Jerusalem-Status Merkel mit Trumps Entscheidung nicht einverstanden

Berlin · Deutliche Worte der Bundeskanzlerin: Angela Merkel (CDU) hat den Alleingang von US-Präsident Donald Trump zur Anerkennung von Jerusalem als Hauptstadt Israels kritisiert. Die Bundesregierung sei mit der Entscheidung Trumps "nicht einverstanden."

Das sagte Merkel am Donnerstag nach einem Treffen mit dem libyschen Ministerpräsidenten Fajis al-Sarradsch in Berlin. Sie wünsche sich eine Wiederbelebung der Verhandlungen über eine Zwei-Staaten-Lösung, in deren Rahmen auch der Status von Jerusalem verhandelt werden müsse.

Mit Blick auf ein mögliches stärkeres Engagement Europas oder Deutschlands im Nahost-Friedensprozess sagte die Kanzlerin, die EU könne sich dabei zwar mit einbringen, aber alleine werde Europa keine Lösung für die Region finden. Dazu seien auch die USA notwendig. Deutschland halte sich hier an die einschlägigen UN-Resolutionen. Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini hatte angekündigt, die EU wolle versuchen, eine aktivere Rolle im seit Jahren festgefahrenen Nahost-Friedensprozess übernehmen.

Hamas ruft Intifada aus

Derweil hat die radikalislamische Hamas zu einer neuen Intifada aufgerufen. Der neue Aufstand ziele "ins Gesicht des zionistischen Feindes", sagte Hamas-Anführer Ismail Hanijeh am Donnerstag bei einer TV-Ansprache in Gaza. Dies sei die einzige Art, mit der "zionistischen Politik" umzugehen. Der Freitag müsse ein Tag des Zorns und der Beginn einer Jerusalem-Intifada sein, forderte Hanijeh.

Bei anhaltenden Protesten gegen die US-Entscheidung kam es am Donnerstag in verschiedenen Städten im Westjordanland, im Gazastreifen und in Ostjerusalem zu Zusammenstößen zwischen Palästinensern und dem israelischen Militär. Die palästinensische Nachrichtenagentur Maan gab die Zahl der Verletzten unter Berufung auf das palästinensische Gesundheitsministerium und den Roten Halbmond mit über 50 an.

Die israelische Armee setzte demnach unter anderem Tränengas, Gummigeschosse und scharfe Munition gegen die Demonstranten ein.
Polizeiangaben zufolge blockierten Dutzende Demonstranten eine Hauptstraße in Ostjerusalem und warfen mit Flaschen und Gegenständen auf die Einsatzkräfte. Drei Personen wurden festgenommen.

Palästinenserpräsident Mahmud Abbas traf unterdessen laut Medienberichten mit dem jordanischen König Abdullah II. zusammen, um die US-Entscheidung zu diskutieren. Abdullah II. versprach Abbas dabei volle Unterstützung im Bemühen um den Erhalt historischer Rechte in Jerusalem und der Errichtung eines unabhängigen Palästinenserstaates.

Kritik von allen Seiten an Trump

Der palästinensische Botschafter beim Heiligen Stuhl, Issa Kassissieh, erhob schwere Vorwürfe gegen US-Präsident Trump. Dieser habe "sämtliche rote Linien überschritten", sagte der Botschafter am Donnerstag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Rom. Es sei Zeit für Israel, die Eigenstaatlichkeit Palästinas innerhalb der Grenzen von 1967 anzuerkennen. "Andernfalls treten wir in einen langen, dunklen Tunnel ein", warnte Kassissieh. Niemand wisse, was am anderen Ende sein werde.

Die Botschafterin von Palästina in Deutschland, Khouloud Daibes, bezeichnete Trumps Erklärung als Schlag gegen eine friedliche Lösung und gegen moderate Kräfte in der Region. Die Konsequenzen seien unberechenbar, warnte sie am Donnerstag im ZDF-Morgenmagazin. Die Palästinenser erwarteten nun von der internationalen Gemeinschaft eine Anerkennung des Staates Palästina mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt.

Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) warnte davor, den Konflikt um den Status von Jerusalem religiös anzuheizen. Dieser Status müsse politisch geklärt werden, sagte ZdK-Präsident Thomas Sternberg am Donnerstag der KNA in Bonn. "Man sollte daraus nicht auch noch einen religiösen Konflikt machen." Zugleich kritisierte Sternberg das Vorgehen Trumps. Es drohe ein Flächenbrand im Nahen Osten.

(felt)
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