Kämpferischer Parteitag in Neumarkt Piraten knöpfen sich die Konkurrenz vor

Neumarkt · Breites Wahlprogramm, bessere Umfragewerte: Die Piraten geben die Bundestagswahl noch nicht verloren. Ihr Chef Bernd Schlömer ging vor dem Abschluss des Parteitags zum Frontalangriff gegen die etablierten Parteien über. Unklar ist weiterhin, ob die Partei beim Theme Online-Abstimmungen eine gemeinsame Position findet.

Piraten-Parteitag: Chef Schlömer feuert Weckruf ab
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Piraten-Parteitag: Chef Schlömer feuert Weckruf ab

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"Wir bereiten diesem Treiben ein Ende. Piraten, auf in den Bundestag!", rief Schlömer am Sonntag im oberpfälzischen Neumarkt. Von den 1200 anwesenden Mitgliedern wurde der oft kritisierte Parteivorsitzende dafür gefeiert.

Nach vielen Rückschlägen über Monate hinweg geht es für die Internet-Partei laut Umfragen endlich wieder aufwärts. Im Wahltrend der "Bild am Sonntag" liegt sie nun mit vier Prozent auf Augenhöhe mit der FDP. Zwischenzeitlich waren die Piraten von 13 auf 2 Prozent Zustimmung abgestürzt.

"Eine andere Kultur einbringen"

Schlömer kündigte an, bei einem Einzug in den Bundestag werde die Piratenpartei dort ohne Fraktionszwang abstimmen. "Die Piraten werden eine neue, andere Kultur einbringen." Im politischen Alltag halten sich Abgeordnete sonst im Parlament in der Regel an die Parteilinie. Schlömer will das aufbrechen: "Die anderen Parteien haben es sich gemütlich gemacht."

Das gelte auch für Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). "Frau Merkel, auch Sie sitzen mit im Boot. Was erlauben Sie sich eigentlich?", sagte Schlömer. Der Koalitionspartner FDP habe kein Profil: "Was Hänschen nicht lernt, lernt Philipp Rösler nimmermehr."

Die Grünen wiederum wollen in Schlömers Augen von Basisdemokratie nichts mehr wissen. "Alt seid Ihr geworden, ich bleibe lieber beim Sie!" Und die CSU, die "bayerischen Horden" der CDU, versinke in Vetternwirtschaft, kritisierte Schlömer weiter.

Die SPD sei beim Datenschutz ein "netzpolitischer Geisterfahrer". Die neugegründete eurokritische "Alternative für Deutschland" (AfD) erwähnte der Piraten-Vorsitzende mit keinem Wort.

Neue Hoffnung Katharina Nocun?

Auf dem Parteitag wurde ein Wahlprogramm auf den Weg gebracht, in dem ein Grundeinkommen für jedermann, Mindestlöhne, mehr Datenschutz und Volksentscheide gefordert werden. Hoffnungsträgerin der Partei ist die neue Geschäftsführerin Katharina Nocun. Die 26-jährige Studentin aus Niedersachsen soll den Piraten ein frisches Profil geben.

In Neumarkt stritten die Piraten bis zuletzt heftig um mehr Online-Beteiligung ihrer Mitglieder. Am Sonntagmittag war unklar, ob die Partei sich nach jahrelangem Streit zu verbindlichen Abstimmungen im Netz würde durchringen können.

Die erst sieben Jahre alte basisdemokratische Internet-Bewegung hat inzwischen rund 32.000 Mitglieder in ihrer Datenbank - darunter nach eigenen Angaben aber "Tausende Karteileichen".

(dpa/csi/felt/pst)
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