Berlin Jeder zweite junge Südeuropäer ohne Job

Berlin · Die Bosch-Stiftung warnt vor einer "verlorenen Generation". Während Griechenland und Frankreich nun auf staatlich geförderte Jobs setzen, versucht es Italien mit Anreizen für Unternehmen.

Die Euro-Krise ist noch nicht vorbei. In den südlichen Ländern Europas stecken die Volkswirtschaften in der Rezession, die Jugendarbeitslosigkeit ist dramatisch hoch. Nach einer Analyse des Instituts ZEW für die Robert-Bosch-Stiftung sind europaweit 7,5 Millionen junge Menschen ohne Ausbildung oder arbeitslos. "Produziert wird so etwas wie eine verlorene Generation", sagte Ingrid Hamm, Geschäftsführerin der Bosch-Stiftung. Mit sehr unterschiedlichen Strategien versuchen die Länder, gegenzusteuern.

Frankreich Die Perspektivlosigkeit junger Menschen gilt in Frankreich als eine der größten Gefahren für den sozialen Zusammenhalt. Die Arbeitslosenquote der unter 25-Jährigen lag zuletzt bei 22,4 Prozent. Die Regierung von Präsident François Hollande finanziert mit Milliardenbeträgen Eingliederungsprogramme sowie sogenannte "Zukunftsarbeitsplätze" für gering qualifizierte Jugendliche. Zudem wurden "Generationenverträge" geschaffen, die kleinen Unternehmen finanzielle Anreize bieten, wenn sie Nachwuchs oder ältere Arbeitnehmer einzusetzen.

Griechenland In Griechenland sind 53,1 Prozent der unter 25-Jährigen ohne Job. Im Vorjahr waren es 59,6 Prozent. Die leichte Verbesserung liegt nach Angaben der Gewerkschaften am boomenden Tourismus. In Griechenland sollen nach den Worten von Regierungschef Antonis Samaras in den nächsten Monaten 145 000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Sie sollen mit Hilfe von EU-Mitteln und dem für 2014 erwarteten zaghaften Wirtschaftswachstum entstehen. In den nächsten Monaten sollen 600 Millionen Euro EU-Subventionen für neue Jobs - vornehmlich Ausbildungsplätze - nach Griechenland fließen.

Italien 43,7 Prozent der jungen Italiener sind arbeitslos, Schüler und Studierende nicht eingerechnet. Das nationale Statistikamt Istat sieht die Jugendlichen als "am stärksten von der Krise betroffen". Der sozialdemokratische Regierungschef Matteo Renzi bemüht sich - bisher erfolglos - um eine Entspannung der Lage. Zeitarbeitsverträge sollen leichter verlängert, der Kündigungsschutz in den ersten drei Jahren ausgesetzt werden. So -und mit Steuererleichterungen - möchte er die Arbeitgeber entlasten. Durch EU-Gelder von 1,5 Milliarden in den kommenden zwei Jahren erhofft sich Renzi eine bessere Grundlage zur Bekämpfung von Jugendarbeitslosigkeit.

Spanien Die Arbeitslosenquote beträgt in Spanien bei den unter 25-Jährigen 53,5 Prozent. Schon seit Jahren bezeichnen spanische Politiker aller Parteien die hohe Jugendarbeitslosigkeit als eines der größten Probleme. Dennoch geschah relativ wenig, um das Problem zu lösen. Die Regierung beschloss im Juli Hilfen für Unternehmer, die junge Leute einstellen. Politiker aus Deutschland warben in Spanien für eine Übernahme des deutschen Systems der dualen Berufsausbildung. Die Traditionen des spanischen Bildungssystems verhinderten jedoch, dass die Idee sich in größerem Umfang durchsetzen konnte.

ZEW-Präsident Clemens Fuest warnte, staatliche Lehrstellen und Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen seien keine starke Brücke in den Arbeitsmarkt. "Der Ansatz der EU, jedem Jugendlichen binnen vier Monaten mit öffentlichen Mitteln irgendein Angebot zu machen, ist problematisch." Die Bundesregierung will bei der Verbesserung der Ausbildung helfen. "Die Probleme in Nachbarstaaten dürfen uns nicht kaltlassen", sagte Wirtschaftsstaatssekretär Rainer Sontowski.

(dpa)
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