Stromkonzerne in der Krise Die wichtigsten Baustellen bei Eon und RWE

Essen/Düsseldorf · Deutschlands größte Versorger Eon und RWE verlieren in der Energiewende Milliarden - die Stromriesen müssen mit Sparprogrammen, Jobkürzungen und alternativen Geschäftsideen gegensteuern. Ob Eon-Chef Johannes Teyssen und sein RWE-Kollege Peter Terium mit ihren Rezepten Erfolg haben, bleibt abzuwarten.

Das ist der Eon-Konzern
Infos

Das ist der Eon-Konzern

Infos
Foto: AP

Eon hat sich für eine Abspaltung von Gas, Kohle und Atomkraft entschieden - RWE behält alles unter einem Dach. Die wichtigsten Baustellen:

RÜCKGANG BEI DER KONVENTIONELLEN STROMERZEUGUNG

Mit seinen Gas- und Kohlekraftwerken verdient RWE wegen des Absturzes der Börsenstrompreise immer weniger Geld. Doch gleichzeitig werden fossile Anlagen gebraucht, um die Versorgungssicherheit in Zeiten der noch schwankenden Ökostrom-Einspeisung zu gewährleisten. Das Ergebnis aus der Stromerzeugung schrumpfte bei RWE 2014 um fast ein Drittel auf knapp eine Milliarde Euro. Den Betrieb als Reserve für ein sicheres Stromnetz will sich das Unternehmen bezahlen lassen, was die Politik aber ablehnt. Auch bei Eon ging die konventionelle Erzeugung zurück - weil Gaskraftwerke kaum liefen, zwei Kohleblöcke und die Kernkraftwerke Grohnde sowie Isar 2 länger stillstanden und der warme Winter generell den Absatz drückte. Eon prüft zusammen mit drei kommunalen Versorgern die Stilllegung eines Gaskraftwerks im bayerischen Irsching - einer der modernsten Anlagen in ganz Europa.

KAUM ENTLASTUNG FÜR DIE STROMKUNDEN

Sie merken von den Tiefstpreisen an den Strombörsen wenig, die Verbraucherpreise haben bei vielen Anbietern zuletzt nur ganz leicht nachgegeben. Nach einer Schätzung des Übertragungsnetzbetreibers 50Hertz dürfte die Ökostrom-Umlage - sie macht rund 18 Prozent des Strompreises von Haushaltskunden aus - für die Endverbraucher und Unternehmen im nächsten Jahr aber nicht merklich steigen.

SPAREN UND ABBAUEN

RWE spart an Sachausgaben und Personal und verkauft Beteiligungen oder ganze Firmen wie die Öltochter Dea. Der Mitarbeiterstand schrumpfte dadurch bis Ende 2014 um rund 5000 auf knapp 60 000 Vollzeitstellen. Das Sparprogramm wurde von 1,5 Milliarden Euro bis Ende 2015 auf 2 Milliarden Euro bis 2017 verlängert und aufgestockt.
Weitere 1200 Jobs sollen in den nächsten Jahren wegfallen. Bei Eon sah das Programm "Eon 2.0" den Abbau von 11 000 Stellen vor, davon 6000 in Deutschland. Bis zum Ende des dritten Quartals 2014 lag der Konzern im Zeitplan. Neuere Zahlen sollte es bei der Bilanz geben.

NUR LANGSAMES WACHSTUM BEI DEN ERNEUERBAREN

Die großen Hoffnungen auf sichere Gewinne durch die erneuerbaren Energien haben sich zunächst nicht erfüllt. 2014 schrumpfte bei RWE das Ergebnis aus der Sparte sogar um fast ein Zehntel - unter anderem, weil in Spanien Fördersätze drastisch gekürzt wurden. 2015 hofft RWE auf deutlich wachsende Gewinne, weil zwei große Windparks vor Wales und Helgoland voll ans Netz gehen. Auch Eon setzt auf mehr Einkünfte aus der Windkraft. An der teuren Aufholjagd sind die Konzerne aus Sicht von Kritikern wie Greenpeace aber zum Teil selbst Schuld: Sie hätten die Wende zum Ökostrom verschlafen und müssten nun die Konsequenzen tragen.

ZWANG ZU INNOVATIONEN

Mit kundennahen Angeboten wollen sich die Versorger retten. Doch das Geschäft ist kleinteilig, die Einnahmen sind nicht mit den satten Kraftwerksgewinnen von früher zu vergleichen. Mehrere hunderttausend "Smart Home"-Anlagen zur Steuerung von Licht und Heizung im Eigenheim hat RWE verkauft. Da mehr Privatleute auch Strom erzeugen, brauchen sie Speicher und Leitungen. Auch "Smart Metering" - die bedarfsgenaue Messung und Abrechnung nach variablen Tarifen anstelle pauschaler Abschläge - ist ein Thema. Eon ändert seine Struktur derweil radikal: Erneuerbare Energien, Netze und Kundenlösungen stehen künftig im Mittelpunkt. Konventionelle Erzeugung, globaler Energiehandel sowie die Erkundung von Öl- und Gasvorkommen werden komplett ausgelagert.

HOLPRIGER ATOMAUSSTIEG

Nach dem Schock von Fukushima vor genau vier Jahren traf der bis 2022 beschlossene Atomausstieg die Stromkonzerne auf dem falschen Fuß. Sie hatten auf Laufzeit-Verlängerung für ihre profitablen Kernkraftwerke gesetzt - nun vollzog die Bundesregierung unter dem Eindruck der Reaktorkatastrophe in Japan die Rolle rückwärts. Eon forderte wegen entgangener Gewinne 380 Millionen Euro Schadenersatz für das dreimonatige Atom-Moratorium nach dem Erdbeben und Tsunami, RWE 235 Millionen. Auch gegen die Steuer auf Kernbrennstoffe wehren sich die Unternehmen. Umstritten bleibt die Finanzierung des Rückbaus der Nuklearanlagen: Kritiker befürchten, dass die Rücklagen der Konzerne für die milliardenteuren Arbeiten nicht ausreichen könnten.

(lnw)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort