Energiewende wird immer teurer Altmaier will Öko-Subventionen begrenzen

Berlin · Der drohende Strompreisanstieg um sieben bis zehn Prozent bringt die Bundesregierung in Zugzwang. Bundesumweltminister Altmaier will die Energiewende in Deutschland stärker steuern und Subventionen unter die Lupe nehmen. Kritik kommt von der Opposition.

Peter Altmaier - Bundeswirtschaftsminister und enger Vertrauter der Kanzlerin
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Foto: dpa/Sebastian Kahnert

Um die Strompreiskosten in den Griff zu bekommen, will Bundesumweltminister Peter Altmaier den bisher unkontrollierten Ausbau erneuerbarer Energien in geordnetere Bahnen lenken. "Ich bin zu dem Ergebnis gekommen, dass eine grundlegende Reform des Erneuerbare-Energie-Gesetzes absolut notwendig und unumgänglich ist", sagte der CDU-Politiker am Donnerstag in Berlin. Zugleich bekannte er sich klar zur Energiewende. Wer versuche diese zu torpedieren, "der wird es mit diesem Umweltminister zu tun bekommen", betonte er.

Altmaier will feste Quoten. Zum Beispiel für die Frage, wo wie viele Windparks gebaut werden sollen. Die Planungen der Länder liegen hier teilweise 60 Prozent über dem Bedarf. Zudem soll sich der Ausbau stärker danach richten, wo es Netze gibt, die den Strom aufnehmen können. Ähnlich wie bei der Solarenergie, wo die Förderung bei einer installierten Leistung von 52 Gigawatt auslaufen soll, sei dies auch für Wind und Biogasanlagen sinnvoll, betont der Minister in einem Vorschlag für eine Reform des EEG.

"Qualität geht vor Schnelligkeit"

Altmaier ließ offen, ob eine solche umfassende Reform noch vor der Bundestagswahl möglich ist: "Qualität geht für mich vor Schnelligkeit". Er hat seine Vorschläge an alle Ministerpräsidenten und Bundestagsfraktionen verschickt und strebt eine Einigung im Konsens an. Dazu will Altmaier eine Beratergruppe mit 20 Persönlichkeiten aus Ländern, Wirtschaft und Gesellschaft einrichten.

Größter Knackpunkt dürfte aber sein, ob die Länder bereit sind, von eigenen Ausbauzielen abzurücken - sie profitieren bei mehr Windparks und Biogasanlagen von höheren Steuereinnahmen. Zudem will gerade Bayern nicht abhängig werden von Windstrom aus dem Norden.

"Wir müssen, dafür sorgen, dass der Ausbau in einem stetigen und berechenbaren Rahmen stattfindet." Notwendig sei eine politische Festlegung von Ausbauzielen. Er wolle eine Reform, die das ständige Herumdoktern beendet und über Jahre Planungssicherheit gebe. Die erneuerbaren Energien müssten rascher wettbewerbsfähig werden. Bisher erhalten Betreiber von Windparks und Solaranlagen auf 20 Jahre garantierte Vergütungen, die über den Marktpreisen liegen. Der Förderaufschlag wird per Umlage auf die Verbraucher abgewälzt.

Öko-Umlage steigt auf Rekordhoch

Ein unkontrollierbarer Ausbau sei mit Blick auf die Strompreise nicht mehr möglich, sagte Altmaier. Die Ökostrom-Umlage wird 2013 auf ein Rekordniveau ansteigen. Zusammen mit höheren Netznutzungskosten und weiteren Energiewende-Umlagen droht einem Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 3500 Kilowattstunden ein Strompreisanstieg um knapp 100 Euro. Besonders umstritten sind Rabatte für Unternehmen mit hohem Stromverbrauch, die die Kosten für die Bürger erhöhen.

Da es jetzt schon beim Strom einen Anteil erneuerbarer Energien von 25 Prozent gibt, will Altmaier das Ökostrom-Ziel bis 2020 von 35 auf 40 Prozent anheben. Bis 2050 sollen es 80 Prozent sein.

Mögliche Fehlentwicklungen bei Ausnahmen für stromintensive Betriebe bei der Förderung erneuerbarer Energien will der Minister überprüfen. Allerdings beträfe der größte Teil der Rabatte Betriebe wie Aluminiumhütten und Stahlwerke, die im internationalen Wettbewerb stünden. Diese Ausnahmen sei schon von Rot-Grün eingeführt worden.

FDP: Union zu zögerlich

"Es ärgert mich maßlos, mit welcher Unsachlichkeit darüber diskutiert wird", betonte Altmaier. Von einem einzelnen Hähnchenmastbetrieb oder einem Golfplatz werde keine wesentliche Entlastung für die Ökostrom-Umlage ausgehen.

FDP-Chef und Wirtschaftsminister Philipp Rösler warf der Union "Zögerlichkeit" beim Kampf um bezahlbare Energie vor. Nötig sei eine radikale Reform der Förderung. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz sei der Hauptkostentreiber, sagte Rösler der "Nordwest-Zeitung". "Wer die Strompreise langfristig in den Griff bekommen will, muss radikal an das Erneuerbare-Energien-Gesetz ran", forderte Rösler.

EU-Energiekommissar Günther Oettinger (CDU) sieht die Schmerzgrenze beim Strompreis in Deutschland erreicht. In den vergangen Jahrzehnten seien die Kosten immer weiter erhöht worden, um Löcher im Haushalt zu stopfen und die Bürger zu Sparsamkeit zu bringen.

"Der Peak ist erreicht"

"Der Weg der Energiepreisverteuerung hat seinen oberen Grad erreicht", sagte Oettinger am Donnerstag am Rande der Konferenz "Städtische Energien" in Berlin im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Der Erfindungsreichtum für neue Erhöhungen müsse gestoppt werden.

"Immer, wenn in Bonn oder Berlin ein Minister für Finanzen ein Loch in der Kasse hatte, hat er eine neue Steuer für Energie erfunden", sagte Oettinger über die vergangenen Jahrzehnte. "Da war die Brennelementesteuer das jüngste Kind." Eine grundlegende Debatte sei dringend nötig. "Der Peak ist erreicht."

Die SPD fordert die Bundesregierung zur umfassenden Diskussion über die Energiewende auf. Eine Debatte allein über die Förderung der erneuerbaren Energien wäre "wieder einmal die typische schwarz-gelbe Schaufensterpolitik, ohne das Problem wirklich in Angriff zu nehmen", sagte SPD-Fraktionsvize Ulrich Kelber am Donnerstag in Berlin. Die Sozialdemokraten stünden sofort zu Gesprächen bereite, lehnten aber eine Fortsetzung der "Flickschusterei" ab.

Kritik von den Linken

Kritik an Altmaiers Plänen kam auch von den Linken. "Die sogenannte Reform von Bundesumweltminister Altmaier ist ein Kniefall vor den Stromkonzernen", sagte die Linke-Vorsitzende Katja Kipping am Donnerstag in Berlin. Außerdem bremse die Einführung einer Einspeiseobergrenze für die erneuerbaren Energien das Tempo der Energiewende.

"Wir müssen mehr Regulierung wagen, wenn wir am Ziel einer umfassenden und erschwinglichen Versorgung mit Strom für alle Bürgerinnen und Bürger festhalten", forderte Kipping. Die Bundesregierung müsse ein Konzept vorlegen, damit Strom für alle Menschen bezahlbar sei.

Energiewende nicht abwürgen

Der DGB fordert den Umweltminister auf, bei der Reform der Ökostrom-Förderung die Interessen von Unternehmen und Arbeitnehmern zu berücksichtigen. "Potenzielle Investoren nehmen Geld nur in die Hand, wenn es klare gesetzliche und ökonomische Rahmenbedingungen gibt. Ständige Verunsicherung und Gesetzesnovellen im Hau-Ruck-Verfahren helfen nicht", sagte DGB-Vorstandsmitglied sagte Dietmar Hexel am Donnerstag in Berlin.

Hubert Weiger, Vorsitzender des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) forderte Altmaier auf, von Quoten oder Mengenbegrenzungen für erneuerbare Energien Abstand zu nehmen. "Das würde die Energiewende abwürgen. Zwar müsse die Förderung für erneuerbare Energien künftig überprüft werden, erhalten werden müsse jedoch deren Ausbaudynamik."

(APD/dpa/afp)
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