Bayer Leverkusen Jedvaj: "Wir haben keine Angst vor den Bayern"

Leverkusen · Im RP-Interview spricht der 19-jährige Werkself-Senkrechtstarter über Ziele, seine Lieblingsposition und seinen extravaganten Klamottenstil.

Bayer Leverkusen: Tin Jedjav erzielt Jubiläumstor
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Jedvaj erzielt 2000. Bayer-Tor in der Bundesliga

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Herr Jedvaj, sieben Siegen in Serie folgte das Unentschieden in Köln. Sie und Ihr Team wirkten danach sauer über die eigene Leistung. Ärgern Sie sich noch über diesen Auftritt und dass Sie Platz drei verloren?

Jedvaj Man sollte sich nicht zu lange mit solchen Spielen beschäftigen. Wir können das Ergebnis ohnehin nicht ändern. Wir schauen nur nach vorne — auf das Spiel gegen Bayern München und die restlichen drei Spiele der Saison. Ziel sind zwölf Punkte aus diesen vier Spielen.

Können Sie uns einen kleinen Einblick geben, welche Stimmung nach dem Köln-Spiel in der Kabine herrschte?

Jedvaj Wir waren natürlich enttäuscht, aber wir haben uns gesagt, dass wir es weiterhin selbst in der Hand haben, diesen dritten Platz zurückzuerobern. Dazu müssen wir vermutlich alle vier Spiele gewinnen. Wir sprechen viel über unsere Fehler, wir betreiben Analyse, und geben alles, unser Ziel zu erreichen.

Wird die Partie in Mönchengladbach, wenn es zum direkten Duell mit dem Konkurrenten um Platz drei kommt, die wichtigste der vier sein?

Jedvaj Nein, die wichtigste ist immer die nächste Partie — und das ist die am Samstag gegen die Bayern. Wir müssen von Spiel zu Spiel denken. Wenn der Samstag vorbei ist, ist Gladbach das wichtigste Spiel.

Sie denken also nicht an den 9. Mai?

Jedvaj Ich denke immer nur an den heutigen Tag. Wir leben in der Gegenwart. Das heißt: Wir bereiten uns auf das Spiel am Samstag vor.

Sie haben sich im Winter-Trainingslager verletzt und fielen über Wochen aus. Würden Sie sagen, dass Sie wieder vollständig fit sind?

Jedvaj Ja, ich würde sagen, dass ich wieder zu hundert Prozent fit bin. Drei Monate nicht trainieren und spielen zu können, war eine lange Zeit. Da kommt man nicht zurück und ist sofort voll da. Ich habe meine Zeit gebraucht, um mich ranzuarbeiten und wieder Vertrauen zu bekommen in mich selbst und in meinen Körper. Jetzt habe ich keine Schmerzen mehr und ich denke auch nicht mehr an die Verletzung.

Nach der Trennung von Emir Spahic und der Verletzung von Kyriakos Papadopoulos sind Sie in die Innenverteidigung gerückt. Es ist davon auszugehen, dass Sie dort auch gegen die Bayern spielen. Ist das Ihre Lieblingsposition?

Jedvaj Ja, das war meine erste Position, und die spiele ich auch in der Nationalmannschaft. Sicherlich kann ich auch auf der rechten Außenbahn spielen, aber ich sehe mich persönlich eher als Innenverteidiger. Das will ich nun zeigen.

Viele Fachleute sehen Sie in Zukunft in der Innenverteidigung. Sie auch?

Jedvaj Ich hoffe das. Ich kann auf dieser Position alle meine Qualitäten zeigen und denke, der Mannschaft dort mehr helfen zu können als auf der rechten Außenbahn. Ich habe mein ganzes Leben Innenverteidiger gespielt.

Was sind Ihre Stärken?

Jedvaj Ich mag es nicht so gerne, über mich zu reden

Ist es wichtig für Sie, mit Roger Schmidt in Leverkusen einen Trainer zu haben, der Sie fördert und auch langfristig als Spieler haben wollte?

Jedvaj Natürlich hilft es, einen Trainer zu haben, der an einen glaubt. Das stärkt das Selbstbewusstsein und wirkt sich auch auf die Leistung aus. Ich finde es wichtig, dass die Verbindung zwischen Trainer und Spieler stimmt. Ohne dieses Vertrauen fände ich es schwierig, in einem Verein zu spielen. Ich spüre den Rückhalt des Trainers, und darüber bin ich glücklich.

In Rom hatten Sie nur zwei Einsätze in Pflichtspielen. Warum so wenig?

Jedvaj Ich war erst 17 Jahre alt, also noch sehr jung, als ich dort hin kam. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir eine Reihe von sehr guten Spielern. Das machte es schwierig.

Warum haben Sie sich für einen Wechsel nach Leverkusen entschieden?

Jedvaj Weil ich glaube, dass dies der perfekte Verein ist, um mich weiterzuentwickeln. Ich komme hier mehr zum Einsatz als in anderen Klubs. Bayer 04 gibt auch ganz jungen Spielern eine Chance, wenn sie Potenzial haben. Und wir spielen jedes Jahr in der Champions League. . .

Das hofft Leverkusen...

Jedvaj Nein, wir werden da spielen! Und deshalb ist Leverkusen für junge Spieler wie mich ein super Verein mit unglaublichen Möglichkeiten. Junge Spieler werden weiterentwickelt und können neben der Bundesliga wichtige Erfahrungen auf internationaler Bühne sammeln.

Die Philosophie des Vereins ist es, junge, talentierte Spieler zu holen, sie zu entwickeln — in dem Wissen, dass sie womöglich irgendwann für viel Geld zu internationalen Top-Klubs wechseln. Für welchen Verein würden Sie in einigen Jahren gerne mal spielen?

Jedvaj Darüber denke ich jetzt nicht nach. Ich spiele für Leverkusen, das ist das, was wichtig ist. Außerdem: Wenn ich jetzt einen Verein nenne, spiele ich vielleicht am Ende bei einem Erzrivalen — deshalb wäre es nicht klug, etwas zu sagen (lacht).

Sie haben in Rom mit Stars wie Francesco Totti gespielt. Was kann man von solchen Leuten lernen?

Jedvaj Das war gerade in meinem letzten halben Jahr dort eine super Zeit. Ich war in einer Mannschaft mit großen Namen. Dazu gehörten auch Maicon, De Rossi und Pjanic. Jedes Training war ein bisschen wie in der Schule.

Ist Totti ein Vorbild?

Jedvaj Nein, das würde ich nicht sagen.

Haben Sie ein Vorbild in Kroatien?

Jedvaj Eigentlich habe ich keine Vorbilder.

Was ist mit Josip Simunic, der auch lange in der Bundesliga als Innenverteidiger gespielt hat?

Jedvaj Ich habe mit ihm sechs Monate in Zagreb zusammengespielt . Da hat er mir viel beigebracht. Er gilt in Kroatien als großer Spieler und große Persönlichkeit. Ich bin dankbar für für die vielen Ratschläge, die er mir mit auf den Weg gegeben hat.

Was sagen Sie, wenn kroatische Zeitungen schreiben, Sie seien der kroatische Paolo Maldini?

Jedvaj (lacht) Ich war sehr jung, als Maldini gespielt hat. Aber ich erinnere mich, dass er großartig gespielt hat. Es ist eine große Ehre in einem Atemzug mit ihm genannt zu werden, aber ich versuche, ich selbst zu sein, meinen eigenen Stil zu verkörpern, dem vielleicht mal jemand nacheifert.

Im Gespräch wirken Sie sehr ruhig, sehr entspannt, als könnte Sie nichts aufregen. Am Spieltag ist das anders. Gegen den FC Bayern im Pokalspiel haben Sie als Ersatzspieler den Ball vor Wut aufs Feld geschossen. Was geht da in Ihnen vor?

Jedvaj Na ja, nicht unbedingt aus Wut. Ömer [Toprak, Anm. d. Red.] lag verletzt auf dem Feld. Bayern München hätte dadurch das Abseits umgehen können. Also war es besser, ich bekomme eine Gelbe Karte als dass wir ein Tor kassieren.

Warum gewinnt Bayer 04 am Samstag gegen Bayern?

Jedvaj Ich hoffe, dass wir gewinnen. Bayern hat die Meisterschaft gewonnen und konzentriert sich nun auf die Champions League. Das könnte eine Chance für uns sein, dass sie nicht so sehr an uns denken. Zudem war es nicht so, dass Bayern im Hinspiel und im Pokal so viel besser als wir waren. Wir haben keine Angst vor ihnen. Wir wissen, dass wir Qualität haben und das werden wir zeigen.

Schauen Sie die Champions-League-Spiele nach dem Ausscheiden im Fernsehen an?

Jedvaj Nein, ich habe ein Privatleben! (lacht) Scherz! Natürlich schaue ich mir das an. Die Bayern spielen tollen Fußball. Wahrscheinlich den besten in Europa, vielleicht sogar in der Welt. Gegen Porto haben sie gezeigt, dass sie vier Tore in 20 Minuten schießen können, wenn sie müssen. Sie sind stark und das demonstrieren sie auch.

Wenn Sie ihr Privatleben schon ansprechen, was treibt Tin Jedvaj außerhalb des Sportplatzes so?

Jedvaj Ich genieße jeden Moment, ob Zuhause oder unterwegs. Ich wohne in Düsseldorf, die Stadt ist sehr ähnlich zu Zagreb, das gefällt mir. Leverkusen wäre mir ein bisschen zu ruhig. Ich brauche keine Party, aber ich liebe es rauszugehen und etwas zu erleben.

Sie gehen auch gerne Shoppen und drücken sich mit Klamotten aus. Was steckt dahinter?

Jedvaj Das stimmt schon. Aber ich weiß nicht warum. Ich trage die Klamotten, die sonst keiner tragen möchte. (lacht) Nein, ich entspanne mich gerne anders als die anderen. Es ist schwer zu erklären. Vielleicht kommt es auch daher, weil ich in Italien gelebt habe. (lacht)

Wo sehen Sie Leverkusen in den nächsten Jahren?

Jedvaj Mit diesem Team können wir viel erreichen. Wir werden im nächsten Jahr sicher besser sein als in diesem. Es war das erste Jahr des neuen Trainers, auch von mir und anderen jungen Spielern, die sich erst einleben mussten. Die Erfahrungen werden uns weiterbringen. Es wird interessant mit uns, das verspreche ich.

Sie sprechen Erfahrung an. Aus welchem Spiel haben Sie am meisten mitgenommen?

Jedvaj Vielleicht aus dem Spiel in Stuttgart. Wir haben zur Halbzeit 3:0 geführt und am Ende 3:3 gespielt, Stuttgart hatte sogar die Chance zum 4:3. Das hat klar gezeigt, dass man nie nachlassen darf im Fußball. Wir müssen immer weiter kämpfen und noch mehr Tore schießen.

Stefanie Sandmeier und Patrick Scherer führten das Gespräch.

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