München Münchens Chronik der Gewalt

München · Die Nachkriegsgeschichte der Stadt ist ein Kompendium der politischen Kriminalität der Bundesrepublik.

"Weltstadt mit Herz" heißt der Slogan, mit dem München jahrzehntelang erfolgreich für sich geworben hat. Bayerns Hauptstadt konkurriert mit Köln um den Titel der nördlichsten Stadt Italiens, wobei die Zuschreibung im Kölner Fall eher als Kritik, im Münchner eher als Kompliment gedacht ist. München hatte 2012 den niedrigsten Anteil von Hartz-IV-Beziehern unter 50 untersuchten Großstädten, lag bei der Wirtschaftsleistung pro Kopf 2013 auf Platz 14 der mehr als 11.000 Kommunen in Deutschland und kommt 2016 auf eine Arbeitslosenquote von weniger als fünf Prozent.

München ist lebensfroh, reich und hochattraktiv: Von den zehn größten deutschen Städten ist München seit 1990 am stärksten gewachsen. Und doch hat es in den vergangenen 50 Jahren eine Chronik der Gewalt vorzuweisen, die alle Facetten politischer und unpolitischer Beweggründe vereinigt.

Im Februar 1970 sterben sieben Bewohner des Altenheims der Israelitischen Kultusgemeinde durch einen Brandanschlag. Die Täter zünden Benzin im Treppenhaus an. Die Opfer sind zwischen 50 und 71 Jahre alt; zwei von ihnen haben NS-Konzentrationslager überlebt. Ein Vierteljahrhundert nach dem Krieg werden mitten in der "Hauptstadt der Bewegung" der Nazis Juden ermordet. Die Tat ist bis heute nicht aufgeklärt; die Bundesanwaltschaft vermutet linksextremistische Täter, die aus Hass gegen Israel handelten.

Gut zwei Jahre später wird "München" zum Inbegriff des Terrors. Während der Olympischen Spiele überfällt 1972 das palästinensische Kommando "Schwarzer September" die israelische Mannschaft im Olympischen Dorf. Zwei Sportler werden sofort ermordet, neun als Geiseln genommen. Eine Befreiungsaktion auf dem Flugplatz Fürstenfeldbruck endet in einem Blutbad: Alle Geiseln, ein Polizist und fünf Terroristen sterben. Als Reaktion auf das Attentat und das Fiasko der Polizeitaktik wird die GSG 9 gegründet, die Anti-Terror-Einheit der heutigen Bundespolizei.

München hat auch rechtsextremen Terror erlebt. Im September 1980 explodiert auf dem Oktoberfest eine Bombe aus 1,4 Kilogramm TNT und tötet 13 Menschen, darunter drei Kinder. Der 21-jährige Täter stirbt bei der Explosion; er war Anhänger der verbotenen "Wehrsportgruppe Hoffmann". 2014 nimmt die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen wieder auf. Unklar ist weiter, ob es Mitwisser oder Helfer gab.

In München erinnert man sich auch noch schmerzhaft an den Fall Dominik Brunner. Der Tod des Geschäftsmanns im September 2009 hatte ebenso wenig politische Hintergründe wie offenbar der Amoklauf vom Freitag. Brunner hatte in einer S-Bahn pöbelnde Jugendliche zur Rede gestellt und einen von ihnen geschlagen, woraufhin die ihn erst niederschlugen und auf ihn eintraten. Brunner starb im Krankenhaus an Herzversagen. Die drei Täter wurden zu Jugendstrafen zwischen 19 Monaten auf Bewährung und knapp zehn Jahren verurteilt.

(fvo)
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