Kleve Haftstrafe für Todesfahrt

Kleve · Ein 29-Jähriger wurde gestern wegen fahrlässiger Tötung und Gefährdung des Straßenverkehrs verurteilt. Er war betrunken und unter Einfluss von Drogen gegen einen Baum gerast. Seine 19-jährige Beifahrerin starb noch vor Ort.

Eine Haftstrafe von drei Jahren und drei Monaten verhängte Richter Bernhard Reekers gestern am Amtsgericht Kleve gegen einen 29-Jährigen. Drei Jahre und drei Monate - für ein Menschenleben. Der Angeklagte war im Mai 2017 bei Bimmen mit einem BMW, betrunken und unter Drogen stehend, gegen einen Baum gefahren (wir berichteten: "Gute Nacht, Kim"). Seine 19-jährige Freundin aus Kranenburg wurde als Beifahrerin im Wagen eingeklemmt und starb am Unfallort. Der Richter sprach von einem "herausragenden Fall unter vielen fahrlässigen Tötungen", die er in seinem Berufsleben verhandelt habe. Der Angeklagte habe sich völlig rücksichtslos verhalten und danach kaum Reue gezeigt, so Reekers in seiner Urteilsbegründung.

Eine Zeugin hatte ausgesagt, dass der damals 28-Jährige seiner Freundin mit Schlägen gedroht habe, bevor das Paar ins Auto stieg. So haben sich die folgenden Minuten nach Überzeugung der Kammer abgespielt: Das Paar fuhr zum Rheinufer bei Bimmen. Dort konsumierte der Angeklagte Alkohol und Drogen. Blutproben, die direkt nach dem Unfall entnommen wurden, ergaben einen Alkoholwert von 0,42 Promille, außerdem wurden Rückstände von Cannabis und Amphetaminen festgestellt. "Sie haben an dem Tag noch gekifft", sagte Richter Reekers zum Angeklagten. Nach dem Ausflug an den Rhein setzte das Paar seine Fahrt auf der Klever Straße in Richtung Kleve fort. In einer Rechtskurve verlor der Angeklagte die Kontrolle über den BMW. Das Fahrzeug schleuderte gegen einen Baum am Straßenrand. Die junge Frau erlag noch vor Ort ihren Verletzungen.

Ein Sachverständiger sagte aus, dass der Fahrer den BMW kurz vor der Kurve auf mehr als 130 Stundenkilometer beschleunigte - erlaubt waren 80 km/h. "Niki Lauda hätte das mit einem neuen Porsche gekonnt", wandte sich der Richter an den Angeklagten. Der damals 28-Jährige hatte aber, so ergab es das Gutachten des Sachverständigen, keinen neuwertigen Sportwagen, sondern ein schrottreifes Auto mit einem Kilometerstand von 270.000. "In dieses Auto hätte sich kein vernünftig denkender Mensch mehr reingesetzt", sagte Reekers. Die 16 Jahre alten Räder waren nahezu profillos, die Bremsbeläge völlig aufgebraucht. Ein Reifen war fast ohne Luft, zusammengehalten nur von einem Reifenpannen-Set. Der Gurt der Beifahrerseite funktionierte nicht, die 19-jährige konnte sich nicht anschnallen. "Ihr Auto war eine Zeitbombe", betonte der Vorsitzende.

Direkt nach dem schrecklichen Unfall wurde der Angeklagte vernommen und machte falsche Angaben. "Sie fingen sofort an zu lügen, und zwar keine 30 Minuten, nachdem ihre Freundin neben Ihnen gestorben war", sagte der Richter zum Angeklagten. Während der Verhandlung gab der Angeklagte an, sich an Vieles nicht mehr erinnern zu können. In seinen letzten Worten bat er die Familie der Getöteten um Entschuldigung. "Ich wollte dem Kind nichts zu Schaden kommen lassen", sagte der Angeklagte.

Der 29-Jährige ist erheblich vorbestraft. Er hatte bereits einen Unfall unter ähnlichen Bedingungen verursacht. Außerdem ist er gegenüber früheren Freundinnen gewalttätig geworden. Dafür saß er im Gefängnis. Mit dem gestrigen Urteil kommt noch die Haftstrafe wegen fahrlässiger Tötung und Gefährdung des Straßenverkehrs hinzu. Ein Auto wird der 29-Jährige so schnell nicht mehr führen. Die Kammer ordnete eine Sperre von fünf Jahren für die Erlangung eines Führerscheins an. "Glauben Sie nicht, dass sie die Fahrerlaubnis so schnell wiederbekommen. Sie müssen sich danach erstmal psychologisch beraten lassen, was bei Ihnen nicht richtig tickt", sagte Reekers.

(RP)
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