Ukraine Vitali Klitschko erklärt Kandidatur bei Präsidentschaftswahl

Düsseldorf · Die für Dienstag geplante Bildung einer Übergangsregierung in der Ukraine ist um zwei Tage verschoben worden. Als neuen Termin nannte Übergangspräsident Alexander Turtschinow den Donnerstag. Indessen verkündete Vitali Klitschko, bei der Präsidentschaftswahl kandidieren zu wollen.

 Vitali Klitschko will in der Ukraine zur Wahl antreten.

Vitali Klitschko will in der Ukraine zur Wahl antreten.

Foto: afp, ss/MS

In der krisengeschüttelten Ukraine hat das Parlament die Wahl einer Übergangsregierung auf diesen Donnerstag verschoben. Spätestens dann müsse aber ein "Kabinett des nationalen Vertrauens" stehen, forderte Parlamentschef und Interimspräsident Alexander Turtschinow am Dienstag. Die Fraktionsvorsitzenden und zuständigen Komitees arbeiteten "Tag und Nacht", sagte Turtschinow im Parlament. Zuvor hatte er gemahnt, die Regierung bis Dienstag zu wählen.

Parlamentsvize Ruslan Koschulinski betonte aber, es gebe noch keine Einigung. Die Partei von Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko forderte erneut, Aktivisten der Protestbewegung einzubinden.

Oppositionspolitiker und Ex-Boxweltmeister Vitali Klitschko hat am Dienstagmittag seine Kandidatur für die Präsidentschaftswahl erklärt. Er werde bei dem Urnengang am 25. Mai antreten, sagte Klitschko am Dienstag. "Ich bin überzeugt, dass wir die Prinzipien und Spielregeln in der Ukraine komplett ändern müssen, wir müssen die Gerechtigkeit wiederherstellen." Der 42-Jährige Chef der Udar-Partei war eine der führenden Persönlichkeiten der Protestbewegung gegen den abgesetzten ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch.

Auch die frühere Ministerpräsidentin Julia Timoschenko will offenbar bei der Wahl kandidieren. Die "Bild"-Zeitung berichtete am Dienstag, Timoschenko habe gegenüber Vertretern ihrer Partei gesagt, "definitiv" bei der Wahl antreten zu wollen.

Hilfe muss "rasch und umfassend" sein

Die USA, der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Europäische Union haben bereits ihre Bereitschaft zu Finanzhilfen signalisiert, um dem nach dreimonatigen Massenprotesten in seinen Grundfesten erschütterten Land wirtschaftlich auf die Beine zu helfen. Das Finanzministerium in Kiew bezifferte den Finanzbedarf bis Ende 2015 auf umgerechnet 25 Milliarden Euro und schlug eine internationale Geberkonferenz vor.

Das Auswärtige Amt plädiert dafür, mögliche Finanzhilfen für die Ukraine an strikte Bedingungen zu knüpfen. "Voraussetzung für Hilfen ist politische Stabilität und eine Übergangsregierung, mit der man verbindlich einen Hilfs- und Stabilisierungsplan entwickeln kann", sagte der für Europaangelegenheiten zuständige Staatsminister Michael Roth (SPD) zu "Handelsblatt Online". Europäische Hilfe müsse zwar "rasch und umfassend" erfolgen, aber auch mit den USA, dem IWF und Russland abgestimmt werden. "Eine instabile und zahlungsunfähige Ukraine ist eine große Gefahr für Europa und alle Nachbarn", sagte Roth.

Moskau erkennt Turtschinow nicht an

Janukowitsch war am Samstag vom Parlament abgesetzt worden, nachdem die Opposition die Macht in der Volksvertretung übernommen hatte. Gegen ihn und rund 50 weitere Funktionäre sowie Vertreter der Sicherheitsdienste wurde Haftbefehl wegen "des Massenmords an friedlichen Zivilisten" erlassen, wie Übergangs-Innenminister Arsen Awakow mitteilte.

Janukowitschs einstweiliger Nachfolger Turtschinow, ein Vertrauter der aus dem Gefängnis freigelassenen Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko, wird von Moskau nicht voll anerkannt. "Es erscheint mir als eine Verirrung, für legitim zu halten, was in Wahrheit das Ergebnis einer bewaffneten Revolte ist", sagte der russische Ministerpräsident Dmitri Medwedew am Montag. Sein Außenministerium warf der neuen Führung in Kiew "diktatorische und teils terroristische Methoden" vor.

Während sich der russische Außenminister Sergej Lawrow am Dienstag am Rande eines Besuchs in Luxemburg äußern dürfte, wurde in Kiew US-Vizeaußenminister William Burns erwartet. Burns ist der ranghöchste Vertreter Washingtons, der dem Krisenland seit Dezember einen Besuch abstattet. Auch die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton wollte ihre zweitägigen Gespräche in Kiew fortsetzen, der britische Außenminister William Hague kündigte ebenfalls eine baldige Visite an.

Die Staatskrise in der Ukraine führte am Montag schon zu einem Anstieg der Ölpreise. Analysten führten dies auf Befürchtungen zurück, dass Russland seine Erdgaslieferungen aus Ärger über die Entwicklungen in Kiew aussetzen könnte.

(AFP/dpa)
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