Seattle Neustart von Office zum 25. Geburtstag

Seattle · Microsoft veröffentlichte vor genau einem Vierteljahrhundert sein Programm-Paket Office. Mehr als eine Milliarde Menschen nutzen heute Word, Excel und PowerPoint. Einst auf dem Heim-PC, nun auch in der Datenwolke.

Es gibt schlimmere Auszeichnungen als diese, die das "Time Magazine" im Mai 2010 der Büroklammer "Clippy" zuteil werden ließ. Der digitale Helfer aus der Programmfamilie Microsoft Office wurde als eine der 50 schlechtesten Erfindungen der Welt "geehrt", zusammen mit Errungenschaften wie Bezahltoiletten, Spam-Mails und CD-Kopierschutz. Immerhin ist alles in etwa gleich weit verbreitet. In diesen Tagen, wenn Microsoft den 25. Geburtstag seines Office-Programmpaketes feiert, veröffentlicht der Konzern diese Zahl: Etwa 1,1 Milliarden Menschen nutzen weltweit die Büroprogramme aus dem Hause Microsoft, womit das Unternehmen sicher auch Bezahltoiletten abhängen dürfte.

Der Software-Konzern macht mit der Programm-Familie immer noch hohe Umsätze, im jüngst abgelaufenen Quartal waren es rund 1,8 Milliarden US-Dollar (1,3 Milliarden Euro) - ein Zuwachs von 28 Prozent. Microsoft-Chef Satya Nadella schafft es offenbar, das Urgestein vom PC in die moderne Welt der Datenwolken zu heben - zum 25. Geburtstag ist praktisch ein Neustart von Office.

Am 1. August 1989 erschien das Paket zunächst nur für Apples Macintosh, für Windows-Rechner gab es das Bündel erst ab November 1990. Darin bündelte Microsoft seine noch ziemlich jungen Programme Word (Textverarbeitung), Excel (Tabellenkalkulation), PowerPoint (Präsentation) und Mail (Vorläufer des heutigen Outlook) erstmals. Die Anwendungen waren damals für 849 zu haben. Käufer bekamen einen stattlichen Stapel Disketten im Karton. Die erste Version auf CD-Rom, DVD oder gar als Download gab es erst Jahre später.

Die Produktfamilie von Microsoft machte sich schnell gerade auf Firmenrechnern unverzichtbar. In der zweiten Hälfte der 90er Jahre wurden Word, Excel und Co. auch auf immer mehr Privat-Computern installiert. Microsoft hatte seinen Programmen dazu nicht nur den penetranten Helfer "Clippy" (in der deutschen Version übrigens Karl Klammer) spendiert, sondern ab 1995 auch eine Autokorrektur und in den folgenden Jahren zahlreiche weitere Innovationen.

Abgesehen von offenen Office-Programmen wie OpenOffice war Microsoft in dem Segment über Jahre praktisch konkurrenzlos. Erst 2006 begann der Suchmaschinenkonzern Google, Microsoft herauszufordern. Google etablierte im Netz werbefinanzierte Büro-Anwendungen, auf die mehrere Nutzer gleichzeitig zugreifen können, während Microsoft seinen Schwerpunkt noch immer darauf legte, Software zu verkaufen. Steve Ballmer, Nadellas Vorgänger auf dem Chefposten des Windows-Konzerns, verweigerte sich dem Cloud-Trend weitgehend.

Nadella hingegen macht das Geschäfte in der Wolke zur obersten Unternehmens-Maxime: "Cloud first, mobile first", sagt er. Und das gilt auch für die Office-Produktfamilie. In ihrer neuesten, mittlerweile 15. Version, sind die Programme für Touchscreens konzeptioniert. Mit Office 365 hat Microsoft die Wende zum umfangreichen Cloud-Dienst vollends vollzogen. Im Abo verkauft der Konzern nun Lizenzen für seine Programme, die auf mehreren Geräten genutzt werden können. Daten werden im kollektiven Speicher abgelegt, auf die die Nutzer von überall zugreifen können.

Dieses Prinzip, so das Kalkül, wird künftig das Geschäft mit der IT in Unternehmen bestimmen. Apple versucht deshalb auch in Kooperation mit IBM, seine mobilen Geräte in Firmen unterzubringen. Und Microsoft tüftelt mit dem Fraunhofer-Institut am mobilen Arbeitsplatz der Zukunft. Etwas pathetisch heißt dies "Manifest für ein neues Arbeiten". "Clippy" hat ausgedient.

(RP)
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