ARD-Deutschlandtrend Ursula von der Leyen spaltet die Nation

Köln · Fast jeder zweite Deutsche ist nicht einverstanden mit der Berufung von Ursula von der Leyen (CDU) als neue Verteidigungsministerin. In mehreren Umfragen ist die Zahl Ihrer Befürworter in der Minderheit. Viele halten einen Mann für eine bessere Wahl. Derweil ließ von der Leyen im Ministerium bereits Köpfe rollen.

Das Kabinett Merkel im Check
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Nachdem das Kabinett vereidigt ist, bombardieren die Institute die deutschen Bürger mit Umfragen. Im Focus steht insbesondere die große Überraschung in Merkels Ministerrunde: Ursula von der Leyen. Erstmalig übernimmt mit ihre eine Frau das Verteidigungsressort. Und offensichtlich tun sich viele Deutsche mit dieser Vorstellung noch schwer.

So halten im ARD-Deutschlandtrend 43 Prozent der Befragten die CDU- Politikerin für keine gute Wahl. 40 Prozent sind anderer Meinung und sprechen von einer guten Besetzung. 16 Prozent der Bürger meinen, dass sie das nicht beurteilen können.

Noch deutlicher fallen die Ergebnisse einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov aus: Hier beträgt die Ablehnungsquote bei 48 Prozent. Nur 30 Prozent finden Von der Leyen gut.

Das Geschlecht spielt bei der Bewertung erstaunlicherweise für viele eine wichtige Rolle. Mehr als jeder Dritte, in Zahlen 34 Prozent, meint, den Job sollte wie bisher ein Mann machen. Auch von den befragten Frauen finden noch 29 Prozent, die Leitung des Verteidigungsministeriums sollte eine Männerdomäne bleiben.

Auch hier ist das Meinungsbild gespalten in Zustimmung und Ablehnung: Denn dass erstmals eine Frau das Kommando über die Bundeswehr übernimmt, findet fast die Hälfte der Befragten (48 Prozent) gut. Den Sprung vom Verteidigungsministerium ins Kanzleramt trauen von der Leyen nur 30 Prozent zu. 50 Prozent meinen, der 55-Jährigen fehlen die Fähigkeiten dazu.

Im Ausland ist eine Frau als oberste Chefin der Verteidigung bereits politischer Alltag. Auch in großen und militärisch breit aufgestellten Ländern wie Frankreich und Spanien diente bereits eine Frau als Verteidigungsministerin.

Die Deutschen fremdeln in großen Teilen noch. Nicht nur in Umfragen, sondern auch im Internet wurde das Geschlecht von der Leyens direkt oder indirekt thematisiert. Auch Kabarettisten haben einen Narren an ihr gefressen. Urban Priol etwa spricht von ihr als Ursel von der Truppe. Ein Komiker des ARD-Magazins "Bericht aus Bonn" twitterte ein Bild von ihr als Lara Croft und musste sich Sexismus vorwerfen lassen.

Von der Leyen kündigte in ihren ersten Amtstagen an, die Bundeswehr breiter in der Gesellschaft verankern zu wollen. Sie steht vor schwierigen Aufgaben. Das Ministerium gilt als schwierig, zudem befindet sich die Bundeswehr in einem komplexen Umbauprozess.

Der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes formulierte bereits erste Forderungen. Von der Leyen solle Fehler bei der Bundeswehrreform rasch korrigieren. Zwar seien Pannen bei einem derart komplexen Reformprojekt kaum vermeidbar, sagte André Wüstner dem Bayerischen Rundfunk am Donnerstag. Notfalls müsse dann aber eben entschieden werden: "In diesem Sektor haben wir eine falsche Entscheidung getroffen, die muss revidiert werden, wie es in großen Unternehmen auch der Fall ist."

Wüstner forderte von der neuen Oberbefehlshaberin über die Truppe "ein neues Nachwuchsgewinnungsprojekt, ein Attraktivitätsprogramm, um die klügsten Köpfe und geschicktesten Hände zu gewinnen". Momentan gebe es noch kein akutes Nachwuchsproblem, da die abgeschaffte Wehrpflicht noch etwas nachwirke. "Aber die Qualität des Personals nimmt schon leicht ab", warnte der Verbandsvorsitzende.

Dass sie Entscheidungen nicht scheut, stellte Von der Leyen bereits zwei Tage nach ihrem Amtsantritt unter Beweis. Als neue Hauschefin setzte sie in einer ihrer ersten Amtshandlungen einen der erfahrensten Spitzenbeamten vor die Tür: Am Donnerstag entließ sie den beamteten Staatssekretär Rüdiger Wolf wie ein Ministeriumssprecher inzwischen bestätigte. Wolf war im Frühjahr im Zuge der "Euro Hawk"-Affäre zusammen mit dem zweiten beamteten Staatssekretär Stéphane Beemelmans massiv in die Kritik geraten.

Von der Leyens Vorgänger Thomas de Maizière (CDU) hatte ihnen vorgeworfen, ihn über die Probleme bei dem gescheiterten Drohnen-Projekt unzureichend informiert zu haben. Nachfolger von Wolf wird Gerd Hoofe, den von der Leyen aus dem Arbeitsministerium mitbringt. Beemelmans, ein enger Vertrauter de Maizières, bleibt trotz des Wechsels an der Ministeriumsspitze im Amt.

Abgesehen von den Aussagen zur Person Ursula von der Leyen beförderte der ARD-Deutschlandtrend noch einige weitere interessante Ergebnisse zutage.

Vertrauen So genießt von den 15 Ministern im neuen Kabinett Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) das größte Vertrauen der Befragten. 61 Prozent meinen, er eigne sich für seinen Job. Frank-Walter Steinmeier (SPD) kommt auf 60 Prozent Zustimmung, Sigmar Gabriel (SPD) und Manuela Schwesig (SPD) auf 53 Prozent.

Hingegen schlägt nicht nur Frau von der Leyen Skepsis entgegen, sondern auch dem neuen Verkehrsminister, Alexander Dobrindt von der CSU. Auch er wird als ungeeignet für seinen Job angesehen - vermutlich eine Folge seiner oftmals provokativen Rhetorik als Generalsekretär.

Popularität Einige Newcomer im Kabinett sind kaum bekannt. Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) kennen nur 18 Prozent, Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) 20, Justizminister Heiko Maas (SPD) 25 Prozent und Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) 27 Prozent. Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) kennen dagegen schon 62 Prozent.

Umfragewerte Der Start in die große Koalition scheint in der Wählergunst vor allem der SPD zugute zu kommen. So verzeichnet der Deutschlandtrend verzeichnet einen leichten Anstieg für die Sozialdemokraten und leichte Einbußen für die Union. CDU und CSU verlieren in der sogenannten Sonntagsfrage einen Prozentpunkt und kommen damit auf 42 Prozent der Wählerstimmen. Die SPD hingegen gewinnt zwei Prozentpunkte und erhält 27 Prozent.

Grüne und die Linke verlieren jeweils einen Prozentpunkt: Neun Prozent würden für die Grünen und acht Prozent für die Linken stimmen. Die FDP und die eurokritische Alternative für Deutschland (AfD) liegen weiterhin mit jeweils vier Prozent unter der Fünf-Prozent-Hürde.

Mit Agenturmaterial

(pst)
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