Düsseldorf Yukos-Urteil könnte auch Gerhard Schröder treffen

Düsseldorf · Nach dem historischen Urteil des Ständigen Schiedsgerichtshofs in Den Haag gegen Russland müssen auch ausländische Firmen, an denen Russland beteiligt ist, um ihr Geld bangen. Am Montag hatte das Gericht entschieden, dass die russische Regierung umgerechnet 37 Milliarden Euro an die Ex-Aktionäre des zerschlagenen Ölkonzerns Yukos zahlen muss. Wahrscheinlich ist, dass die russische Regierung den Zahlungen nicht freiwillig nachkommen wird.

Sollte sich die Regierung weigern zu zahlen, könnten die Kläger versuchen, russischen Staatsbesitz zu pfänden. Experten halten jedoch die Durchsetzung des Schiedsspruches auf russischem Territorium für ausgeschlossen. Die früheren Anteilseigner von Yukos werden daher wohl versuchen, ihr Geld im Ausland einzutreiben - und zwar dort, wo sich russisches Kapital befindet.

Für die beiden größten Konzerne Russlands - Ölproduzent Rosneft und Erdgas-Exporteur Gazprom - könnten nun unangenehme Zeiten anbrechen. Da die beiden staatlich kontrollierten Unternehmen von der Yukos-Zerschlagung profitiert hätten, könnten ihre Vermögenswerte im Ausland nun ins Fadenkreuz geraten, sagt Yas Banifatemi, Anwalt der GML-Finanzholding, die die Ex-Yukos-Aktionäre vertritt.

Besonders brisant wäre eine solche Pfändung bei der Firma Nord Stream AG mit Sitz in der Schweiz. Gazprom hält mit 51 Prozent die Aktienmehrheit an dem Unternehmen, das eine Pipeline zum Transport von Erdgas von Russland durch die Ostsee betreibt. Käme es zu einer Beschlagnahmung der russischen Anteile bei Nord Stream könnte dies Auswirkungen auf Alt-Bundeskanzler Gerhard Schröder haben. Schröder, ein Vertrauter von Russlands Präsident Wladimir Putin, sitzt seit 2006 an der Spitze des Aktionärsausschusses von Nord Stream. Er erhält für diese Tätigkeit 250 000 Euro pro Jahr. Aber wenn die früher von Putin enteigneten Yukos-Aktionäre sich den Zugriff auf Nord Stream sicherten, würden sie sicher einen anderen Chefaufseher durchsetzen.

Grundlage für Pfändungen im Ausland ist das "New Yorker Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung internationaler Schiedssprüche". Die 150 Staaten verpflichten sich darin dazu, Schiedssprüche aus anderen Staaten anzuerkennen und zu vollstrecken. Russland hat das Abkommen 1960 unterzeichnet.

Dass es zu Pfändungen im Ausland kommen wird, hat Tim Osborne, Geschäftsführer der GML-Finanzholding, bereits angedeutet. Betroffen seien die Niederlande, die USA, Großbritannien, Deutschland und die Schweiz. Dass die Aktionäre jedoch bald ihr Geld bekommen, davon ist nicht auszugehen. Unproblematisch sind Pfändungen im Ausland nur bei Unternehmen, die zu 100 Prozent staatlich sind. Nur schwer können Beteiligungen an Privatunternehmen eingetrieben werden, da Firmen juristisch gesehen eine andere Person sind als der beklagte Staat. Botschaften sind gegenüber Pfändungen immun.

(RP)
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