Pempelfort "Mama Afrika" importiert kurioses Kunsthandwerk

Pempelfort · Martina Zenker unterstützt Frauen in Afrika. Ihre Produkte gibt es im Museum Kunstpalast.

Uta Bilfolci vom Museum Kunstpalast zeigt die bunten Papierhühner, die in den Slums von Südafrika aus Kunststoffabfall gefertigt werden.

Uta Bilfolci vom Museum Kunstpalast zeigt die bunten Papierhühner, die in den Slums von Südafrika aus Kunststoffabfall gefertigt werden.

Foto: Andreas Bretz

Ein Huhn kommt selten allein. Es liebt die Gesellschaft anderer Hühner und Küken. Diese Tierschar war früher mal Müll. Doch dann hatte jemand in den Slums von Südafrika eine Idee, schnitt ausrangierten Kunststoffabfall in Streifen und bastelte daraus: Hühner. Kuriosum oder Kunsthandwerk? Egal, auf jeden Fall wird bald so manches Kleinvieh, geschlüpft aus einer Plastiktüte, irgendwo in Düsseldorf eine kreative Ostertafel schmücken. Das ist eine Geschichte, wie sie von Martina Zenker, alias "Mama Afrika" produziert wird - eine Geschichte zum Weltfrauentag.

Sie ist gerade mal wieder unterwegs in Südafrika, genauer in der Region KwaZulu Natal, dort besucht Martina Zenker Geschäftspartnerinnen wie Nokuthula. Die Afrikanerin fertigt seit neun Jahren Ketten aus winzigen Perlen. Ihre Augen machen nicht mehr so richtig mit, das Einfädeln fällt ihr schwer, aber Nokuthula ist stolz darauf, was sie mit ihrer Arbeit erreicht hat: ein eigenes Steinhaus mit Strom. "Sie verdient den Lebensunterhalt und das Schulgeld für ihre Kinder", berichtet Martina Zenker, "und jetzt weiht sie junge Frauen in ihre Kunstfertigkeit ein." Unzählige solcher Geschichten könnte die Gründerin von "Mama Afrika" erzählen. Die alle davon handeln, dass Frauen einen Weg aus der Misere gefunden haben und die alle das Wort "Hoffnung" heute neu buchstabieren.

Ihre eigene Geschichte führte die Düsseldorferin vor über 20 Jahren nach Afrika. Damals packten sie und ihr Mann einen Kleinbus mit dem Ziel Kapstadt. Ihr Motor: eine Menge Fernweh. Zwei Jahre dauerte die Reise, "wir haben viele talentierte Menschen getroffen und häufig Entwicklungshilfe erlebt, die für uns einen fragwürdigen Ansatz hatte." Das sei ein Geben und Nehmen gewesen, habe aber wenig Würde und Selbstbewusstsein geschaffen. 1996 war das Paar zurück in Düsseldorf, "aber Afrika ließ mich nicht mehr los" - so gründete Martina Zenker "Mama Afrika Spiritwork", ein Projekt, das "Hilfe, um sich selbst zu helfen" leisten will.

Seitdem reiste Martina Zenker jedes Jahr wieder nach Südafrika, aber auch nach Simbabwe, Swaziland und Madagaskar, und knüpfte ein starkes Netzwerk mit Handwerkerinnen. Sie berät, entwickelt gemeinsam mit den Frauen neue Produkte, sorgt dafür, dass manches Traditionelle "ganz behutsam" an den westlichen Geschmack angepasst wird und importiert die Produkte der Frauen, die dann über ihren Online-Shop und in einigen Geschäften und Museums-Shops verkauft werden - fair gehandelt, wie sie betont.

Und so gackern die Hühner, die Jessica und Christopher in einem Township in Kapstadt aus Plastikmüll geschaffen haben, nun auch im Museum Kunstpalast - und "sind ein Renner im Sortiment", wie Museumsmitarbeiterin Ute Bifolchi berichtet. Daneben wird der Schmuck von "Mama Afrika" angeboten und man muss schon ganz genau hinschauen, um zu sehen, dass die Einzelglieder der Armbänder aus Sicherheitsnadeln bestehen. Oder dass die Giraffen, Wasserbüffel und Elefanten aus Blech gebastelt wurden - Recyclingkunst aus alten Marmeladendosen.

Heute können, so Martina Zenker, 600 Frauen ihren Lebensunterhalt durch ihre Kreativität finanzieren. Dazu zählt auch Francisca Mabe (73), die wie viele andere Frauen eine alte Zulu-Tradition wieder belebt und deren Spezialität die "Kleinen Freunde" sind - winzige Püppchen aus Stoffresten, Glasperlen und Sicherheitsnadeln. So ein Glücksbringer, der sich auch als Brosche tragen lässt, kostet 9,50 Euro - knapp ein Drittel davon bekommt die Schöpferin des Püppchens. Martina Zenker: "Damit kommt sie auf ein Einkommen, das deutlich über dem Durchschnitt liegt."

Die Frage, warum sie ausschließlich mit Frauen zusammenarbeitet (von wenigen männlichen Ausnahmen einmal abgesehen), beantwortet sie mit einem afrikanischen Sprichwort: "Gib nur einer Frau Arbeit, und das ganze Dorf hat zu essen."

(RP)
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