Köln Lehren aus der Kölner Silvesternacht

Köln · Die Silvesternacht 2015, die als "Cologne Attack", weltweite Beachtung fand, stand gestern im Mittelpunkt einer Tagung im Polizeipräsidium der Domstadt. 250 Vertreter aus Polizei, Politik und Wissenschaft fragten nach Hintergründen und Perspektiven.

Dass Flüchtlinge und Migranten in der Silvesternacht 2015 massenhaft vom Kölner Bahnhofsvorplatz Besitz ergriffen, nicht wenige von ihnen Frauen begrapschten und Passanten Geld und Handys abnahmen, hatte die Kölner Polizei völlig überrascht und total überfordert. Die Folgen: Ein Polizeipräsident muste gehen, und die Kölner Nacht war zum weithin gefühlten Symbol eines Staatsversagens geworden. 2016 folgte das Aufatmen nach einem weitgehend gewaltfreien, weil streng bewachten Jahresübergang. Zu der gestrigen Tagung im Kölner Präsidium hatte Polizeipräsident Uwe Jacob 250 Teilnehmer - darunter auch Leverkusens Oberbürgermeister Uwe Richrath und Bürgermeister Bernhard Marewski - eingeladen.

Es wurden die Ergebnisse einer umfänglichen Polizeistudie vorgestellt. Sie fußt auf Befragungen von Experten und von 640 jungen Männern, deren Personendaten bei Kontrollen in der Silvesternacht 2016 festgestellt wurden. Wer sind die jungen Männer?

Der Studie zufolge kommen sie nicht mehrheitlich aus Nordafrika, sondern sind Staatsbürger des Irak (125), Syriens (123), Deutschlands (112) und Afghanistans (74). Viele von ihnen sind jung - nur fünf Prozent älter als 40 -, und sie leben erst kurze Zeit in Deutschland, heißt es in der Untersuchung. 55 Prozent wohnen in einem Asyl- oder Flüchtlingsheim. Von den 640 Befragten sind 289 Asylbewerber. 87 wurden wegen verschiedner Delikte erkennungsdienstlich behandelt. Was die Staatsangehörigkeit angeht, haben die Ermittler allerdings Zweifel. 59 der 640 Befragten gaben falsche Namen an, in 115 Fällen gibt es leichte Abweichungen beim Abgleich der Personendaten.

Was waren ihre Absichten?

Laut Studie gibt es keine Hinweise darauf, dass sich die jungen Männer über ihre Reise abgestimmt oder gar zu Straftaten verabredet hätten. Überörtliche Aufrufe habe es nicht gegeben. Der überwiegende Teil, so die Studie, wollte "einfach nur feiern". Auch hätten sich die Männer spontan zur Reise nach Köln entschlossen - 55 Prozent gaben an, am selben Tag - und seien überwiegend allein oder in kleinen Gruppen gekommen.

Was sagen Experten?

Auch zu Silvester 2017 sei wieder mit "erheblichen Anreisen" zu rechnen. Faktoren für einen erfolgreichen Einsatz seien "Polizeipräsenz, Ansprechbarkeit, niedrige Einschreitschwelle und hoher Kontrolldruck".

Lehren für die Zukunft?

"Wir wollen aus der Vergangenheit lernen", sagte Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker. Die Stadt habe eine "neue Sicherheitsstruktur" entwickelt mit deutlich mehr Personal und verbesserter Kommunikation. Sie springe künftig als Veranstalter bei Großereignissen ein, "wenn es keinen Veranstalter gibt", so etwa zu Silvester, Karneval und Christopher Street Day.

(bu)
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