Krisentreffen mit Cavusoglu Gabriel setzt auf Dialog mit der Türkei

Berlin · Trotz eines neuen Nazi-Vergleichs will Bundesaußenminister Sigmar Gabriel die Wogen mit der Türkei glätten. Am heutigen Mittwoch trifft er sich mit seinem türkischen Kollegen Mevlüt Cavusoglu in Berlin. Dieser warf den deutschen Behörden bei einem Auftritt in Hamburg "systematische Unterdrückung" türkischer Mitbürger vor.

Der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel. (Archivbild vom 2. März 2017)

Der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel. (Archivbild vom 2. März 2017)

Foto: rtr, AP

Sigmar Gabriel (SPD) will sich bei dem Krisentreffen mit Cavusoglu um eine Normalisierung des Verhältnisses beider Länder bemühen. "Ich hoffe sehr, dass unsere Gespräche dazu beitragen, das Verhältnis wieder schrittweise in normale Bahnen zu bekommen", sagte Gabriel in den ARD-"Tagesthemen".

Im Streit um von kommunalen Behörden verfügte Stopps für Wahlkampfauftritte türkischer Minister wies er Nazi-Vergleiche der türkischen Seite zurück. Es nütze aber nichts, jetzt ordentlich auf den Tisch zu hauen. "Mit solchen rigorosen Formen des Umgangs lösen wir ja keinen Konflikt. Auf jede Provokation mit einer eigenen zu antworten, hat noch nie besonders weit geführt", sagte Gabriel.

Das geplante Treffen in Berlin ist der erste persönliche Kontakt von Vertretern beider Regierungen seit der umstrittenen Inhaftierung des deutsch-türkischen Journalisten Deniz Yücel Anfang vergangener Woche in Istanbul. Diesen hatte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan als "deutschen Agenten" bezeichnet. Weiterer Streitpunkt sind die teilweise untersagten Wahlkampfauftritte.

Cavusoglu hatte Deutschland ein systematisches Vorgehen gegen Wahlkampfauftritte vorgeworfen. Zugleich betonte er am Dienstagabend bei einer von Protesten begleiteten Rede vom Balkon der Residenz des Generalkonsuls in Hamburg, dass Ankara gute Beziehungen zu Deutschland sehr wichtig seien. Zuvor hatte er hingegen die Gräben erneut vertieft und den Nazi-Vergleich Erdogans wiederholt: "Das ist ein total repressives System", sagte Cavusoglu der Zeitung "Hürriyet". "Alle Praktiken ähneln denen der Nazi-Zeit."

EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker bezeichnete die Äußerung im Journal des RTL Fernsehens Luxemburg als "Frechheit": "Ich staune über vieles, was ich derzeit aus der Türkei höre. Wenn der türkische Präsident und der türkische Außenminister sagen, das heutige Deutschland wäre schlimmer als das Nazi-Deutschland, kann ich das nicht akzeptieren. Unsere Eltern und Großeltern haben unter Nazibesatzung gelebt. Ich kann nicht akzeptieren, dass das heutige Deutschland mit dem Nazi-Deutschland verglichen wird."

Am Abend war Cavusoglu in Hamburg aufgetreten, nachdem mehrere Auftritte türkischer Minister in Deutschland mit Hinweis auf Sicherheitsgründe behördlich gestoppt worden waren. Die umstrittenen Wahlkampfauftritte türkischer Politiker hierzulande haben das Referendum am 16. April zum Thema, bei dem auch die rund 1,4 Millionen wahlberechtigten Türken in Deutschland über die Einführung eines Präsidialsystems in der Türkei abstimmen dürfen. Das Präsidialsystem würde die Macht des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan noch weiter stärken.

(oko/dpa)
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