Milliardenschwere Wahlversprechen Union beschließt Regierungsprogramm

Berlin · Die Unionsparteien haben am Sonntag in seltener Einmütigkeit ihre Ziele für einen Wahlsieg beschlossen. Setzt die Union ihr "Regierungsprogramm" um, kostet das Milliarden. Für den Koalitionspartner FDP ist vieles nicht finanzierbar - sie hält dagegen. Ob die Profilierungsversuche den Wähler überzeugen?

Bei einer Sitzung in Berlin beschlossen mehr als 100 Vorstände von CDU und CSU in Berlin einstimmig das "Regierungsprogramm 2013 - 2017". Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel sprach im Anschluss an die Beratungen von einem "Programm von Maß und Mitte", das darauf setze, die Bürger nicht zusätzlich zu belasten und ihnen Freiraum zu bieten.

In dem 125 Seiten starken Programm mit dem Titel "Gemeinsam erfolgreich für Deutschland", das am Montag auf einem Kongress öffentlich vorgestellt werden soll, bekennen sich CDU und CSU zur Haushaltskonsolidierung, versprechen aber auch Verbesserungen für ältere Mütter bei der Rente, für Familien sowie Investitionen in Infrastruktur und Bildung. Geplant sind auch eine Mietpreisbremse und ein branchenspezifischer und regional festgelegter Mindestlohn. Steuererhöhungen lehnt die Union ab.

Auch CSU-Chef Horst Seehofer zeigte sich zufrieden mit dem Programm. Dieses sei ein "erstklassiges Zukunftsangebot", das auf einem "Kompass aus Sparen und Investieren" beruhe. "Sie brauchen beide Pfeiler: solide Finanzen wie auch Investitionen in Zukunftsbereiche, wenn Sie auch Zukunft gewinnen wollen", sagte er.

Die Unio versucht in ihrem Programm einen Spagat zwischen milliardenschweren Wahlversprechen und Konsolidierung. FDP-Chef und Vizekanzler Philipp Rösler hielt dem Koalitionspartner mit Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel an der Spitze vor, er habe sich vom "süßen Gift des Geldausgebens" verleiten lassen. Andere prominente Freidemokraten schlossen sich der Kritik an.

Kritik der Opposition

Die Opposition verurteilte das rund 120 Seiten dicke Unionspapier mit dem Titel "Regierungsprogramm für Deutschland 2013-2017" erwartungsgemäß. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier warf Merkel "Wahlbetrug mit Ansage" vor, weil ihre Versprechen unter dem Vorbehalt der Finanzierbarkeit stehen. Der Deutschen Presse-Agentur dpa sagte er: "Merkels Programm ist ein Märchenbuch."

Etwa 120 führende Politiker von CDU und CSU legten am Sonntag bei einem Treffen in Berlin unter Führung von Merkel und CSU-Chef Horst Seehofer letzte Hand an das Wahlprogramm an. Es wurde eine breite Mehrheit für das im Entwurf bekannte Papier erwartet. An diesem Montag wollen die Parteichefs ihr "Regierungsprogramm" bei einem Kongress in Berlin mehr als 600 Mandatsträgern vorstellen.

Kampf gegen Altersarmut

Die Union will die Wähler mit Vorhaben für Familien und zum Kampf gegen Altersarmut, für Bildung und Forschung sowie den Straßenbau überzeugen. Ähnlich wie die SPD plant sie eine Mietpreisbremse.

Steuererhöhungen soll es nicht geben. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hält trotz der teuren Wahlversprechen und Milliarden- Kosten zur Beseitigung der Flutschäden am Schuldenabbau von 2015 an fest. Das geht aus dem Entwurf für den Haushalt 2014 und den Finanzplan bis 2017 hervor. Trotzdem sieht die Union für ihre geplanten Investitionen angesichts erwarteter Steuermehreinnahmen und Umschichtungen im Haushalt Spielräume.

Eine Koalitionsaussage zugunsten des Regierungs- und weiteren Wunschpartners FDP war im Wahlprogramm nicht vorgesehen. Die Freidemokraten wollen Kernanliegen der Union wie in der zurückliegenden Legislaturperiode auch künftig nicht mitmachen. Die FDP hält viele Projekte für unfinanzierbar.

"Das ist alles sehr weich formuliert"

FDP-Chef Rösler nannte die Unionsfestlegung auf eine höhere Mütterrente von 2014 an im "Handelsblatt" (Montag) nicht finanzierbar. Im Wahlprogramm von CDU/CSU sei zudem kein hartes Dementi zu finden, das einen höheren Spitzensteuersatz ausschließe.

"Das ist alles sehr weich formuliert." FDP-Vize Christian Lindner bemängelte in der Wirtschaftszeitung "Euro am Sonntag": "In Europa fordern wir Stabilität, in Deutschland kommen Spendierhosen in Mode." Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr warf der Union im "Spiegel" vor, sie "verfolgt in ihrem Wahlprogramm einen falschen Ansatz".

Trotz der Kritik schloss Rösler eine Koalition mit SPD und Grünen aus. "Eine Ampel passt inhaltlich nicht und ist deshalb für uns auch kein Thema." Zugleich kündigte er eine Zweitstimmenkampagne an. Bei der Landtagswahl in Niedersachsen hatte die FDP im Januar nach einer Zweitstimmenkampagne auf Kosten der CDU ein Ergebnis von knapp 10 Prozent erreicht. Folge massiver CDU-Verluste war ein Regierungswechsel hin zu Rot-Grün.

Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) wies die Vorwürfe der Liberalen in der "Welt am Sonntag" zurück. Die FDP solle "vor allem Rot-Grün und die Linken angreifen". Er ergänzte: "Mancher Kommentar aus den Reihen der FDP an unseren Vorstellungen war zudem sachlich nicht zutreffend." Kritik kam aber auch aus den eigenen Reihen. Der Chef der Mittelstandsvereinigung von CDU und CSU, Josef Schlarmann, sagte im Deutschlandfunk, es werde alles "sehr wohlgefällig dargestellt, (...) aber es werden keine Schwerpunkte gesetzt".

(dpa/nbe/pst)
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