Goch/Weeze Die Priester-WG auf Schloss Wissen

Goch/Weeze · Das Anwesen ist für acht Geistliche aus dem Bistum Münster der ideale Rückzugsort. Die Idee eines gemeinsamen "Urlaubsdomizils" hat Pfarrer Benedikt Elshoff aus den USA mitgebracht. Ein Blick in den Alltag.

 Schloss Wissen ist Feriendomizil und Rückzugsort zugleich für Pastor Peter van Briel, Pfarrer Jochen Kosmann und Pfarrer Benedikt Elshoff.

Schloss Wissen ist Feriendomizil und Rückzugsort zugleich für Pastor Peter van Briel, Pfarrer Jochen Kosmann und Pfarrer Benedikt Elshoff.

Foto: seyb

Auf dem Tisch stehen Kaffeetassen mit Blumenmuster bereit. Die Sitzbank, Holzdielen und der Wald drumherum strahlen Gemütlichkeit und Ferienhausatmosphäre aus. Neben der Tür ist ein Weihwasserbecken angebracht, am Treppenaufgang hängt ein Bild von Maria mit Kind und hinter einer künstlichen Blume winkt Papst Franziskus vom Foto aus dem Betrachter zu.

Die Einrichtung dieser besonderen Ferienwohnung wundert nicht. Denn Gäste sind acht Priester aus verschiedenen Orten des gesamten Bistums Münster. Einige kennen sich bereits aus der gemeinsamen Arbeit der Karl-Leisner-Jugend. Die wurde vor einigen Jahren gegründet, um sich überregional über die Jugendarbeit auszutauschen. Karl Leisner wurde Namenspatron dieser Arbeit.

Rückzugsort, Ferienhaus, man könnte es verschieden benennen, sagt Benedikt Elshoff über Schloss Wissen. Er kam mit der Idee zu einer festen Stätte, an der man sich mit Kollegen trifft, aus den USA zurück. 2007 nahm er an dem Projekt "Crossing Over" teil.

Initiiert wurde es von der Katholisch-Theologischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum gemeinsam mit dem Bistum Münster, Aachen und Bochum. Finanziell unterstützt wurde das Projekt von einem der Aldi-Brüder, Karl Albrecht. Sommer und Herbst 2007 verbrachte Elshoff in Chicago, in der Gemeinde Sacred Heart. Eines donnerstags fuhr sein Gastpfarrer mit ihm 100 Kilometer zu einem Ort, an dem er sich mit Kollegen traf, wenn er nicht in der Gemeinde war. Die hatten dafür ein Häuschen angemietet.

Mittlerweile haben Elshoffs Kollegen Peter van Briel und Jochen Kosmann am gedeckten Kaffeetisch Platz genommen. "Eigentlich ist der kollegiale Austausch das Normalste auf der Welt", sagt Kosmann. "Aber bei Priestern ist das schwieriger, auch was den Terminkalender angeht", ergänzt sein Priesterkollege van Briel. Wenn andere frei haben, müssen sie arbeiten. Hauptarbeitstag ist der Sonntag, die Ostertage stecken ihnen noch in den Knochen.Acht Priester gehören zum Kreis derjenigen, die sich in dem "Ferienhaus" auf Schloss Wissen treffen. Die Suche nach einem geeigneten Ort erwies sich als gar nicht so einfach. "Wir wollten irgendwo zu Gast sein. Wenn wir was gemietet hätten, hätte das Verpflichtung bedeutet", erklärt Elshoff.

Außerdem legt er Wert auf eine Win-win-Situation. Angefragt hatte er zum Beispiel bei Klöstern. Ein zunächst unverbindliches Gespräch mit Freiherr Raphael von Loë erwies sich als Volltreffer. Der Trakt, der nun als Rückzugsort für die Priester dient, stand leer. "Hier sind wir willkommen, hier gibt es eine Kapelle und wir als Priester können der Familie helfen, Gottesdienste zu feiern", fasst Elshoff alle positiven Aspekte zusammen.

Vier Mal im Jahr finden so genannte "inhaltliche Treffen" statt. Zum Beispiel laden sich die Priester einen Chefarzt ein - zum Thema Hirntoddebatte. Der soll ihnen etwas zu der Frage sagen, wann ein Mensch tot ist.

"Dafür brauchen wir nicht einen Philosophen, sondern einen Facharzt", sagt van Briel. Ansonsten ist da ein munteres Kommen und Gehen. Wer ein, zwei freie Tage braucht, der kommt hierher. Elshoff nennt es: "Ich fahr' ins Schloss." Der räumliche Abstand sei wichtig. Zu Hause gehe man doch ans Telefon, schaut in die E-Mails oder geht an die Tür, wenn es klingel. Freier Tag hin oder her.

"Als Pfarrer ist man in der Rolle des Pfarrers, was auch gut ist. Aber hier auf dem Schloss ist man einfach unter Mitbrüdern", beschreibt es van Briel. Neben dem Austausch über theologische Themen spielt auch das Miteinander eine große Rolle.

"In der Familie gibt es ein Korrektiv", sagt Elshoff. Da fallen solche Sätze wie: "Mach' nicht solche Geräusche beim Essen." "Wir sind in der Position, dass uns das oft keiner sagt, weil wir allein leben oder sich keiner traut, uns so etwas zu sagen", erzählt Elshoff vom Pfarreralltag. "Wir erziehen uns gegenseitig in einer nicht für möglich gehaltenen Offenheit", sagt van Briel über das Miteinander in der Ferien-Priester-WG.

Er sagt das mit einem Lächeln. Humor spielt keine unwesentliche Rolle im Umgang. Außerdem bringe jeder seine Talente ein. Der eine könne gut Witze erzählen, der andere gut kochen. Das passt.

"Ich bezeichne das als Glücksfall", sagt Elshoff über den priesterlichen Rückzugsort auf dem Schloss. Dafür nimmt Kollege Kosmann, Pfarrer in Herzfeld und Lippborg, gerne 170 Kilometer Wegstrecke auf sich.

Vor einigen Jahren ist Elshoff von Kalkar zu seiner jetzigen Pfarrstelle in Lüdinghausen geschickt worden. Dann kam die Erkenntnis. "Guck' mal, das bleibt dir. Du kannst immer hierhin kommen", sagt er über das "Feriendomizil". Es ist ein wichtiges Stück Heimat geworden.

(RP)
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