Die Kanzlerin, die NSA und das Sommerinterview Merkel sucht die Offensive

Berlin · Kritik an Schwarz-Gelb, Spott für Innenminister Hans-Peter Friedrich und seine USA-Reise: Die NSA-Affäre setzt die Regierung unter Druck und gibt der Opposition endlich eine Angriffsfläche. Doch das will Kanzlerin Angela Merkel nicht mitmachen. Im ARD-Sommerinterview geht sie in die Offensive, versucht, wieder Oberwasser zu bekommen. Ganz gelingt ihr das aber nicht.

Wer hört wen ab - und was man dagegen tun kann
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Foto: dpa, Jens Büttner

Kritik an Schwarz-Gelb, Spott für Innenminister Hans-Peter Friedrich und seine USA-Reise: Die NSA-Affäre setzt die Regierung unter Druck und gibt der Opposition endlich eine Angriffsfläche. Doch das will Kanzlerin Angela Merkel nicht mitmachen. Im ARD-Sommerinterview geht sie in die Offensive, versucht, wieder Oberwasser zu bekommen. Ganz gelingt ihr das aber nicht.

Der Himmel ist wolkenverhangen, als die Bundeskanzlerin den roten Sessel an der Spree einnimmt. Es ist Zeit für das Sommerinterview des "Bericht aus Berlin" der ARD. Und für Merkel ist es Zeit, einige Dinge zurechtzurücken, wenn es um die NSA-Affäre geht. Denn dabei läuft es derzeit alles andere als rund für die schwarz-gelbe Regierung.

Immer wieder kommt die Frage auf, inwieweit die Regierung und die deutschen Geheimdienste über die Spionage-Aktivitäten der amerikanischen Kollegen Bescheid wussten. Dass ausgerechnet der Innenminister, der als Hardliner gilt, wenn es um die Vorratsdatenspeicherung geht, in die USA reiste, um auf Aufklärung zu dringen, konnte da nur als Spott-Vorlage für die Opposition dienen. Zumal Friedrich erneut betonte, dass die Spionage-Aktivitäten auch geholfen haben, Anschläge in Deutschland zu verhindern.

Und dann noch der Vorwurf von SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück, Merkel habe ihren Amtseid gebrochen, weil sie keinen Schaden vom deutschen Volk abgewendet habe. Es wurde höchste Zeit für die Kanzlerin, einzuschreiten. Und das tat sie mit dem Sommerinterview.

Merkel fordert Einhaltung deutschen Rechts

Gleich zu Beginn ging es ganze zehn Minuten nur um das Thema NSA und Datenschutz. Merkel blickt ernst, spricht immer wieder Initiativen an, die auf europäischer und internationaler Ebene auf den Weg gebracht werden sollen — und das Deutschland hierbei eine strikte Haltung einnehme.

Sie betont, dass Friedrichs Reise nur ein erster Schritt sein könne und die Regierung weiter auf vollständige Aufklärung dringen werde. Merkel erklärt, sie erwarte von der US-Regierung, dass sie sich auf deutschem Boden auch an deutsches Recht halte. Sie geht in die Offensive, will zeigen, dass vieles auf den Weg gebracht werden soll, um den neuen Anforderungen durch die technischen Neuerungen Herr zu werden.

Doch sind es bislang nur Absichtserklärungen, wirklich Konkretes kann die Kanzlerin nicht vorweisen. Und Merkel verweist in dem Interview auch immer wieder darauf, dass man alles noch aufklären werde. Eine gewisse Unsicherheit schwingt da mit. Etwa, als die Interviewer fragen, ob es nicht ein Armutszeugnis für die Regierung sei, wenn sie von all dem nichts wusste. Da seufzt die Kanzlerin, sagt: "Ja, wir haben ja was wir wussten gesagt. Und was wir nicht wussten, bringen wir jetzt zu Ende."

"Vielleicht noch ein Zusatz"

Sie versucht ein Lächeln, als sie erklärt, dass ihr nicht bekannt sei, dass sie abgehört worden ist, blickt sonst stets ernst drein, betont, wie wichtig es ist, die Daten der Bürger zu schützen. Merkel weiß um die Sorge der Bürger, und sie weiß, dass Wahlkampf ist. Dass Steinbrück und Co. die Affäre nun nutzen, um auch Kapital für die Wahl herauszuschlagen, ist dabei nur eine logische Folge.

Aber genau das versucht Merkel zu verhindern, in dem sie zeigt, Schwarz-Gelb handele. Sie lobt ausdrücklich die FDP-Justizministerin und ihre Idee eines internationalen Datenschutzabkommens. Und sie betont an der einen oder anderen Stelle, dass nicht nur diese Regierung die Arbeit der Geheimdienste genutzt habe — sprich auch die SPD, als sie an der Macht war.

Und als Ulrich Deppendorf das Thema wechseln will, sagt sie: "Vielleicht noch ein Zusatz, ein Zusatz noch." Es ist ihr wichtig, auf die Initiative "Deutschland sicher im Netz" aufmerksam zu machen, bei der man sich erkundigen kann, wie man seine Daten schützt. Ganz nach dem Motto: Seht her, wir machen etwas.

Als Deppendorf darauf hinweist, dass es vielleicht etwas spät ist, um an den Datenschutz der deutschen Bürger zu denken, versucht Merkel noch einmal, in die Initiative zu gehen. "Es ist ja schon da", wirft sie eilig ein, aber neue Gegebenheiten bräuchten halt neue Antworten, versucht sie noch einzubringen.

Ob es Angela Merkel tatsächlich gelungen ist, die Zweifel der Bürger zu zerstreuen, mag dahin gestellt sein. Es war aber zumindest ein Versuch der Kanzlerin, wieder Oberwasser zu gewinnen.

(das)
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