Borussia Mönchengladbach Der seltene Mlapa und Kruse in der Krise

Mönchengladbach · Alles wie gehabt und doch nicht ganz normal: Borussia Mönchengladbach schaffte es beim 1:3 in Hannover, gleichzeitig Serien zu bestätigten und zu brechen. So zwiegespalten geht es weiter. Die "Zehn vom Niederrhein" hofft und hadert.

 Max Kruse und Peniel Mlapa kämpfen vergeblich um Gladbacher Punkte beim Match in Hannover.

Max Kruse und Peniel Mlapa kämpfen vergeblich um Gladbacher Punkte beim Match in Hannover.

Foto: Dieter Wiechmann

1.) Zur Unzeit Nach einem Super-Bowl-Wochenende ist keine Statistik zu freakig. Auf der anderen Seite des Atlantiks führen sie vom Avocado-Verbrauch bis zur Temperatur beim Anstoß über alles haargenau Buch. Da verblüffte der hiesige Pay-TV-Sender Sky kaum noch mit einer Statistik, die auf die Stichworte "Borussia Mönchengladbach", "18.30 Uhr" und "auswärts" hört. Zum neunten Mal seit 2009 musste der VfL am Samstagabend auf gegnerischem Platz in so einer Art Topspiel ran. Es setzte die siebte Niederlage bei gerade einmal zwei Unentschieden (2012 in Düsseldorf und 2011 in Bremen). Das Torverhältnis in diesen neun Partien zur Gladbacher Unzeit liegt bei 3:23.

2.) Beinahe-Vereinsrekord Das 1:3 bei Hannover 96 passte, langfristig gesehen, also ins Bild. Die Saison 2013/2014 hat dagegen höchstens beim 2:4 gegen Bayer Leverkusen einen vergleichbaren Fall geboten: Deutlich mehr Ballbesitz, eine bayerische Passquote, kaum zündende Ideen und dann hinten rücksichtslos ausgekontert. Zum ersten Mal seit dem 20. Oktober musste Marc-André ter Stegen auswärts überhaupt hinter sich greifen. Artjoms Rudnevs' Tor stoppte den Zähler bei 381 Minuten — Bestwert seit 1970, als Wolfgang Kleff und seine Vorderleute 457 Minuten schafften.

3.) Auswärtspolitik Man könnte meinen, wenn Schwarz und Rot in Berlin koalieren, dann darf die Borussia auch in Schwarz bei den Roten aus Hannover antreten. Doch die Glückstrikots blieben in der Kiste, Gladbach kombinierte sich in Weiß zu einer brotlosen Zwei-Drittel-Mehrheit. Wann immer die Mannschaft von Lucien Favre in dieser Saison auswärts etwas holte, ließ sie den Gegner auf Augenhöhe mitregieren. Doch Hannover ließ sich die Verantwortung am Samstag überhaupt nicht aufzwingen.

4.) Kruses Krise Am 11. Spieltag hat Max Kruse zum letzten Mal ein Tor aus dem Spiel heraus erzielt. Der Nationalspieler durchlebt sein erstes Tief, seit er am Niederrhein spielt. Im besten Fall ist Hannover die Talsohle gewesen, im schlechtesten Fall glaubt Kruse selbst am meisten daran, dass es im Moment so gar nicht läuft. Hilfreich wäre das wohl nicht, denn der 25-Jährige war im Borussia-Trikot dann am besten, wenn er nicht die geringsten Zweifel an seinen eigenen Fähigkeiten aufkommen ließ.

5.) Unrunde Ecken In einer Disziplin lief es für Kruse seit seiner Ankunft in Mönchengladbach zu keinem Zeitpunkt gut. Von den 70 Ecken (die wenigsten der Liga) hat der Angreifer die meisten ausgeführt. "Hereingebracht" wäre eine unzureichende Beschreibung. Bei Ecken läuft es nicht rund. Auf einen Treffer wartet der VfL nach wie vor, in Hannover klingelte es trotzdem — Mame Diouf schloss einen Konter zum 2:0 für 96 ab.

6.) Der seltene Mlapa Für das letzte Eckballtor sorgte Peniel Mlapa im März 2013, vor mittlerweile 29 Spielen. Auch am Samstag stellte der 22-Jährige bei seinem Saisondebüt unter Beweis, dass er für die seltenen Dinge häufig zu haben ist. Amin Younes flankte, Mlapa setzte sich im Luftduell vorbildlich durch — und Gladbach hatte zum zweiten Mal in dieser Saison ein Tor erzielt ohne die Hilfe von Raffael, Patrick Herrmann, Juan Arango und Max Kruse.

7.) Gesperrt Sieben Spiele in Folge änderte Lucien Favre seine Startelf vor der Winterpause nicht. Da Julian Korb die fünfte Gelbe gesehen hat, wird der Schweizer gegen Leverkusen zum dritten Mal in Folge wechseln müssen. So könnte es zwangsläufig weitergehen: Martin Stranzl und Christoph Kramer haben vier Gelbe Karten, Granit Xhaka droht mit seinen neun Gelben Karten bereits die zweite Sperre.

8.) Schuldenfrei Ein bisschen hat sich das Blatt gewendet. Das lässt sich kaum abstreiten. Vier Minuten vor dem Ende der Hinrunde hatte die Borussia 35 Punkte auf dem Konto, zehn mehr als zum gleichen Zeitpunkt der Vorsaison. Jetzt ist nur noch ein Plus von vier Zählern zu verbuchen. Gladbach droht jedoch selbst bei vier weiteren Niederlagen nicht der Dispo. Beruhigend.

9.) Die Anderen In den sozialen Netzwerken ging die Pessismus-Optimismus-Schere am Samstagabend weit auseinander. Einige stellten das schellende Telefon in Kopenhagen aus dem Europapokal-Lied erst einmal auf lautlos. Und die Konkurrenz? Leverkusen gewann nach zuvor drei Niederlagen gegen Abstiegskandidaten wenig überzeugend gegen Stuttgart. Dortmund holte in Braunschweig den ersten Dreier nach zuvor vier Spielen ohne. Wolfsburg und Hertha tummeln sich nach ebenfalls zwei Niederlagen mit Gladbach in den unteren Regionen der Rückrundentabelle. Nur die Underdogs aus Augsburg und Mainz mucken auf — und Schalke.

10.) 90er-Party Die Borussia mag an den nächsten beiden Spieltagen nicht samstags um 18.30 Uhr spielen müssen. Die Aussichten auf drei Punkte sind jedoch noch viel schlechter. Gegen keinen anderen Gegner wartet Gladbach zu Hause länger auf einen Sieg als gegen Leverkusen. Bei keinem anderen Gegner hat Gladbach so lange auswärts nicht gewonnen wie in Bremen. Die Rede ist von den Jahren 1989 und 1987. Aber das muss Marc-André ter Stegen, Patrick Herrmann, Granit Xhaka und all die anderen Kinder der 90er-Jahre ja nicht interessieren.

(rl)
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