Kolumne: Berliner Republik Das fatale Leben auf Pump

Genug ist genug: Die Europäische Union sollte Griechenland im Falle eines Wahlsieges des linkspopulistischen "Allesversprechers" Alexis Tsipras aus der Euro-Zone werfen.

Das klassische griechische Drama nach der Poetik des Aristoteles kennt vor der Katastrophe das sogenannte retardierende Moment. Es lässt beim Publikum nach der Peripetie (dem Höhepunkt der Handlung) und vor der Katastrophe kurz die Hoffnung keimen, das Unheil sei noch zu verhindern - und alles wendet sich zum Guten.

Die Amtszeit des griechischen Premiers Antonis Samaras ist (oder: war) so ein retardierendes Moment. Von Brüssel und Kerneuropa aus betrachtet sah es einige Zeit so aus, als könne der konservative Regierungschef nach einer steilen Lernkurve vom Populisten zum Pragmatiker das Land auf einen guten Kurs bringen. Ein Kurs freilich, der der griechischen Bevölkerung ein hohes Maß an Entbehrung abverlangt. Im Prinzip wird Griechenland seit einigen Jahren von der EU und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) zwangsverwaltet, und der jeweilige Regierungschef in Athen ist mehr oder minder der Statthalter der politischen Vormundschaft.

Nun hat es Samaras nicht geschafft, seinen Präsidentschaftskandidaten durch die Wahl im Parlament zu bringen. Die Folge sind Neuwahlen Ende Januar, die mutmaßlich der linkspopulistische Scharfmacher Alexis Tsipras des Parteienbündnisses Syriza für sich entscheiden wird. Seine Botschaft: die Kreditverträge mit der EU und dem IWF für nichtig erklären, den Beamtenapparat wieder aufblähen, ein fröhliches Leben auf Pump führen.

Bei allem Verständnis für das Leid der griechischen Bevölkerung: Die Opferhaltung, aus der Tsipras politischen Profit schlägt, verkennt Ursache und Wirkung. Es geht nicht darum, dass sadistische Regierungschefs anderer Euro-Länder, allen voran eine Art deutsche Lack-und-Leder-Lady aus einem Berliner SM-Studio namens Kanzleramt, ihre Quällust an Griechenland ausleben. Es geht darum, einem Land, dessen öffentliche Finanzen ruinös sind, in einem absehbaren Zeitraum wieder eine finanzielle Grundlage zu geben. Ein Land, das sich in den Euro geschummelt hat, wieder zu konsolidieren, bevor es die ganze Euro-Zone in den Abgrund reißt. Was gerade mit Griechenland passiert, ist kalter Entzug. Aber es geht nicht anders.

Deshalb gibt es nach der möglichen Wahl von Tsipras nur zwei Szenarien: Entweder begreift der Mann schnell, dass er sich in die Rolle des Statthalters europäischer Vorgaben fügen muss. Oder die Mitglieder der Euro-Zone befreien das Land von der ungeliebten Kuratel und sorgen dafür, dass der Euro nicht länger Zahlungsmittel in Griechenland ist. Wenn Tsipras sein Programm ernst meint, kann nur der "Grexit", Griechenlands Austritt aus dem Euro, die Antwort sein.

Christoph Schwennicke ist Chefredakteur des Magazins "Cicero" und schreibt regelmäßig an dieser Stelle im Rahmen einer Kooperation mit "Cicero". Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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