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Katholische Kirche Franziskus - der Mann des neuen Jahres

Rom/Düsseldorf · Das Oberhaupt der Katholischen Kirche mischt sich in die Weltpolitik ein. Er setzt sich für Flüchtlinge ein, vermittelt zwischen den USA und Kuba, fordert eine engagierte Jugend und sagt verkrusteten Strukturen der Kurie den Kampf an.

 Papst Franziskus während der Christmesse im Petersdom.

Papst Franziskus während der Christmesse im Petersdom.

Foto: dpa, cs

Männer machen mitunter Geschichte - nicht immer zum Wohle aller Menschen. Millionen andere wurden durch die Macht einiger Mächtiger gebrochen und zu Tode geschunden. Das tägliche Nachrichtengeschäft legt davon erschütternde Zeugnisse ab: Kriege und Krisen, Vertreibung und Verelendung, Gier und Gewalt haben die Menschheit längst reif für die globale Psychiatrie gemacht.

An sich können Menschen so verantwortungslos nicht miteinander umgehen, wie sie es tun, und sie tun noch mehr: Sie gehen mit der Schöpfung um, als ob es beim Discounter um die Ecke einen neuen Blauen Planeten billig zu kaufen gäbe, wenn der alte verschlissen und ausgesaugt ist. Welch ein entgleistes Verantwortungsbewusstsein zulasten der künftigen Generationen.

Ein Mann der Kirche hat sich nun aufgemacht, mitzuhelfen, die Erde zu retten, die Menschen zu wecken und ihnen den Glauben an das Gute zurückzugeben. Papst Franziskus (78) sorgt weltweit für positive Schlagzeilen. Er hat die Türen im Vatikan zur gründlichen Durchlüftung geöffnet. Er hat aber auch jenseits von Kirche und Kurie Denkanstöße und Handlungsanweisungen formuliert, die ihn zum Mann des Jahres 2015 werden lassen können. Der Rückblick auf päpstliche Aktivitäten im verflossenen Jahr lassen diese Einschätzung durchaus zu.

Papst Franziskus ist ein starker politischer Papst. Der argentinische Jesuit ist der erste Papst aus einem Schwellenland. Er denkt und handelt aus der vor allem sozialen Missständen verpflichteten Sichtweise seiner Heimat. Er versteht sein Amt durchaus als Einmischungsplattform. Seine Worte haben Gewicht, sie sind glaubwürdig auch für die Jugend. Sie rief er auf, sich einzumischen und eine gerechte und solidarische Welt zu bauen und dazu notfalls auch in ihren Diözesen für Unruhe zu sorgen. Der Papst predigt nicht nur ein einfaches Leben - er lebt es vor. Er stellt sich in die Schlange in der Kantine, er entsagt dem Pomp und übertriebener Repräsentation mit einer einfachen Wohnung. Folgerichtig übt er Kritik an der Wegwerfmentalität und fordert ein grundlegendes Umdenken. Der Mensch müsse regieren, nicht das Geld.

In seiner Weihnachtsansprache vor wenigen Tagen hatte das Oberhaupt von mehr als 1,2 Milliarden Katholiken der gebeutelten Welt Gefühle verordnet. "Wie sehr braucht doch die Welt von heute Zärtlichkeit", sagte er im Petersdom. "Haben wir den Mut, mit Zärtlichkeit die schwierigen Situationen und die Probleme des Menschen neben uns mitzutragen, oder ziehen wir es vor, sachliche Lösungen zu suchen, die vielleicht effizient sind, aber der Glut des Evangeliums entbehren?"

Kurz nach seinem Amtsantritt Mitte März 2013 war der Pontifex nach Lampedusa in Süditalien gereist, um den Blick der Öffentlichkeit auf das Leid der übers Mittelmeer geflohenen Afrikaner zu lenken, das eine "menschliche und brüderliche Welt" so nicht länger hinnehmen dürfe. Das Mittelmeer dürfe "nicht zum Massenfriedhof" werden. Er nahm in einer Rede vor dem Europaparlament in Straßburg die EU in die Pflicht. Er verlangte von ihr viel mehr Engagement für die Flüchtlinge und die arbeitslosen Jugendlichen. Die Kirche wolle weiterhin eine prägende Rolle bei der sozialen und kulturellen Entwicklung Europas leisten, sagte er.

Papst Franziskus macht Politik - ohne Zweifel. Nur er tut dies nicht marktschreierisch. Er war in Nahost, hat mit den Entscheidern gesprochen, Israels Peres hatte er inzwischen dreimal getroffen. In den Vatikanischen Gärten in Rom waren der Israeli und der Palästinenserpräsident Mahmud Abbas später zu gemeinsamen Gebeten zusammengekommen. Sie hatten die Papst-Einladung hoffnungsvoll angenommen.

Der Papst sprach mit Barack Obama. Am jüngsten Annäherungsversuch zwischen den USA und Kuba hat er entscheidenden Einfluss. Mitte Dezember hatte Amerikas Außenminister John Kerry den Papst gebeten, bei der Suche nach passenden humanitären Lösungen für die verbliebenen Häftlinge im Straflager Guantanamo zu helfen. Der Vatikan verweigert sich nicht.

Franziskus geht mit deutlichen Worten gegen die Bluttaten des Islamischen Staates (IS) vor. Er fordert die geistliche und weltliche Führung der islamischen Welt auf, gemeinsam dem Terror ein Ende zubereiten. Er telefonierte mit Flüchtlingen im Nordirak, die dort vor dem IS-Terror Zuflucht gesucht hatten.

Ist das alles nur eine rasch versickernde Symbolpolitik? Nein. Er weiß, Weltprobleme lassen sich nicht über Nacht lösen. Der Papst hat sich mit der jede Gesellschaft zersetzenden Krake Mafia angelegt und deren Mitglieder in Süditalien exkommuniziert.

Er kehrt auch im eigenen Laden kräftig aus: "15 Krankheiten" hat er seiner Kurie und den dort handelnden Höflingen zugeordnet. Er sprach von mentaler Erstarrung, von spirituellem Alzheimer und dem Terrorismus des Geschwätzes. Wer genauer hinschaut, erkennt deren Verbreitung auch außerhalb der Kurie.

(RP)
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