "unerträglichen Verletzung des Steuergeheimnisses". Zum anderen heizt der Fall Schwarzer die Debatte um die Legitimität von Selbstanzeigen beim Fiskus wieder an.

Alice Schwarzer hatte am Wochenende eingeräumt, dass sie seit den 1980er Jahren ein Konto in der Schweiz hatte, dessen Zinserträge sie nicht versteuerte. Sie hat eine Selbstanzeige bei den Finanzbehörden eingereicht und für die vergangenen zehn Jahre 200 000 Euro Steuern plus Säumniszinsen nachgezahlt. Viele rätseln nun, wie hoch Schwarzers Vermögen in der Schweiz wohl war. Laut "Bild" sind es 2,4 Millionen Euro. Das halten Experten für möglich. "In der Schweiz sind ein Prozent Zinsen nichts Ungewöhnliches, da schafft man sein Geld nicht hin, um hohe Zinserträge zu erzielen, sondern um es vor dem Zugriff des Fiskus zu schützen", sagt Max Herbst, Inhaber der FMH Finanzberatung in Frankfurt. "Stimmen die 2,4 Millionen Euro im Fall Schwarzer, wären das 24 000 Euro Zinsen pro Jahr."

Wie auch immer: Schwarzers Steuerdelikt ist kein Einzelfall. Erst vor kurzem war Theo Sommer, Herausgeber der Wochenzeitung "Die Zeit", wegen Steuerbetrugs zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. Am 10. März beginnt der Prozess gegen Uli Hoeneß. Dem Präsidenten des FC Bayern wird vorgeworfen, mehrere Millionen hinterzogen zu haben. Er hat zwar eine Selbstanzeige gestellt, doch die war offenbar nicht hinreichend, so dass es zur Anklage kam. Und immer wieder stellt sich die Frage, ob Selbstanzeigen sinnvoll sind. Ist es legitim, sich durch Zahlungen von der Strafe freizukaufen? Die Praktiker sagen: ja. "Ohne dieses Instrument würden viele Steuerhinterzieher nie entdeckt", sagt etwa Reiner Holznagel vom Bund der Steuerzahler. Die Deutsche Steuergewerkschaft fordert dagegen engere Grenzen. Bei Fällen, in denen mehr als 50 000 Euro Steuern hinterzogen worden seien, seien Selbstanzeigen problematisch, erklärte Gewerkschafts-Chef Thomas Eigenthaler. Gäbe es mehr Steuerprüfungen bei Unternehmen und Einkommensmillionären, würde mehr Steuerhinterziehung auf andere Weise entdeckt, so das Argument der Steuergewerkschaft.

Auch die große Koalition sieht Reformbedarf. Sie will zwar die strafbefreiende Selbstanzeige erhalten, aber die Regeln verschärfen. Im Kern wird es darum gehen, die Verjährungsfrist für Steuerhinterziehungstatbestände de facto von derzeit fünf auf zehn Jahre zu verlängern. "Ein Ansatzpunkt wäre, die Wirkung der Selbstanzeige künftig von den vollständigen Angaben zu den steuerrechtlich unverjährten Zeiträumen (zehn Jahre) abhängig zu machen", heißt es im Koalitionsvertrag. "Der Steuerpflichtige müsste dann, um Straffreiheit für die letzten fünf Jahre zu erlangen, auch für die fünf weiter zurückliegenden Jahre alle Angaben berichtigen, ergänzen und nachholen." Die Koalition berief sich auf Vorschläge einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe. Diese hatte kritisiert, die bisherige Rechtslage führe dazu, dass auch die Steuerhinterzieher straffrei ausgehen, die die Vergangenheit nicht vollständig bereinigt haben. Das solle sich ändern. Wirksam werden könnten die neuen schärferen Regeln bereits Anfang 2015.

(RP)
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