Benrath Ein erfülltes Fußballer-Leben

Benrath · Vor 60 Jahren gewann Wolfgang Sichtling mit den VfL Benrath die Deutsche Amateurmeisterschaft in Hannover. 150 D-Mark und eine goldene Uhr gab es für den Erfolg. Der 82-Jährige erinnert sich an glanzvolle Zeiten.

 Beim VfL Benrath war Wolfgang Sichting Offensivspieler auf halbrechter Position. Mit dem VfL spielte er auch in der Zweiten Bundesliga und besiegte den Lokalrivalen Fortuna Düsseldorf mit 7:0.

Beim VfL Benrath war Wolfgang Sichting Offensivspieler auf halbrechter Position. Mit dem VfL spielte er auch in der Zweiten Bundesliga und besiegte den Lokalrivalen Fortuna Düsseldorf mit 7:0.

Foto: Anne Orthen

Wolfgang Sichting blickt gerade in diesen Tagen auf ein erfülltes Fußballer-Leben zurück. Und dabei ist dem ehemaligen Spieler des VfL Benrath vor allem der 23. Juni 1957 in bester Erinnerung. Als Jüngster gehörte der heute 82-Jährige damals dem legendären Team des VfL Benrath an. Die Mannschaft errang vor nunmehr sechzig Jahren gegen den Berliner Fußballclub Alemannia 90 die Deutsche Amateurmeisterschaft im Niedersachsen-Stadion in Hannover. Vor 80.000 Zuschauern hatte der VfL mit 4:2 gewonnen - in einem mitreißenden Finale, wie die zeitgenössische Fachpresse anerkennend urteilte. "So etwas erlebt man nur einmal im Leben", betont Sichting mit Stolz.

Die unbeschreibliche Freude nach dem Schlusspfiff und die Jubelszenen auf dem Platz sind dem 82-Jährigen immer noch gegenwärtig. Er schwärmt aber auch von der feierlichen Ehrung und dem Bankett im Hotel am Maschsee mit dem damaligen DFB-Präsidenten Peco Bauwens

Bei der Meisterfeier war die Sportprominenz anwesend, angeführt von WM-Trainerlegende Sepp Herberger. Und unvergessen ist für den einstigen Offensivspieler auf der Position halbrechts der triumphale Empfangskorso am Abend darauf: Bei strömendem Regen jubelten Tausende begeisterter Fans den Meister-Spielern am Schloss Benrath zu.

Mehr als 500 Spiele hat Sichting, der in Hettstedt bei Eisleben (damals DDR) aufgewachsen ist, für den VfL Benrath absolviert. Dabei kam er erst 1955 nach Düsseldorf. Unmittelbar nach dem Meister-Triumph, dem vereinsgeschichtlichen Höhepunkt des Traditionsclubs, folgte der Aufstieg in die Zweite Liga West. Damals kam es für Sichting zum unvergessenen Stadtduell gegen Fortuna Düsseldorf, den großen Rivalen. "Vor 13.000 Zuschauern haben wir im Benrather Stadion sensationell mit 7:0 gewonnen", erinnert er sich.

Wolfgang Sichting fand seinerzeit in Benrath nicht nur sportlich eine neue Heimat, sondern fasste auch beruflich bei der Firma Demag Fuß. Als gelernter Maschinenschlosser ging er zur Abendschule und arbeitete sich später zum Techniker hoch. Wenn er seine gute alte Fußballzeit mit dem Spielbetrieb der Gegenwart vergleicht, sieht er eine Riesenveränderung. "Das Spiel ist viel athletischer und schneller geworden", sagte er. "Als Spieler im Mittelfeld hatte man früher immer genügend Zeit und Raum, um Pässe zu schlagen."

Zudem spiele das Geld heutzutage im Fußball die größte Rolle. Sichting: "Für uns stand der Spaß am Fußball im Vordergrund." Finanziell gab es wenig zu gewinnen. Als Beispiel fügt er den Meistertitel an: Die Benrather Kicker bekamen 1957 150 D-Mark und wurden mit einer goldenen Uhr für den Erfolg belohnt. Beklagen will sich Sichting, der nach Beendigung seiner aktiven Zeit als Trainer mit B-Lizenz noch die VfL-Reserve in der Kreisliga A betreute und dabei den Aufstieg in die Bezirksliga zweimal knapp verpasste, aber keineswegs. "Ich habe mein Leben lang vom Fußball profitiert", bekennt er.

Bis ins hohe Fußball-Alter von 60 Jahren hat Sichting, der heute in Hassels wohnt und mit Ehefrau Doris seit 57 Jahren verheiratet ist, hobbymäßig bei den Alten Herren der Demag-Betriebsmannschaft gespielt. Dem aktuellen Bundesligageschehen folgt er vor dem Fernseher.

Über Siege der Borussen aus Dortmund und Gladbach freut er sich am meisten. Und auch vom nationalen Fußballnachwuchs ist Sichting angetan. Den Jungs der U21 hat er gestern Abend im Finale bei der Europameisterschaft die Daumen gedrückt.

(hel)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort