Wolfsburg VW verteidigt Absprachen als übliche Praxis

Wolfsburg · Niedersachsen mahnt nach Aufsichtsratssitzung mehr Informationen an. Der Daimler-Chef schweigt dagegen.

Volkswagen ist sich nach eigener Darstellung keiner illegalen Kartellabsprachen bewusst. Der Konzern sagte im Anschluss an eine außerordentliche Aufsichtsratssitzung, dass die Zusammenarbeit zwischen den Autobauern in vielen Bereichen übliche Praxis sei. Grundsätzlich gelte, dass es in vielen Fällen erforderlich und nicht zu beanstanden sei, wenn Unternehmen die Machbarkeit und Standardisierung neuer Technologien erörterten. "Es ist weltweit üblich, dass Autohersteller sich zu technischen Fragen austauschen, um so die Innovationsgeschwindigkeit zu steigern." Davon profitierten auch die Kunden, weil innovative Lösungen schneller verfügbar und preiswerter seien als aufwendigere Einzelentwicklungen.

Der Betriebsrat, der die Einberufung des Kontrollrats verlangt hatte, erklärte, der Vorstand habe die infrage stehenden Treffen mit Vertretern anderer Unternehmen durch die interne Revision umfassend prüfen lassen und die Wettbewerbsbehörden über mögliche Bedenken bei Einzelfällen informiert. "Damit ist der Vorstand mit dem Thema proaktiv umgegangen", sagte ein Sprecher des Konzernbetriebsrats. Die EU-Kommission geht dem Verdacht illegaler Absprachen der fünf deutschen Automarken VW, Audi, Porsche, Daimler und BMW nach. Sie sollen sich seit den 1990er Jahren in mehr als 60 Arbeitsgruppen über Technik, Lieferanten und Märkte abgestimmt haben.

Kritik kam von Niedersachsen, das mit 20 Prozent an VW beteiligt ist. Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) verlangte, der Aufsichtsrat müsse in entsprechenden Angelegenheiten künftig vollumfänglich informiert werden. Das heißt wohl, dass der VW-Vorstand nicht einmal das Präsidium über die Selbstanzeige informiert hat. Weil forderte den Vorstand auf, eng mit den Kartellbehörden zusammenzuarbeiten. Die Autoindustrie müsse wieder in ruhigeres Fahrwasser kommen.

Mit seiner Erklärung ging Volkswagen weiter als Daimler-Chef Dieter Zetsche. Der hatte die Vorwürfe am Vormittag als "Spekulationen" bezeichnet, zu denen er sich weiter äußern wolle. Verärgert äußerte sich Zetsche über den Ruf von Matthias Wissmann, Chef des Branchenverbands VDA, nach einem Kulturwandel hin zu Null-Fehler-Toleranz bei Rechtstreue: "Ich war überrascht über diese Stellungnahme."

Die Quartalszahlen waren nur Nebensache - und nicht gut. Daimler steigerte trotz starker Pkw-Nachfrage den Gewinn nur leicht. Das Konzernergebnis kletterte um zwei Prozent auf 2,5 Milliarden Euro. Die Daimler-Aktie gab leicht nach.

(rtr)
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