China drängt als Exporteur auf den Markt Das Milliardengeschäft mit Waffen

Stockholm/Genf · China drängt als Exporteur auf den weltweiten Waffenmarkt. Vor allem Pakistan kauft chinesische Waffen. Der Markt ist härter geworden. Experten fürchten Lockerungen bei den Exportbestimmungen für Krisenregionen.

Die Rüstungsmesse Idex
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Das Waffengeschäft ist schwieriger geworden. Fallende Preise aufgrund zunehmender Konkurrenz und sinkender Militäretats in den Käuferländern setzen den Produzenten zu. Zahlen des Stockholmer Friedensforschungsinstitut (Sipri) belegen, wie sehr sich der Markt in den vergangenen Jahren verändert hat.

Erstmals seit 1995 sank der Gesamtumsatz im Waffenhandel. Die Nachfrage nach Rüstungsgütern ist allerdings ungebrochen. Die Anzahl der verkauften Waffen hat in den vergangenen drei Jahren noch einmal um 17 Prozent zugenommen. Amnesty International schätzt, dass jährlich weltweit Panzer, Schusswaffen und Flugzeuge im Wert von rund 70 Milliarden Euro exportiert werden. Die klassischen Waffenproduzenten der Industrieländer geraten aber zunehmend unter Druck: China drängt mit Macht auf den Markt und ist zu einer der weltweit größten Exportnationen im Waffenhandel aufgestiegen.

Deutschland unter den Top 5

Erwartungsgemäß sind die USA weiterhin mit 30 Prozent der weltweiten Exporte die Nummer eins auf dem Waffenmarkt, gefolgt von Russland mit 26 Prozent. Deutschland mit sieben Prozent, Frankreich mit sechs Prozent und China mit fünf Prozent bilden den Rest der Top fünf.

Erstmals seit Ende der 50er Jahre ist Großbritannien aus diesem Club der Großexporteure herausgefallen. Hauptverantwortlich dafür ist der zeitgleiche Aufstieg von China, das sein militärisches Exportvolumen in den letzten drei Jahren um 162 Prozent steigerte. Der Großteil der chinesischen Waffen geht nach Pakistan. "Es ist davon auszugehen, dass China in Zukunft den traditionellen Exportnationen zunehmend Konkurrenz machen wird", sagt Sipri-Forscher Mark Bromley. China etabliere sich zu einem bedeutenden Waffenlieferanten für eine Vielzahl von Ländern, etwa Algerien, Marokko und Venezuela, sagt Bromley.

In Europas Krisenstaaten schwindet die Nachfrage

Auf der Seite der Abnehmerländer schwindet die Nachfrage vor allem in den durch Finanzkrisen gebeutelten Industrieländern. In Europa schrumpfte der Waffenhandel um 20 Prozent. Italien und die Niederlande haben ihre Bestellungen für US-Kampfjets reduziert. Griechenland, bis 2010 größter Einzelabnehmer für deutsche Rüstungsgüter, hat seinen Etat für Waffeneinkäufe in den vergangenen Jahren um 67 Prozent gesenkt.

Andere europäische Länder versuchen, kürzlich eingekaufte Rüstungsgüter an andere Länder weiterzuverkaufen, weil das Geld für deren Unterhalt fehlt. "Mit der Finanzkrise und den Truppenabzügen im Irak und in Afghanistan wird Europa verstärkt versuchen, übrig gebliebene Rüstungsgüter an Drittländer weiterzuverkaufen", sagt Bromley.

Die deutschen Exporte schwächeln

Eine Situation, die Krisenregionen in Asien und Afrika als Abnehmer auch für europäische Waffenproduzenten immer interessanter macht. Damit soll die sinkende Nachfrage in Europa kompensiert werden, warnt Bromley: "Der Markt ist härter geworden. Das bedeutet mehr Konkurrenz, weniger Nachfrage, höherer Preisdruck für die Waffenverkäufer. Das birgt die Gefahr, dass Waffenexporteinschränkungen gelockert werden könnten."

Allein der deutsche Waffenexport ist in den vergangenen drei Jahren um acht Prozent gefallen. Um das wettzumachen, dränge die Waffenlobby, wie in anderen Industrieländern auch, auf Lockerungen von Ausfuhrbeschränkungen. So haben deutsche Waffenhändler gute Chancen, bis zu 900 Panzer an autoritär regierte Staaten wie Saudi-Arabien und Katar zu verkaufen.

Assad deckt sich ein

Auch Gewaltherrscher wie Syriens Baschar al Assad decken sich ein. Vor allem aus russischen Waffenbeständen. Bisher existiert keine Konvention zur Kontrolle globaler Rüstungstransfers. Das könnte sich ändern: Seite gestern verhandeln die Mitgliedsländer der Vereinten Nationen in New York erneut über Beschränkungen der Waffendeals .

Ziel ist ein "Arms Trade Treaty" (ATT). "Die Staaten sollten Rückgrat zeigen, um globale Regeln für Waffentransfers zu verabschieden", fordern Rüstungsgegner wie Amnesty International. Auch Uno-Generalsekretär Ban Ki Moon fordert: Das ATT-Abkommen solle die "höchst möglichen internationalen Standards" für Geschäfte mit Kriegsgütern festschreiben. Deutschland versichert, man wolle ein "robustes" Abkommen.

Den Schwarzmarkt austrocknen

Allerdings: Die geplanten ATT-Regeln würden die Bundesrepublik und andere EU-Staaten bei Rüstungsausfuhren nicht einschränken. Die bestehenden deutschen und EU-Exportbestimmungen gehen weiter als das mögliche internationale Abkommen. Laut dem vorliegenden Entwurf sollen Waffenausfuhren verboten sein, wenn sie Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Kriegsverbrechen ermöglichen. Die Konvention soll zudem den Schwarzmarkt austrocknen. Betroffen wären Kampfpanzer, Artillerie, Kampfjets und -helikopter, Kriegsschiffe und Raketen sowie Kleinwaffen, etwa Sturmgewehre. Der erste Versuch, einen ATT zu vereinbaren, scheiterte im vergangenen Jahr an den USA, Russland und China.

Auch jetzt drohen zähe Verhandlungen. Denn die Staaten müssen im Konsens entscheiden. Jedes Land, auch Syrien, kann sein Veto einlegen. Rüstungsexperten wie Robert Lindner von der Hilfsorganisation Oxfam Deutschland warnen deshalb vor einem "lauen Kompromiss". Zudem bietet der vorliegende Entwurf Schlupflöcher, etwa den geplanten Artikel 5, Absatz 2: Danach darf das Abkommen nicht die Rüstungslieferungen aufgrund eines bestehenden Verteidigungsabkommens zwischen Staaten beeinträchtigen. Moskau hätte damit weiter freie Hand, Syriens Assad-Regime mit todbringender Ware zu versorgen.

Auch China versucht, den Vertrag zu verwässern. Peking will nur kommerzielle Waffentransfers regulieren. Kostenlose Lieferungen oder Tauschgeschäfte sollen ausgenommen sein. China benutzt Schenkungen gezielt in seiner Außenpolitik: So übergab Peking an das Militär in Kambodscha 2010 rund 250 Jeeps und Lkw — zum Nulltarif.

(RP/pst/jco)
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