Putin und Poroschenko Frostige Blicke und Sprachlosigkeit

Mailand · Stundenlang verhandelte Wladimir Putin mit den EU-Spitzen über die Ukraine-Krise. Die Bilder vom Verhandlungstisch aus Mailand vermitteln große Anspannung. Nur wenige Stunden nach der ersten Beratung lässt der Keml die EU-Größen kühl auflaufen.

Wladimir Putin grüßt frostig in Mailand
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Bilder aus der Eiszeit - Merkel trifft Putin in Mailand

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Das Krisentreffen zum Ukraine-Konflikt in Mailand sollte in entscheidenden Punkten Fortschritte bringen. Friedensplan, Waffenstillstand, Gasstreit. Zwar ließ Ruslands Präsident am Abend zunächst Kanzlerin Angela Merkel sitzen. Doch beriet man dann doch über mehrere Stunden gemeinsam an einem Tisch mit dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko.

Einen Einblick in die Stimmung verleihen gemeinhin die öffentlichen Stellungnahmen der Staatschefs. Zwischen den Zeilen lässt sich heraushören, in welchen Bereichen es Gemeinsamkeiten gab, in welchen die Darstellungen auseinandergehen.

Ein Gipfel wie ein Spiegel des Konflikts

Der Gipfel von Mailand ähnelte in dieser Hinsicht aber mehr dem Konflikt in der Ost-Ukraine. Es gehört zu den typischen Begleiterscheinungen dieses Krieges, dass beteiligte Akteure Ereignisse völlig unterschiedlich darstellen und dass Informationen unzuverlässig sind.

Jüngstes Beispiel: Die Nato bezweifelt den unlängst von Putin angekündigten Abzug der Truppen von der russisch-ukrainischen Grenze. Dabei hatte Moskaus Versprechen Hoffnung auf Entspannung in der schwersten Krise in Europa seit dem Kalten Krieg genährt. Nun aber zeigt sich abermals: Die Beziehungen sind längst von Misstrauen und Skepsis durchsetzt.

Das spiegelte sich in Mailand im Umgang, in den Blicken und Gesten. Aufnahmen zeigen Putin und Poroschenko mit angespannt ernster Miene am Verhandlungstisch. Zwischen ihnen sitzen Kanzlerin Merkel und Frankreichs Präsident Hollande mit irritierend fröhlichem Lachen.

Kreml widerspricht deutlich

Die Unfähigkeit eine gemeinsame Sprache, geschweige denn ein gemeinsames Handeln zu erzielen, zeigte sich am Freitagmorgen nur wenige Stunden nach dem Ende der ersten Beratungen. "Es war gut, es war positiv", sagte Putin nach dem ersten Austausch. "Ich denke, wir haben einen Schritt nach vorne gemacht", sagte auch der italienische Regierungschef und Gastgeber Matteo Renzi. Es gebe "viele Differenzen", aber er sehe einen echten Willen, eine Lösung zu finden.

180 Grad entgegengesetzt äußerte sich aber am Freitag offiziell der Kreml und widersprach damit nicht nur in aller Deutlichkeit der wohlwollenden Interpretation der Führungskräfte aus der EU, sondern auch Putin. "Einige Teilnehmer des Mailänder Frühstücks zeigten keinen großen Willen, die Lage in der Ukraine objektiv zu erörtern", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge. Er kritisierte eine "absolut voreingenommene" Haltung einiger Teilnehmer.

Noch nicht einmal für eine Basis reicht es

Noch nicht einmal eine gemeinsame Situationsbeschreibung haben die Gesprächspartner demnach hinbekommen. Auch der ukrainische Außenminister Pawel Klimkin äußerte sich skeptisch und sprach von "schwierigen" Verhandlungen. "Es gibt viele Fragen, und diese Fragen sind kompliziert." Westliche Politiker hatten sich zuvor wesentlich optimistischer geäußert.

Das Krisengespräch war am Rande des Europa-Asien-Gipfels organisiert worden. Neben Kremlchef Wladimir Putin und dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko saßen führende EU-Politiker um Bundeskanzlerin Angela Merkel und Gastgeber Matteo Renzi am Verhandlungstisch.

Kremlsprecher Peskow kündigte noch für Freitag ein weiteres Gespräch an. Daran sollten Putin, Merkel, Poroschenko und Frankreichs Staatschef François Hollande teilnehmen. Auch ein bilaterales Treffen Putins mit Poroschenko in Mailand schloss Peskow nicht aus.

Merkel bereitete tief in der Nacht alles vor

Der Westen und die Führung in Kiew werfen Moskau vor, die prorussischen Separatisten in der Ostukraine zu unterstützen. Als Konsequenz wurden umfangreiche Wirtschaftssanktionen gegen Moskau verhängt. Der Kreml weist die Vorwürfe zurück und kritisiert die Strafmaßnahmen als feindselig.

Putin verlangt, die Sanktionen aufzuheben. Das haben die Europäer bisher mit der Erklärung abgelehnt, Vereinbarungen wie ein Waffenstillstand in der Ostukraine oder eine ausreichende Grenzüberwachung seien nicht ausreichend eingehalten worden.

Merkel hatte das Spitzentreffen bis tief in die Nacht mit Putin vorbereitet. Die beiden Politiker trafen sich am Donnerstagabend um 23.15 Uhr in Merkels Hotel in der Innenstadt von Mailand. Die Zusammenkunft endete erst knapp zweieinhalb Stunden später. Am frühen Abend hatte die Kanzlerin schon Poroschenko getroffen.

Bei den Gesprächen ging es maßgeblich auch um die europäischen Ängste, Russland könne im Winter den Gashahn in Richtung Westen zudrehen. "Russland erfüllt seine Verpflichtungen gegenüber den europäischen Verbrauchern vollständig", hatte Putin vor den Verhandlungen gesagt.

Sollte die Ukraine allerdings wie 2008 den ungehinderten Gastransit nach Europa verhindern, werde Moskau ähnlich wie damals reagieren. 2009 hatte Russland der Ukraine den Gashahn zugedreht, wodurch es auch zu Lieferausfällen in Europa kam.

(dpa REU)
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