Kolumne: Der Ökonom Trump hat nicht nur Unrecht

Düsseldorf · Der jüngste Angriff des US-Präsidenten auf Deutschland enthält einen wahren Kern. Der Wechselkurs des Euro zum Dollar ist unterbewertet.

 Unser Autor Martin Kessler.

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Foto: Kessler

Die aggressive Politik der europäischen Notenbank EZB, in großem Maße Staatsanleihen aufzukaufen, hat einen interessanten Nebeneffekt. Sie macht den Euro im Verhältnis zum Dollar deutlich billiger und das nützt den Exporten aus dem Euro-Raum. Tatsächlich ist der Kurs des Euro vom Höchststand Anfang Mai 2014 von 1,38 auf 1,05 Dollar Ende 2016 um fast ein Viertel gefallen. Das hat einen starken Effekt auf den Preis deutscher Autos, französischer Luxusartikel oder italienischer Mode in den USA. Ein Teil des deutschen Exportüberschusses kann auf diese künstliche Verbilligung des Euro zurückgeführt werden.

Das hat den neuen US-Präsidenten Donald Trump auf den Plan gerufen. In gewohnt aggressiver Form hält er Kanzlerin Angela Merkel vor, sie betreibe unfaire Handelspolitik. In dieser Zuspitzung ist der Angriff Unsinn. Und Merkel hat sofort darauf hingewiesen, dass die EZB unabhängig ist. Das ist aber nur die halbe Wahrheit. Sie profitiert von der ultraleichten Geldpolitik der Notenbank. Es erspart ihr den Weg in einen Bundestag, der nicht gewillt ist, südlichen Ländern Rettungsgelder für ihre maroden Haushalte zu gewähren.

So sehr also die kaltschnäuzige Art abstößt, mit der Trump seine "Freunde" unter Druck setzt, in diesem Fall enthält sein Angriff einen wahren Kern. Die Geldpolitik der EZB verzerrt den Wechselkurs, sie hilft den verschuldeten Staaten nur kurzfristig und ist durch das Mandat der Notenbank lediglich unzureichend gedeckt. Außerdem hilft sie vor allem der starken deutschen Industrie, weniger den krisengeschüttelten Ländern Frankreich, Italien oder gar Griechenland.

Es liegt im Interesse Deutschlands, alles zu vermeiden, was nach einem Handels- oder Währungskrieg aussieht. Deshalb sollte sich auch die EZB lieber um ihre wahre Aufgabe kümmern, den Euro stabil zu halten, und nicht deflationäre Gespenster bekämpfen. Das würde auch in der Auseinandersetzung mit Trump helfen.

Fragen? Schreiben Sie dem Autor unter kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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