Analyse Warum der Euro auf 1,20 Dollar fallen kann

Düsseldorf · Die mit Spannung erwartete Sitzung der US-Notenbank Fed hat die erwarteten Ergebnisse gebracht. Vermutlich werden die Zinsen in den USA 2015 steigen. Das hat Auswirkungen auch auf Europas Währung.

Eigentlich hat Janet Yellen genau das getan, was alle erwartet haben. Die Chefin der amerikanischen Notenbank Fed hat angekündigt, dass die Anleihenkauf-Politik der Währungshüter im Oktober enden wird, und gesagt, dass die Zinsen jenseits des Atlantiks für einen nicht näher benannten Zeitraum - der gleichzeitig beträchtlich sein soll - niedrig blieben. Yellens Devise und die ihrer Kollegen im Offenmarktausschuss der Fed heißt: Nur niemanden verschrecken mit einer Ankündigung, die den Schluss zulässt, die Geldpolitik könnte zu schnell gestrafft werden. Zu fragil erscheint Yellen und Co. offenbar der Aufschwung, zu unsicher die Entwicklung am Arbeitsmarkt, zu wenig nachhaltig noch die nachlassende Inflation.

Dennoch ist allen Beteiligten klar, dass die Zinsen im Sommer des kommenden Jahres steigen werden. "Die USA wachsen seit 2010 ununterbrochen, die Arbeitslosenquote könnte unter sechs Prozent fallen. Bei einer solchen Quote ist in Amerika in der Vergangenheit immer der Zinszyklus eingeläutet worden", sagt Holger Fahrinkrug, der Chefvolkswirt der Investmentgesellschaft Meriten.

Schon am Mittwochabend war absehbar, was ein solcher Kurswechsel für den Euro-Kurs bedeuten könnte. Gestern lag der Kurs der europäischen Gemeinschaftswährung nur noch knapp über 1,29 Dollar, und damit hat der Euro in den vergangenen sechs Monaten etwa zehn Cent an Wert eingebüßt. Höhere Zinsen in den USA würden weitere Investoren in die Vereinigten Staaten ziehen und dafür sorgen, dass Kapital aus Europa abfließt. "Der Euro könnte im ersten Quartal des nächsten Jahres auf 1,20 Euro sinken", sagt Volkswirt Fahrinkrug voraus.

Natürlich wäre das den Europäern gar nicht so unlieb. Denn eine schwächere Währung verbilligt die Ausfuhren der europäischen Exportunternehmen und hilft so deren Geschäft. Das wäre in Zeiten, in denen die Europäische Zentralbank ihr Pulver in Sachen Zinssenkungen so gut wie verschossen hat, ein positiver Effekt. Andererseits werden Ölimporte, deren Preis bekanntlich in Dollar gemessen wird, für die europäische Industrie teurer. In den Ländern, die ohnehin mit großen konjunkturellen Problemen zu kämpfen haben, könnte das für zusätzliche Schwierigkeiten sorgen.

An der Börse muss man sich dagegen wohl keine besonders großen Gedanken machen. "Wenn die Kommunikationspolitik funktioniert, dann wird eine Zinserhöhung in den USA keine großen Auswirkungen auf die europäischen Aktienmärkte haben", meint Fahrinkrug. Das heißt: Stimmen die Gewinnperspektiven der Unternehmen, sind weitere Kursgewinne durchaus in Sicht - und damit beim Dax auch wieder die Marke von 10 000 Punkten.

(RP)
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