Bosbach, Dobrindt, Söder, Schäffler Was treibt die Euro-Rebellen?

Berlin · Der schwer erkrankte Wolfgang Bosbach (CDU) denkt in seiner Skepsis gegenüber Rettungs-Milliarden anders als die CSU'ler Alexander Dobrindt und Markus Söder nicht zuerst an die nächste Wahl, eher an die nächste Generation. Frank Schäffler (FDP) gibt als Marktliberaler keine Ruhe.

 Wolfgang Bosbach (CDU) verweigert sich konsequent dem Eurokurs der Kanzlerin.

Wolfgang Bosbach (CDU) verweigert sich konsequent dem Eurokurs der Kanzlerin.

Foto: dpa, Soeren Stache

Koalitions-Streit taugt nichts, am wenigsten vor Wahlen. Warum also sucht CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt den offenen Schlagabtausch im schwarz-gelben Bündnis? Warum trampelt Dobrindt auf außen- und europolitischem Terrain und zugleich auf den Nerven der Kanzlerin rum?

 Markus Söder (CSU) hat schon in seinen Tagen als ehemaliger CSU-Generalsekretär gerne Tacheles geredet.

Markus Söder (CSU) hat schon in seinen Tagen als ehemaliger CSU-Generalsekretär gerne Tacheles geredet.

Foto: dpa, dpa

Es gab einmal im Bonner Bundestag den legendären Versprecher des Kanzlers Helmut Kohl, CDU/CSU und FDP sollten "pfleglich miteinander untergehen". Kohl wollte natürlich "umgehen" sagen. Für den Spott brauchte er anschließend nicht zu sorgen.

 Frank Schäffler (FDP) ist überzeugter Marktliberaler.

Frank Schäffler (FDP) ist überzeugter Marktliberaler.

Foto: AFP, AFP

Was, wenn Dobrindt nur ausspricht, was viele denken?

Gestern schwieg die durch Dobrindts Brachialmethode ("Ich sehe Griechenland 2013 außerhalb der Eurozone", "EZB-Chef Draghi ist der Falschmünzer Europas") düpierte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) wurde dagegen laut. Sie sprach von Gequatsche, dem Seehofer ein Ende machen müsse.

Was aber ist, wenn Dobrindt sagte, was Seehofer und viele in der bang auf die Bayern-Wahl in einem Jahr schauende CSU denken? Eine Emnid-Umfrage signalisiert der CSU 46 bis 47 Prozent; SPD, Grüne, Freie Wähler, Piraten erreichen die gleiche Prozentzahl. Dobrindt ist nicht der erste Generalsekretär, der ein populäres Thema (Griechen raus aus dem Euro) für Grobheiten nutzt: Für Generalsekretäre gilt die alte Formel, dass man das Eisen schmieden muss, solange es heißt ist.

Söder - Mann mit starken Nerven

Massiv kritische Reaktionen aus der CDU, FDP und CSU-Landesgruppe zeigten, dass Dobrindts Schmiedearbeit nicht als hohe Kunst verstanden wird, im Gegenteil. Und Horst Seehofer? Der wollte lieber kein Öl mehr ins Koalitionsfeuer gießen; er riet vage dazu, sich jetzt nicht an Euro-Austritts-Spekulationen zu beteiligen.

Markus Söder, als Bayerns Finanzminister einer der CSU-Anwärter aufs Zepter nach den Seehofer-Jahren, werden seit eh und je eigennützige Motive unterstellt, was immer er tut oder unterlässt. Söder hat starke Nerven; wenn er die Griechen zum Verlassen der Euro-Zone drängt ("Athen die Zähne zeigen", "ein Exempel statuieren"), will er signalisieren: Ich trau mich was, ich kusche vor niemandem in Berlin, Brüssel, Athen.

Bosbach - eindrucksvoll tapfer

Aus der CSU-Fraktion im Münchner Landtag hieß es zu Dobrindt und Söder, deren Tonfall sei vielleicht ein Problem, in der Sache sagten beide über die Eurohilfen, "was viele bei uns denken", nämlich: Irgendwann sei Schluss für den, der die Rettungs-Bedingungen nicht erfülle.

Wolfgang Bosbach, der rheinische Spitzen-Christdemokrat und Kritiker der Eurorettung um fast jeden Preis, weiß als Bürgerlich-Konservativer, Maß und Mitte zu wahren. Da er schwer erkrankt ist, wird ihm niemand unterstellen, er rede wie Söder oder Dobrindt über Athen und denke an die Bayern-Wahl oder an seine Karriere.

Bosbach, der im "Spiegel" eindrucksvoll tapfer über die ihm verbleibende Zeit redet, spricht in seiner Skepsis gegenüber Rettungs-Milliarden weniger wie ein Politiker, eher wie ein Staatsmann, dem es bekanntlich zuerst um die nächste Generation geht.

Frank Schäffler: ein Überzeugungstäter

Der FDP-Bundestagsabgeordnete Frank Schäffler hat bislang noch gegen fast jede koalitionäre Rettungsmaßnahme gestimmt. Der Westfale versteht sich als purer Marktliberaler. Die Ankäufe von Staatsanleihen durch die Europäische Zentralbank ist für Schäffler Teufelszeug.

Den permanenten europäischen Rettungsschirm hat er so intensiv und so medienwirksam bekämpft, dass die FDP einen Mitgliederentscheid zu der Frage zulassen musste. Knapp konnte sich die FDP-Führung um Philipp Rösler behaupten. Schäffler hat danach keine Ruhe gegeben. Zugeständnisse an Griechenland lehnt er ab. Als Euro-Rebell sieht er sich nicht. "Ich habe nichts gegen den Euro, sondern gegen die Neuschreibung seiner Regeln."

Statt Geldwertstabilität werde die geografische Stabilität der Eurozone verfolgt. Davon profitierten Banken und Staaten als größte Schuldner, doch wir Sparer würden dafür mit Geldentwertung bezahlen. In der Partei und in der Fraktion wird Schäffler gelegentlich wie ein Aussätziger behandelt, viele Feinde hat er sich geschaffen, als Obmann der Liberalen im Finanzausschuss ist er zurückgetreten. An der Basis erfährt der überzeugte Ordnungspolitiker indes viel Zuspruch.

(brö)
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