Münchner Sicherheitskonferenz "Unerträglich": Israel zornig über Warnungen Kerrys

Tel Aviv/München · Die internationale Gemeinschaft will mit Zuckerbrot und Peitsche Bewegung in die Nahost-Friedensgespräche bringen. Israel fühlt sich dabei von US-Außenminister Kerry unsanft an die Wand gedrängt.

 US-Außenminister John Kerry äußerte sich in München.

US-Außenminister John Kerry äußerte sich in München.

Foto: ap, Brendan Smialowski

Israel hat zornig auf Warnungen des US-Außenministers John Kerry vor einem Scheitern der Nahost-Friedensgespräche reagiert. Geheimdienstminister Juval Steinitz nannte Kerrys Worte am Sonntag "verletzend und unerträglich".

Kerry hatte am Samstag bei der Münchner Sicherheitskonferenz eindringlich vor einem Misserfolg der laufenden Nahost-Verhandlungen gewarnt. "Die Folgen eines Scheiterns wären inakzeptabel", sagte er. Gleichzeitig wandte sich Kerry gegen eine Kampagne zur Untergrabung des israelischen Existenzrechts. "Es wird über einen Boykott und andere Dinge geredet", sagte er.

"Man kann Israel nicht dazu zwingen, mit der Pistole am Kopf Verhandlungen zu führen", sagte Steinitz. Kerry erhöhe bei den Palästinensern die Motivation, ein Scheitern der Gespräche herbeizuführen, um Israel zu schaden.

Ministerpräsident Benjamin Netanjahu betonte am Sonntag, Boykottdrohungen könnten Israel nicht dazu bewegen, seine Interessen aufzugeben, vor allem in Sicherheitsfragen. "Die Versuche, einen Boykott gegen den Staat Israel zu verhängen, sind unmoralisch und ungerecht", sagte er.

Die internationale Gemeinschaft und besonders die EU stellen unterdessen wirtschaftliche Belohnungen in Aussicht, um Israelis und Palästinenser zu einem Friedensabkommen zu bewegen. Dies teilte die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton nach einem Treffen des "Nahost-Quartetts" (EU, UN, Russland, USA) am Samstag in München mit.

Die Mitglieder des Quartetts - Russland und die USA waren durch die Außenminister vertreten, die UN durch Generalsekretär Ban Ki Moon - seien sich einig, dass beide Konfliktparteien Unterstützung für den Fall einer Einigung bekommen sollten, sagte Ashton. Die EU plane "beispiellose Unterstützung". Dies werde später genauer definiert. "Wir meinen wirtschaftliche und politische Unterstützung, weil wir anerkennen, dass ein Abkommen Mut und voraussichtlich Kompromissbereitschaft erfordert."

Kerry sagte: "Wir alle haben ein mächtiges Interesse an der Lösung dieses Problems." Er wolle sich zwar nicht zu seinem eigenen Optimismus äußern: "Aber ich kann versichern, dass wir sehr entschlossen sind, eine Lösung zu finden."

Kerry nannte es einen Irrtum zu glauben, dass ohne eine Einigung zwischen Israelis und Palästinensern im Nahen Osten alles so bleibe wie bisher: "Die Lage ist keine dauerhafte. Der Status quo wird sich ändern, wenn es ein Scheitern gibt. Deswegen muss jeder ein Interesse an einem Erfolg haben."

Eine Einigung würde hingegen die Lage in Nahost völlig verändern und unter anderem Israel große neue Märkte öffnen. "Wir alle wissen mehr oder weniger, wie eine Lösung aussehen müsste. Das Problem ist, dorthin zu kommen."

Es wird erwartet, dass Kerry in Kürze eine Rahmenvereinbarung für einen Friedensvertrag Israels mit den Palästinensern vorlegt. Die israelische Zeitung "Jediot Achronot" hatte am Freitag unter Berufung auf den US-Gesandten Martin Indyk berichtet, die USA strebten einen Friedensvertrag bis Ende des Jahres an. Die auf neun Monate festgelegten Friedensgespräche Israels mit den Palästinensern würden ohne Verlängerung Ende April enden.

(dpa)
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