Köln Politiker entdecken die Gamescom

Köln · Bundeskanzlerin Angela Merkel hat gestern die weltweit größte Video- und Computerspielemesse in Köln eröffnet.Auch andere Politiker zeigten dort in der heißen Wahlkampfphase Präsenz - die Gamebranche bietet viel Potenzial.

Gamescom 2017 in Köln: Eröffnung der Spielemesse mit Angela Merkel
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Angela Merkel eröffnet die Gamescom 2017 in Köln

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Dunkle Anzüge und knallbunte Cosplay-Kostüme trifft man selten am gleichen Ort. Diese unterschiedlichen Welten prallen in diesem Jahr auf der Kölner Video- und Computerspielemesse Gamescom aufeinander.

In den Cosplay-Kostümen stecken Messebesucher, in dunklen Anzügen beispielsweise Politiker. Es ist Wahlkampf, und alle Parteien buhlen um Stimmen in der Bevölkerung. So war Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gestern nicht nur auf den Wahlplakaten rund um das Messegelände zu sehen, sondern persönlich zu Gast in der Domstadt, um die weltgrößte Spielemesse zu eröffnen. Der Konrad-Adenauer-Saal im Congress-Zentrum Nord war bereits eine halbe Stunde vor Beginn der Rede gefüllt, im Saal waren verschiedene Sprachen zu hören - auch international hat die Gamescom sich einen Namen gemacht. Als sich die Kanzlerin im korallroten Blazer nähert, rotieren die Sicherheitsleute - solch hoher Besuch ist Neuland für die Branche.

Diese sucht aber immer stärker bei Politikern Unterstützung: "Weniger als sieben von 100 Euro aus Spieleentwicklungen landen in Deutschland", erklärte Felix Falk, Geschäftsführer des Branchenverbands BIU, der Träger der Messe ist. "Wir wollen mit politischer Unterstützung Games made in Germany zum Exportschlager machen."

Applaus brandet auf, als Angela Merkel die Bühne betritt. "Seit der Mensch denkt, spielt er auch", sagt sie, "Spiele sind auch als Wirtschaftsfaktor von allergrößter Bedeutung." Die Bundesregierung wolle sich aus diesem Grund anschauen, was das diesjährige Partnerland Kanada sowie Frankreich und Polen machten. Deren Förderkonzepte gelten als vorbildlich. "Wir wollen in der nächsten Legislaturperiode alle Akteure zusammenbringen, um auch den deutschen Entwicklern vernünftige Möglichkeiten zu bieten", kündigt Merkel an. Für die Industrie 4.0 seien branchenübergreifende Kooperationen notwendig, um Start-ups zu fördern. "In der digitalen Welt sind wir noch nicht an der Spitze, aber dort wollen wir hin", sagt die Kanzlerin. Auch die digitale Bildung in Schulen solle gestärkt werden.

Die Bundeskanzlerin lobte das Beispiel Estland, wo die Digitalisierung bereits fortgeschritten sei. "Ich verstehe, dass nichts dramatischer ist, als wenn das Spiel nicht läuft - aber nicht, weil man es nicht kann, sondern weil die Leitung so langsam ist", so Merkel. Daher müsse ein geeignetes Umfeld für die digitalen Prozesse geschaffen werden.

Auch der neue NRW-Ministerpräsident Armin Laschet besuchte die Messe: "Es lohnt sich, sich als Politiker mit der Gamescom zu beschäftigen", sagte er. "In diesem Jahr sind so viele Politiker hier wie nie zuvor - nicht nur wegen des Wahlkampfs. Das ist die Lebenswirklichkeit vieler Menschen." Bereits am Eröffnungstag herrschte in allen Hallen reger Betrieb. In diesem Jahr wird das bislang größte Areal für die Gamescom genutzt, zum ersten Mal auch die Halle 1. An den Ständen können die Besucher neue Spiele testen - hierfür nehmen einige Gedränge und stundenlanges Warten in Kauf.

Die Messe ist für Gamer wie Weihnachten im August. Rund 350.000 internationale Privat- und Fachbesucher werden noch bis Samstag erwartet. An mehr als 900 Ständen präsentieren Spieleentwickler ihre neuen Produkte. Das ist Rekord und unterstreicht die Bedeutung der Messe, die 2009 das erste Mal in Köln stattfand. Die aktuellen Trends in diesem Jahr: technische Neuerungen wie "Virtual Reality", bei der Spieler mit speziellen Brillen "ins Spiel" eintauchen, "Augmented Reality", die wie bei Pokémon Go Spiel und Realität verknüpft, und die Professionalisierung von E-Sports - Sportsimulationen am Computer oder an der Konsole.

Der Erfolg des Großevents bleibt übrigens auch anderen Politikern nicht verborgen: Hunderttausende überwiegend junge Besucher sind ein geeignetes Umfeld, um für die Bundestagswahl auf Stimmfang zu gehen. Neben Merkel und Laschet waren gestern die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker, NRW-Familienminister Joachim Stamp (FDP) und SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach vor Ort. Heute eröffnet NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) den Gamescom-Congress. Dort nehmen die Generalsekretäre und Bundesgeschäftsführer von CDU, SPD, Grünen, Linke sowie FDP an einer "Wahlkampf-Arena". Die moderieren die deutschen Youtuber LeFloid, Piet-Smiets und Daniel Budimann (Rocket Beans TV).

(mba)
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