"Welt"-Korrespondent Solidaritäts-Kampagne für inhaftierten Deniz Yücel

Der "Welt"-Korrespondent Deniz Yücel sitzt seit zwei Wochen in der Türkei im Gefängnis. Journalisten, Künstler und Schriftsteller setzen sich mit einer Anzeigenkampagne für seine Freilassung ein.

Ein Autokorso-Teilnehmer in Flörsheim (Hessen) hat ein Plakat "#FreeDeniz" auf der Seitenscheibe und macht dabei das Victory-Zeichen.

Ein Autokorso-Teilnehmer in Flörsheim (Hessen) hat ein Plakat "#FreeDeniz" auf der Seitenscheibe und macht dabei das Victory-Zeichen.

Foto: dpa, arn gfh

Seit Montag ist klar, dass die Türkei den Korrespondenten der Tageszeitung "Welt" vorerst nicht freilassen wird. Ein Haftrichter hat für den deutsch-türkischen Journalisten Untersuchungshaft angeordnet. Diese kann in der Türkei bis zu fünf Jahre dauern. Yücel werde "Propaganda für eine terroristische Vereinigung und Aufwiegelung der Bevölkerung" vorgeworfen, teilte die "Welt" mit.

Konkret geht es wohl um die Unterstüzung der Gruppe "Red-Hack". Diese hatte E-Mails veröffentlicht, die vom E-Mailkonto von Energieminister Berat Albayrak stammen sollen — dem Schwiegersohn von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan. Yücel hatte über diese E-Mails zwei Artikel verfasst. "Red-Hack" gilt in der Türkei als Terrororganisation.

Die Initiative "Free Deniz" demonstriert seit Tagen für die sofortige Freilassung Yücels und der anderen in der Türkei inhaftierten Journalisten. Seit dem Putschversuch im Sommer und dem verhängten Ausnahmezustand sind in der Türkei Hunderte Journalisten in Haft — zumeist wegen Terrorverdachts. Bereits am vergangenen Samstag hatte die Initiative einen Autokorso durch Yücels Heimatstadt Flörsheim in Hessen organisiert. Die Autos waren mit Zetteln und Plakaten mit der Aufschrift "Free Deniz" und einem Bild, das den Journalisten zeigt, beklebt.

Schon seit Yücels Festnahme erinnern Kollegen und Freunde unter dem Hashtag #freedeniz an die Meinungsfreiheit und mahnen die Zustände in der Türkei an. Sie fordern von der Bundesregierung, sich für die Einhaltung der Pressefreiheit in der Türkei einzusetzen. Die Regierung dürfe nichts unversucht lassen, um Yücel freizubekommen, sagte Christian Mihr, Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen am Dienstag dem Radiosender SWR Aktuell. Im Internet kann man die Petition "Freiheit für Deniz" unterzeichnen. Die Liste der Unterstützer wird auf der Seite freedeniz.de immer wieder ergänzt.

Bundeskanzlerin Angela Merkel kritisierte die Entscheidung des Haftrichters: "Diese Maßnahme ist unverhältnismäßig hart, zumal Deniz Yücel sich der türkischen Justiz freiwillig gestellt und für die Ermittlungen zur Verfügung gestellt hat." Die Bundesregierung erwarte, "dass die türkische Justiz in ihrer Behandlung des Falles Yücel den hohen Wert der Pressefreiheit für jede demokratische Gesellschaft berücksichtigt", sagte Merkel weiter.

Das Recht auf Meinungs- und Pressefreiheit halten auch Journalisten, Schriftsteller, Kunst- und Medienschaffende mit ihrer Kampagne hoch. In vielen Zeitungen erschien am Dienstag eine auf deutsch und türkisch verfasste Anzeige mit dem Titel "Freiheit für Deniz". Verantwortlich im Sinne des Presserechts zeichnen dafür Margarete Stokowski (Autorin bei "Spiegel-Online"), Schriftstellerin Sibylle Berg und Komiker Jan Böhmermann. Unterzeichnet wurde die Anzeige unter anderem von Journalisten wie Tina Hassel (Leiterin des ARD Hauptstadtstudios), Dunja Hayali (ZDF) oder Giovanni di Lorenzo (Chefredakteur "Die Zeit"). Aber auch Schauspieler, Musiker und Künstler gehören zu den Unterstützern Yücels.

Sie alle fordern, dass er und alle anderen inhaftierten Journalisten in der Türkei freikommen. Auf der Anzeige, die zahlreich in den sozialen Medien geteilt wurde, ist ein leeres Blatt Papier vor einer Mauer zusehen. Das Papier verschmilzt dann mit den Ziegelsteinen und zeigt in einem dritten Bild ein Loch in der Mauer. Die Anzeige zitiert zudem Artikel 19 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen. Der sichert das Recht auf Meinungsfreiheit und darauf, die Meinung über Medien zu verbreiten.

Am Dienstag wollen Journalisten und Politiker um 17 Uhr in Berlin für die Freilassung der Journalisten demonstrieren. Die Initiative "Free Deniz" ruft zudem erneut zu Autokorsos auf. Diese sollen gegen 16.30 Uhr unter anderem in Köln, Frankfurt am Main, Leipzig, Berlin und Wien stattfinden.

(rent)
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