Leverkusen Steinbrücks Parforceritt durchs Krisenlatein

Leverkusen · Der SPD-Bundespolitiker war einer der Teilnehmer beim Capital(k) der Sparkasse Leverkusen. Die hatte zum Jahresauftakt das Thema "Europa in der Krise, Deutschland vor schweren Zeiten?" gesetzt. Schwerer Stoff. Als Gegenspieler agierte Michael Hüther vom Institut der deutschen Wirtschaft.

 Aufmerksam, reaktionsschnell, um keine Antwort verlegen: Ex-Finanzminister Peer Steinbrück gerierte sich als Podiumsgast der klaren Sprache.

Aufmerksam, reaktionsschnell, um keine Antwort verlegen: Ex-Finanzminister Peer Steinbrück gerierte sich als Podiumsgast der klaren Sprache.

Foto: Uwe Miserius

Günther Jauch muss sich nicht sorgen: Für den Fall, dass seine Polittalkshow wegen Moderatorenheiserkeit auszufallen droht — Peer Steinbrück kann einspringen. Als Moderator und Gast zugleich. Der Mann kann Fragen stellen und auch solche beantworten, die gar nicht gestellt wurden. Der Ex-Bundesfinanzminister mit SPD-Parteibuch bewies das am Montagabend bei der Podiumsdiskussion auf dem Neujahrsempfang der Sparkasse Leverkusen.

Steinbrück ist ein beruflicher Dampfplauderer: "Entschuldigung, da muss man reingrätschen. Es soll ja auch ein bisschen interessant hier oben sein", "Als ich Finanzminister war, sollte ich am Wochenende das Steuerrecht in Deutschland entschlacken, von montags bis freitags sollte ich es aber weiter verkomplizieren", "Dürfen wir hier ein bisschen streiten?", "Was haben Banken denn für einen Beitrag geleistet, damit wir aus der Krise herauskommen? Sollen wir die schon wieder pampern, ihnen Steuerzahlerknete überreichen"

Da musste sich ARD-Finanzjournalist Stefan Wolff als Moderator nicht anstrengen, um das Gespräch in Gang zu halten. Denn ab und an grätschte auch Professor Michael Hüther vom Institut der deutschen Wirtschaft in Köln munter rein. Wenn auch mehr thematisch orientiert als publikumswirksam inszeniert.

Herpolsheimers Krisenszenario

Die Sparkasse hatte Gästen aus Politik, Sport, Geschäftswelt und Gesellschaft zum "Capital(k)" als Jahresauftakt eingeladen. Thema: "Europa in der Krise, Deutschland vor schweren Zeiten?"

Sparkassenchef Manfred Herpolsheimer hatte in der Einführung betont, dass trotz Krisenablenkungen durch Schweinegrippe, Guttenberg, schwächelnde FDP und Wulff, seit vier Jahren ein Krisenszenario da sei. "In diesen Tagen wird der Euro zehn Jahre alt, aber keiner feiert. Und was passiert, wenn Griechenland aus dem Euroraum austritt?", formulierte er.

Darauf sprangen die beiden Finanzexperten an und lieferten einen spannenden Parforceritt durchs Krisenlatein: Die Macht der Rating-Agenturen diskutierten sie ebenso wie die Frage, warum die Europäische Zentralbank eine Umwegfinanzierung von Staaten über die Banken antritt. Der Sinn oder Unsinn von Eurobonds, die monetäre Renationalisierung, Deutschland als Profiteur der derzeitigen Situation, die Binnenkonjunktur, das schwierige Steuerrecht hierzulande, das sanierungsbedürftige deutsche Bildungssystem und die Inflation (Steinbrück: "Wir haben in Deutschland kurz- und mittelfristig kein Inflationsproblem") — die eineinhalb Stunden waren fast zu knapp bemessen, um jedem Thema gerecht zu werden.

Der Ausblick der beiden für 2012 dann eher kurz. Hüther sieht ein Prozent Wachstum beim Bruttoinlandsprodukt, Steinbrück hofft, "dass wir im EU-Krisenmanagement besser werden." Ein jauchshowreifes Schlusswort.

(RP/rl)
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