Großkreutz, Altintop und Co. Über Darmstadt zum Karriere-Neustart

Transfer-Überraschung in der Bundesliga: Kevin Großkreutz wechselt zum fast schon sicheren Absteiger SV Darmstadt. Die Lilien haben bereits Erfahrung mit gefallenen Stars.

Reaktionen zur Großkreutz-Rückkehr
Infos

Reaktionen zur Großkreutz-Rückkehr

Infos
Foto: dpa, cdt sab rho

Ahlen, Dortmund, Istanbul, Stuttgart — Darmstadt. Die Karrierestationen von Kevin Großkreutz sind um einen Ort reicher. Die Meldung, die am Dienstagmorgen über den Ticker lief, überraschte viele Fußballfans. Großkreutz wird sich ab Sommer dem SV Darmstadt 98 anschließen. Das bestätigte der Verein am Dienstagmorgen, der Ex-Stuttgarter erhält einen Vertrag bis 2019.

Für Großkreutz geht es um die Wiederbelebung seiner Profikarriere, die in den vergangenen Wochen einen herben Rückschlag erlitten hatte. Der Weltmeister ohne Einsatz war im Februar nach einer Party-Nacht in eine Schlägerei in Stuttgart verwickelt gewesen, sein Vertrag beim VfB wurde anschließend aufgelöst. Unter Tränen verkündete er Anfang März auf einer Pressekonferenz seinen vorläufigen Abschied vom Fußballbusiness. "Ich werde jetzt erst mal ruhiger machen und möchte mit dem Profi-Fußball erst mal nichts mehr zu tun haben." Für viel hörte es sich nach einem Abschied auf Dauer an.

Wie sich nun herausstellt, ist das "erst mal" im Juli bereits vorbei. Wenn sich Großkreutz im Sommer den Lilien anschließt, werden diese mit an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit in der 2. Bundesliga starten. Darmstadt trägt mit lediglich 15 Punkten einsam die Rote Laterne der Bundesliga spazieren und taumelt dem Abstieg entgegen. In der zweiten Liga beginnt für Darmstadt im Sommer der Neuanfang, das gleiche gilt auch für den tief gefallenen Großkreutz, der in Darmstadt seine mindestens zweite Chance erhält.

Großkreutz und Darmstadt — das könnte passen

Für Darmstadt und Großkreutz könnte sich der Transfer zu einer Win-Win-Situation entwickeln. Beim Bundesliga-Schlusslicht laufen viele Verträge aus. Die Ankunft von Großkreutz verspricht etwas Planungssicherheit und viel Routine in der Defensive. Großkreutz ist variabel einsetzbar, als rechter Verteidiger wie zuletzt beim VfB oder als flexibler Außenspieler über beiden Seiten.

Der Ex-Dortmunder verkörpert Einsatzwillen und Kämpfermentalität. Attribute, die gut zum Underdog-Charakter der Darmstädter zu passen scheinen. Diese Stärken hat auch Darmstadt-Coach Torsten Frings bei seinem prominenten Zugang ausgemacht: "Er wird sportlich und auch als Typ ein ganz wichtiger Baustein für unser Team in der kommenden Saison sein." Beim VfB Stuttgart war der 28-Jährige als solider Leistungsträger mit dafür verantwortlich, dass die Schwaben zum Zeitpunkt seines Rauswurfs als Tabellenführer ins Aufstiegsrennen gingen.

Der Großkreutz-Coup passt ins Transferbild der jüngsten Vereinshistorie. Darmstadt muss in puncto Zugänge auf jeden Euro achten und fährt daher eine Preispolitik, die auf erfahrene Schnäppchen setzt. Großkreutz dürfte nach dem Rausschmiss in Stuttgart zu deutlich günstigeren Konditionen unterschreiben. Der Weltmeister von 2014 ist nicht der erste gefallene Star, der am Böllenfalltor unterkommt.

Nach dem Bundesliga-Aufstieg 2015 holte der SVD Stürmer Sandro Wagner, der bei Hertha als gescheitert galt. Bei den Lilien rehabilitierte sich der Angreifer und schoss den Aufsteiger mit 14 Toren zum Klassenerhalt. Inzwischen ist Wagner mit seinem neuen Klub Hoffenheim sogar auf Champions-League-Kurs, während er in seiner alten Heimat schmerzlich vermisst wird. Auch durch die fehlenden Wagner-Tore befindet sich Darmstadt im Abstiegssog.

Zur Winterpause 2016/17 schloss sich zudem Ex-Nationalspieler Sidney Sam den Darmstädtern an. Auf Schalke schmorte der 29-Jährige bis dato auf der Tribüne oder wurde zur zweiten Mannschaft abgeschoben. Auch er erhielt in Darmstadt eine neue Karriere-Chance. Altmeister Hamit Altintop heuerte ebenfalls im Winter bei den Lilien an und spielte die vergangenen neun Spiele 90 Minuten durch. Beispiele, die zeigen, dass in Darmstadt der Karriere-Neustart oder der dritte Karriere-Frühling gelingen kann.

Diese Hoffnung gilt auch für Großkreutz, der mit seiner Erfahrung einer Mannschaft weiterhelfen kann. Der ehemalige BVB-Profi kann neben dem WM-Triumph auf zwei Meistertitel, einen Pokalsieg und das Champions-League-Finale 2013 zurückblicken — und inzwischen kennt sich Großkreutz auch in der zweiten Liga aus.

(ems)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort