Frankreich streitet über Integration Innenminister will Roma abschieben

Paris · Äußerungen des Sozialisten über den mangelnden Integrationswillen der Zuwanderer lösen Streit in der Regierung und mit der EU aus.

Gut drei Jahre nach dem harten Vorgehen von Frankreichs damaligem konservativen Staatschef Nicolas Sarkozy gegen im Land lebende Roma ist das explosive Thema wieder in aller Munde.

Diesmal sorgte der sozialistische Innenminister Manuel Valls für Wirbel. Nur die wenigsten Roma wollten sich in Frankreich tatsächlich integrieren, sagte der als Hardliner bekannte Valls in einem Interview. Die Volksgruppe habe "deutlich andere Lebensweisen". Daher gebe es "keine andere Lösung, als die illegalen Lager aufzulösen und die Roma in ihre Heimat zurückzuschicken".

Im selbst ernannten Mutterland der Menschenrechte sorgten die Äußerungen des Ministers prompt für einen landesweiten Aufschrei und führten auch zu Verstimmungen innerhalb der Regierungskoalition. Menschenrechtsorganisationen verurteilten die Einlassungen als unverantwortlich und populistisch.

Das eigene Linkslager warf Valls vor, in die Fußstapfen des einst wegen seiner Roma-Politik vielkritisierten Sarkozy zu treten. Sozialistenchef Harlem Désir warnte vor dem Prinzip, eine Volksgruppe zu stigmatisieren. Weiter Öl ins Feuer goss schließlich die grüne Wohnungs-Ministerin Cécile Duflot. Sie bezichtigte ihren Kollegen öffentlich, die Werte der Republik verletzt zu haben, und appellierte an die "Verantwortung des Präsidenten".

Während sich Staatschef François Hollande bisher in Schweigen hüllte, stellte sich Regierungssprecherin Najat Vallaud-Belkacem bereits hinter den Minister. Und wenngleich die konservative Opposition den neuerlichen Koalitionsclinch als "unerträglich" kritisierte, trifft die scharfe Roma-Politik des Innenministers bei französischen Rechtspolitikern im Grunde auf Zustimmung.

Valls habe recht und stelle lediglich Fakten fest, erklärte etwa der Abgeordnete der bürgerlichen UMP, Eric Ciotti. "Die Roma können sich nicht integrieren, denn sie sprechen nicht Französisch und haben keine Arbeit."

Die neuerliche Polemik um den Umgang mit den Roma entzündete sich inmitten der Diskussion um einen neuen Bericht von Amnesty International. Die Menschenrechtsorganisation hatte Frankreich vor wenigen Tagen vorgeworfen, immer härter gegen die bis zu 20 000 im Land lebenden Roma vorzugehen. Das brachte nun auch die EU-Kommission auf den Plan.

Denn eigentlich gewährt die Europäische Union allen Bürgern auf ihrem Territorium Bewegungsfreiheit – "die Minderheit der Roma eingeschlossen", wie Kommissionssprecher Olivier Bailly in Brüssel betonte. Er drohte Frankreich offen mit Sanktionen, wenn es die in den EU-Verträgen garantierten Grundregeln des freien Personenverkehrs nicht respektiere.

(RP)
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