Griechenland und die Schuldenkrise Schäuble: "Tsipras' Regierung hat alles Vertrauen zerstört"

Berlin · Während Außenminister Frank-Walter Steinmeier Athen vor einer Fokussierung auf Deutschland warnt, hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble in einem Rundumschlag die griechische Regierung kritisiert. "Sie haben alles Vertrauen zerstört. Das ist ein schwerer Rückschlag."

Alexis Tsipras - selbsternannter Retter Griechenlands
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Foto: dpa, sp ase tba

Das sagte Schäuble am Montag bei einer Diskussionsveranstaltung der Adenauer-Stiftung in Berlin. Er warf der Regierung von Ministerpräsident Alexis Tsipras vor, nicht nur Absprachen zu brechen, sondern auch die Griechen zu belügen - indem sie die Schuld immer nur bei Berlin, Brüssel und dem Rest Europas suche.

Schäuble schmetterte das Ansinnen der Griechen ab, Milliarden aus Deutschland für eine Zwangsanleihe aus der Nazi-Zeit zu bekommen. Auf diesem Weg werde Athen seine Schuldenprobleme nicht lösen können: "Sie werden auch die griechischen Schulden nicht durch wie immer zu konstruierende deutsche Verpflichtungen aus dem Zweiten Weltkrieg bezahlt bekommen", sagte Schäuble. "Wer sowas seiner Bevölkerung verspricht, verschweigt ihr die Wahrheit. Das ist ganz schlecht."

Bis November sei Athen auf einem guten Weg gewesen. Die Linksradikalen hätten die Fortschritte verspielt. Tsipras' Konzept werde "so nicht funktionieren". Er kenne niemanden in den internationalen Institutionen, der ihm sagen könne, was Athen eigentlich vorhabe.

"Griechiche Eliten haben über Jahre versagt"

Es sei an der Zeit, dass das Land sich "allmählich langsam an die Realität" annähere. Es sei falsch zu glauben, "wir hätten das Land zu Tode gespart". Die griechischen Eliten hätten über Jahrzehnte versagt, dazu habe das Euro-Land über seine Verhältnisse gelebt, bekräftigte Schäuble seine Haltung.

Wenn aber "die Verantwortlichen in diesem Land das Volk belügen", dann sei es nicht verwunderlich, dass das Volk so reagiere, meinte der CDU-Politiker, der mit DGB-Chef Reiner Hoffmann eigentlich nur über Jugendarbeitslosigkeit diskutieren wollte. Schäuble berichtete, er habe Tsipras schon vor einiger Zeit folgende Prognose gestellt:
Entweder werde dieser scheitern oder das Gegenteil seiner Wahlkampfversprechen umsetzen müssen.

Schäuble war in den vergangenen Wochen immer wieder persönlich von griechischen Politikern und Medien kritisiert und beleidigt worden. Zuletzt unterstellte ihm der rechtspopulistische Verteidigungsminister Panos Kammenos, mit einer psychologischen Kriegsführung gezielt die Beziehungen zwischen Berlin und Athen vergiften zu wollen.

Steinmeier: Athen sollte nicht bis Juni warten

Derweil hat Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier die griechische Regierung davor gewarnt, den Schuldenstreit auf ein Problem mit Deutschland zu reduzieren. Bei einem Gespräch mit dem stellvertretenden griechischen Außenminister Níkos Chountís habe er klar gemacht, dass der Versuch der "Bilateralisierung" nicht aus den Schwierigkeiten herausführe, sagte der SPD-Politiker am Montag in Brüssel. "Ich habe (...) ihn dringend gebeten, so zu arbeiten, dass wir die Möglichkeit haben, über Vorschläge der griechischen Regierung (...) zu reden." Diese müssten auf die Frage antworten, wie Griechenland seinen europäischen Verpflichtungen nachkommen wolle und der EU-Kommission und den anderen Euroländern vorgelegt werden - nicht Deutschland.

Die griechische Regierung sei "gut beraten", mit Vorschlägen nicht bis Ende April oder Mitte Juni zu warten, ergänzte Steinmeier. Er machte deutlich, dass es "taugliche Lösungen" bislang nicht gebe. Er habe mit Chountís "sehr ernsthaft und auch länger gesprochen", sagte Steinmeier. Griechenlands Außenminister Nikos Kotzias hatte sich bei dem Treffen krankheitsbedingt entschuldigen lassen.

Griechenland meldet wieder Defizit

Die nackten Zahlen sorgen erneut für Sorgen: Griechenlands Staatshaushalt ist erneut ins Minus gerutscht. Nach Angaben der Zentralbank vom Montag betrug das Defizit für Januar und Februar 684 Millionen Euro. In den ersten beiden Monaten 2014 hatte Griechenland noch einen Überschuss von 139 Millionen Euro verzeichnet. Der sogenannte Primärüberschuss - vor Abzug der Zinszahlungen - sank von 1,68 Milliarden auf 503 Millionen Euro.

Ministerpräsident Alexis Tsipras versicherte, der griechische Staat könne alle Mitarbeiter im öffentlichen Dienst bezahlen und alle Renten überweisen. "Es besteht keine Gefahr für Gehälter und Renten ... und keine Bedrohung für Bankkonten", sagte er der Zeitung "Ethnos". Daran änderten auch die harten Verhandlungen mit den Gläubigern seines überschuldeten Landes nichts.

(dpa/ap)
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