Merkel-Manöver mit Folgen CDU diskutiert über Röttgens Wahlkampf

Berlin/Düsseldorf · Der Spitzenkandidat der CDU im NRW-Landtagswahlkampf, Norbert Röttgen, sieht wegen der Regierungswechsel in Frankreich und Griechenland die Europapolitik von Kanzlerin Angela Merkel in Gefahr.

NRW: Das ist Röttgens Schattenkabinett
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"Die Wahlergebnisse sind alarmierende Signale dafür, dass der erfolgreiche Kurs der Konsolidierung zunehmend in Frage gestellt wird", sagte Röttgen gestern bei der Vorstellung seines "Sofortprogramms" für die Wochen nach einem möglichen Wahlsieg. "Die Abstimmung in NRW ist deshalb auch eine Abstimmung über die Bundes- und Europapolitik von Frau Merkel", so Röttgen.

Bei der Präsidentschaftswahl in Frankreich war am vergangenen Sonntag der Sozialist François Hollande gewählt worden, ein Gegner des rigiden Sparkurses. In Athen erlitten die pro-europäischen Regierungsparteien bei den Parlamentswahlen eine Schlappe.

Die SPD sieht sich durch den Erfolg Hollandes gestärkt. "Wir dürfen das Wachstum nicht europaweit abwürgen. Deshalb muss der Fiskalpakt durch Wachstumselemente ergänzt werden", sagte SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier unserer Redaktion. Es gehe auch um "finanzielle Anreize". Die EU-Staatschefs wollen auf einem Gipfeltreffen am 21. Mai über wachstumsfördernde Maßnahmen für die südeuropäischen Krisenländer beraten.

Im NRW-Wahlkampf ist die Verschuldung des Landes ein zentrales Thema. Herausforderer Röttgen wirft Rot-Grün vor, NRW mit "immer neuen Schulden in die Handlungsunfähigkeit" zu treiben. Weil Kanzlerin Merkel in Europa Konsolidierung einfordere, brauche sie die Unterstützung aus NRW. Es gehe deshalb bei der Wahl auch um Angela Merkel.

Auf die Frage, ob er diese Position mit Merkel abgestimmt habe, sagte Röttgen: "Ja, das habe ich gestern mit der Kanzlerin bei einer Präsidiumssitzung abgesprochen."

Teilnehmer der Sitzung relativierten diese Aussage und erklärten, Merkel habe Röttgens Position nur zur Kenntnis genommen. CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe sieht keine direkte Verknüpfung: Es gehe in Düsseldorf und Europa zwar um das Thema "Stabilität oder ausufernde Verschuldung". Die Entscheidung in Düsseldorf sei aber eine Richtungswahl für NRW.

CDU-Insider kritisieren Röttgens Dramatisierung. Ein ranghoher Christdemokrat sagte: "Das würde bedeuten, dass Merkel im Falle einer Niederlage von Röttgen ihren Europakurs ändern muss." Die Kanzlerin will indes am Sparkurs festhalten. Unterstützt wird sie von der FDP. "Für einen Rückfall in die alte Schuldenpolitik steht die FDP nicht zur Verfügung", sagte Generalsekretär Patrick Döring.

Auch andere Medien berichteten am Mittwoch über atmosphärische Spannungen. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung schrieb in der Bundes-CDU sei Befremden und Enttäuschung über Röttgen zu registrieren. Die Süddeutsche Zeitung schreibt unter Berufung auf Kreise der Unionsfraktion von Verärgerung. "Uns sind alle Adern gefroren, als wir die Nachricht gehört haben", so ein Zitat aus den Kreisen.

Offenkundig will sich dereit niemand namentlich äußern, um Röttgens ohnehin überschaubaren Erfolgschancen nicht noch zu verschlechtern. Hinter vorgehaltener Hand sind jedoch andere Töne herauszuhören. Demnach werten manche in der Union Röttgens Manöver als Versuch, die sich abzeichnende Wahlniederlage auf andere abzuwälzen.

(RP/pst/rm)
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