Berlin Verfassungsgericht wirft Euro-Bankern Rechtsbruch vor

Berlin · Karlsruhe zufolge überschritt die EZB mit ihrem Anleihekauf-Programm ihre Kompetenzen.

 Karlsruhe zufolge überschritt die EZB mit ihrem Anleihekauf-Programm ihre Kompetenzen.

Karlsruhe zufolge überschritt die EZB mit ihrem Anleihekauf-Programm ihre Kompetenzen.

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Das Bundesverfassungsgericht hat in einer weitreichenden Entscheidung das Kernstück der Euro-Rettung infrage gestellt: Die Europäische Zentralbank (EZB) habe mit ihrer Ankündigung, notfalls unbegrenzt Staatsanleihen von Euro-Krisenländern aufzukaufen, ihre Kompetenzen überschritten, erklärte das Karlsruher Gericht gestern. Die endgültige Entscheidung darüber obliege aber dem Europäischen Gerichtshof (EuGH), da die Zentralbank eine europäische Institution sei. Erstmals gab das höchste deutsche Gericht damit eine Entscheidung, die für Deutschland von größter Bedeutung ist, an das europäische Gericht in Luxemburg ab.

EZB-Präsident Mario Draghi hatte auf dem Höhepunkt der Euro-Krise im September 2012 angekündigt, im Notfall unbegrenzt Staatsanleihen von Euro-Ländern am Markt zu kaufen, um deren Kursverfall zu stoppen und Staatspleiten abzuwenden. In die Tat umgesetzt hat er sein Programm namens OMT ("Outright Monetary Transactions") aber nie. Es reichte allein die glaubwürdige Ankündigung, dass die EZB alles in ihrer Macht Stehende zur Euro-Rettung tun werde, um die Spekulanten zum Rückzug zu bewegen. Die Ankündigung gilt als Wendepunkt in der Krise: Ohne sie wären Griechenland, Portugal und womöglich Spanien nicht in der Euro-Zone zu halten gewesen — und der Währungsraum wäre zerbrochen.

Doch der OMT-Plan hatte andererseits in Deutschland enorme Kritik ausgelöst: Namhafte Ökonomen und Politiker, darunter Peter Gauweiler (CSU), klagten im Namen von über 35 000 Bürgern in Karlsruhe. Ihr Argument: Über den Umweg EZB müssten deutsche Steuerzahler für die Finanzierung anderer Staaten geradestehen. Das verstoße gegen das Grundgesetz und die EU-Verträge. Gauweiler sieht sich nun durch Karlsruhe bestätigt: Das Gericht habe anerkannt, dass Draghi "zu verschleiern versucht hat, dass die EZB in Wirklichkeit mit dem Geld der Steuerzahler die Finanzierung der überschuldeten Staaten subventioniert".

Ökonomen warnten dagegen, durch den Karlsruher Beschluss werde die Handlungsfähigkeit der EZB gefährlich eingeschränkt. Sie könne das OMT-Programm nicht mehr aktivieren, sollte sich die Krise wieder zuspitzen. Der EuGH gilt zwar als EZB-freundlicher als Karlsruhe und könnte das OMT-Programm erlauben. Er entscheidet jedoch möglicherweise erst in 16 Monaten. Das Bundesfinanzministerium hofft noch auf ein beschleunigtes Verfahren, das in vier Monaten abgeschlossen sein könnte.

(mar)
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