Die ersten Menschen auf der Welt

Nachdem die Inseln von "The World" aus dem Persischen Golf emporgestiegen sind, kehrt jetzt Leben auf die neue Welt fünf Kilometer vor Dubai ein: Ein erster Beach Club hat aufgemacht, bis Frühsommer sollen Hotelzimmer folgen. Der Premieren-Gast kam inkognito und in Badehose: Kronprinz Hamdan.

Am Horizont schält sich diese gewaltige Skyline aus dem Dunst, diese Kette aus Türmen, die Löcher in den Himmel stechen. Im Vordergrund ist nichts als goldgelber Sand, eine türkisblaue Lagune, dann wieder Sand. Über dem Kopf hängen in zweieinhalb Metern Höhe ein paar Palmwedel. Dem Stamm der Pflanze ist anzusehen, dass sie dort erst vor nicht allzu langer Zeit in den kargen Grund gepfropft wurde und die Wurzeln über ein paar versteckte Zuleitungen seitdem mit Süßwasser gepäppelt werden.

Am Steg in 150 Metern Entfernung ist eine Motoryacht vertäut und zu hören ist: rein gar nichts - abgesehen von den Momenten, wenn der Wind das Papierschirmchen im Fruchtsaftglas auf dem Beistelltisch kurz packt und knisternd an einer halbierten Ananasscheibe vorbei einmal um die eigene Achse rotieren lässt. Das da drüben ist die Skyline von Dubai mit dem höchsten Turm der Welt ganz in der Mitte. Sie ist nur fünf Kilometer Luftlinie entfernt. Arleng Ravi lacht. Sie kichert über die Verblüffung der Besucher, weil es diesen Blick, diese Perspektive irgendwie nicht geben kann. Und auch weil sie immer davon geträumt hat, mal eine eigene Insel zu besitzen: am liebsten zwar auf den Phlippinen, von wo sie vor einem halben Menschenleben in die Emirate ausgewandert ist.

Jetzt hat ihr Mann ihr diese gekauft. Vor Dubai und nicht für sie beide alleine, sondern um dort einen exklusiven Beachclub zu betreiben, den ersten auf der Landgewinnung "The World". Lange hat niemand mehr über diese Inseln gesprochen: eine sandgewordene Hybris aus der Zeit vor der Wirtschaftskrise, 320 Millionen Kubikmeter Kies vom Meeresgrund aufgetürmt zu fast 253 Inseln, die aus der Luft betrachtet die Weltkarte nachbilden - Amerika im Westen, Europa und Afrika ungefähr in der Mitte, rechts dann Asien und Australien, all das umgeben von einem 27 Kilometer langen künstlichen Riff aus 34 Millionen Tonnen Felsen zum Schutz vor Strömungen und Unwettern.

Raman Ravi hat einem der gescheiterten Insel-Investoren der ersten Stunde dessen Brach liegendes Eiland für einen Millionenbetrag abgekauft und etwas daraus gemacht. Vorerst kann nun jeder, der dort Events veranstalten will, seinen etwa zwei Fußballfelder großen "Royal Island Beach Club" mieten - das klimatisierte reetgedeckte Haupthaus mit Restaurant und Bar, die Cabañas jeweils mit Wohnraum, Bad und Terrasse entlang des Dubai zugewandten Strandes, all die Liegen und Sonnenschirme, den großen Pool. Das Komplettpaket. Sei es für Hochzeit oder Geburtstags-Party, für Firmenfeier oder Produktpräsentation. Und Tagestickets für jedermann gibt es für "Royal Island" inzwischen auch - einschließlicht Yacht-Transfer vom Festland. Die Boote fahren alle halbe Stunde, die Tickets kosten umgerechnet rund 50 Euro.

Der Club mit dem königlichen Namen liegt auf der The World-Insel Libanon an der Schnittstelle der Kontinente und in Sichtweite von Deutschland ebenso wie von Südafrika am Horizont. Ravi hatte nur noch auf zwei zusätzliche Motoryachten gewartet, die lange bestellt waren, um nun dichten Pendelverkehr in standesgemäßem Ambiente zwischen der Jumeirah-2-Marina auf dem Festland und dem Anleger seiner Insel durchführen zu können: "In wenigen Monaten wollen wir hier auch Stelzenhäuser im Wasser fertiggestellt haben und das erste Hotel auf The World eröffnen, alles auf Fünf-Sterne-Niveau."

Neulich erst hat plötzlich eine fremde Yacht am Ponton-Steg von Familie Ravis Insel festgemacht. Ein junger Mann kam mit ein paar Freunden, bestellte Cola und Fruchtsaft und Sandwiches und genoss den Nachmittag am Strand in Badehose und ohne von den Leuten auf den anderen Liegen erkannt zu werden. Er war hochwillkommen, ein Ehrengast, der jeder Zeit vorbeischauen darf: Dubais Kronprinz Hamdan.

Die Dame, die als erste auf The World einzog und doch meistens nur am Wochenende zuhause ist, wird bald also mehr Nachbarn bekommen: Hindbint Maktoum, erste Frau des Herrschers von Dubai. Ihr Haus war als erstes fertig - und ist vom neuen Beachclub abgesehen bislang das einzige geblieben. Eine weiße Villa ganz ohne Schnörkel, klar, modern, mit großer Glasfront, mit Infinity Pool (Unendlichkeits-Becken), mit privatem Kino-Saal, gut eingewachsen mitten in einem üppig bewässerten Garten. Ein kleines Paradies mit irgendwie maledivischem Antlitz. Irgendwie aus der Welt gefallen. Aber in Wirklichkeit mittendrin.

(RP)
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