Kleve Rhein-Waal macht Chinesen fit für Studium

Kleve · Junge Schulabsolventen vornehmlich aus China werden als "Freshmen" aufs Studium in Deutschland vorbereitet. Die Fachhochschule Aachen und die Hochschule Rhein-Waal arbeiten bei der Auswahl zusammen.

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Karl May hätte sie als "Greenhorn" bezeichnet, die jungen Schulabsolventen vornehmlich aus China, die für ein Studium an der Hochschule Rhein-Waal fit für den deutschen Uni-Alltag gemacht werden: Hier heißen sie "Freshmen". Ein Jahr lang werden sie von zwei Professoren und deren Team "all inclusive" betreut, dann folgt eine abiturähnliche Prüfung. Danach können sie direkt an verschiedenen nordrhein-westfälischen Hochschulen mit dem Studium beginnen. Die "Scientific Freshers" sind ein An-Institut der Hochschule Rhein-Waal, das von zwei Professoren der Hochschule geleitet wird.

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"Das Ministerium für Innovation, Wissenschaft und Forschung hat Internationalisierung als ein wesentliches Entwicklungsziel nordrhein-westfälischer Hochschulen festgelegt. Auch an der Hochschule Rhein-Waal gilt erfolgreiche Internationalisierung als Qualitätsmerkmal", sagt Professor Thorsten Brandt, Dekan der Fakultät Technologie und Bionik der Hochschule. Deshalb möchte man Studenten aus Ländern außerhalb der EU so einen schnelleren Einstieg in ein Studium an einer deutschen Hochschule ermöglichen. Sie "sparen" damit bis zu vier Semester im Heimatland, erläutert Brandt.

Xianan Zhang war ein "Freshman". Jetzt studiert der 20-Jährige "Biomaterials Science" an der Hochschule Rhein-Waal. Er stammt aus Zhengzhou in der Provinz Henan mitten in China und war 19, als er nach Deutschland kam und aufs Studium vorbereitet wurde. "Die Vorbereitung war sehr gut, ich konnte ohne Probleme ins erste Semester einsteigen", sagt Zhang, der in Kleve in einer Wohngemeinschaft lebt. Für Zhang bedeutet die Vorbereitung aufs Studium auch, Land und Leute kennenzulernen. Semesterticket und ein Monatsticket der Bahn machen mobil: Hamburg, München und Berlin hat er schon gesehen.

Bevor er nach Deutschland kam, musste er wie alle "Freshmen" in seiner Heimat einen Prüfungsreigen in Mathematik und Englisch durchlaufen. In Kooperation mit der Fachhochschule Aachen wurden in diesem Jahr 1600 junge Ausländer aus Nicht-EU-Staaten geprüft. 400 kamen durch — davon werden rund 130 am Niederrhein aufs Studium vorbereitet, die anderen im Aachener Land, erklärt Professor Dirk Untiedt, der neben Brandt das An-Institut "Scientific Freshers" leitet.

In Kleve hatten Zhang und seine Mitstreiter pro Woche 36 bis 40 Stunden Unterricht in Deutsch, Englisch, Mathematik und — je nach Studienwunsch — in Physik oder Wirtschaftswissenschaften. Die 17- bis 19-jährigen Frauen und Männer, die in einen völlig anderen Kulturkreis eintauchen müssen, werden dabei nicht nur von einem rund 20-köpfigen Team fachlich unterrichtet, sondern auch von Sozialpädagoginnen betreut.

Man hilft bei Behördengängen, bei Bankfragen. Außerdem sind die künftigen Studenten kranken-, unfall und haftpflichtversichert. Die All-inclusive-Versorgung kostet ohne Taschengeld rund 17 000 Euro und wird von den Teilnehmern finanziert.

Zhang findet das mit Blick auf Studiengebühren in den USA nicht zu teuer. "Wichtig ist, dass sie Deutsch lernen", sagt Untiedt. Denn auch wer einen englischsprachigen Studiengang anstrebt, müsse die Sprache des Gastlandes beherrschen. Etwa 75 Prozent der "Freshmen" kommen aus China, weitere aus Ländern wie beispielsweise Russland, Vietnam, Indien und Honduras.

Kurz vor dem Wintersemester legen die Freshmen ihre Abschlussprüfung in Deutsch, Mathematik und Physik oder Wirtschaftswissenschaften ab. Jede Prüfung muss bestanden werden. "Wir unterstützen die Studenten bei der Wohnungssuche und helfen bei der Einschreibung für den gewünschten Studiengang", sagt Brandt. "Der Vorteil ist, dass sie dann direkt bei uns anfangen können", erläutert Professor Marie-Louise Klotz, Präsidentin der Hochschule Rhein-Waal. Zugleich betont sie, dass an der Hochschule kein deutscher Student abgewiesen werde, weil ein Student aus dem Ausland kommt.

"Ein Aspekt, ausländische Schulabgänger intensiv auf ein Studium in Deutschland vorzubereiten, ist die Qualitätssicherung der Hochschulausbildung — die Studienanfänger laufen nicht Gefahr, im Stoff zurückzubleiben", sagt Brandt. Mit Blick auf den demografischen Wandel dürfe man sich auch auf gut ausgebildete Fachkräfte freuen, wenn sie später in Deutschland bleiben, sagt Marie-Louise Klotz. Oder wenn sie zurückgehen, wie Zhang es vorhat.

(RP)
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