EM-Teilnehmer im Porträt Deutschlands Wandel: von Malochern zu Magiern

München · Die deutsche Nationalmannschaft gilt als einer der Topfavoriten auf den Gewinn des EM-Titels 2012. Das DFB-Team unterstrich durch eine glanzvolle EM-Qualifikation und Siege gegen Brasilien und die Niederlande seine Ambitionen.

EM 2012: das deutsche Trikot
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Die Zeiten, in denen einer deutschen Nationalmannschaft ausschließlich Tugenden wie Kampf, Einsatz und Laufbereitschaft zugeschrieben wurden, sind längst vorbei. Inzwischen sind aus den "Rumpelfüßlern" von einst "Zauber-Fußballer" wie Mesut Özil oder Mario Götze geworden. Taktisch und spielerisch gehört Deutschland zu den Top-Nationen auf der Welt. Kein Wunder, dass das Team von Bundestrainer Joachim Löw bei der EM 2012 in Polen und der Ukraine zum engsten Favoritenkreis gezählt wird.

Hohe Messlatte

Löw und sein Team wehren sich nicht gegen die hohen Erwartungen. Vielmehr gehen sie mit ihren Ambitionen, erstmals seit dem EM-Triumph 1996 wieder einen Titel holen zu wollen, sehr offensiv um. "Die Messlatte ist in den vergangenen ein, zwei Jahren noch einmal höher gelegt worden. Ich glaube aber schon, dass wir relativ schwindelfrei sind und mit dieser Situation umgehen können", sagte Löw bei der Nominierung seines vorläufigen EM-Aufgebotes und fügte an: "Natürlich wollen wir Europameister werden, aber es ist keine Alles-oder-nichts-Situation für uns. Für mich zählt auch die Entwicklung der Mannschaft. Und die ist auch nach dem dritten Platz bei der WM weiter positiv."

Für Löw ist Welt- und Europameister Spanien aber nach wie vor das Maß aller Dinge: "Sie sind der Topfavorit, dahinter kommen die Niederlande, England und auch wir." Dennoch sind seit dem verlorenen EM-Finale gegen Spanien 2008 und dem Halbfinal-Aus bei der WM 2010 erneut gegen die Iberer alle Anstrengungen auf einen Erfolg bei der EM in Polen und der Ukraine ausgerichtet. Und die Maßnahmen von Löw scheinen sich voll auszuzahlen. Mit zehn Siegen marschierte die DFB-Auswahl glanzvoll durch die EM-Qualifikation. Zudem setzte das junge deutsche Team durch Erfolge im August gegen Rekordweltmeister Brasilien (3:2) und im November gegen Vize-Weltmeister Niederlande (3:0) deutliche Ausrufezeichen.

"Deutschland und Spanien sind derzeit den anderen Ländern Europas meilenweit voraus. Beide Nationalmannschaften spielen einfach konstant auf einem anderen Niveau. Und damit sind beide für mich auch die eindeutigen Favoriten bei der EM 2012", betonte "Kaiser" Franz Beckenbauer.

Dass sein Team sich nach der WM Südafrika weiter gesteigert hat, überrascht Löw nicht. "Wir haben Jahre darauf hingearbeitet. Es war unser Ziel, besser und konstanter zu werden. Man kann heute die guten Mannschaften nur schlagen, wenn man spielerisch besser wird, nicht mit Aggressivität. Und wir passen uns immer an die aktuellen Entwicklung im Fußball an", sagte er.

Auch taktisch wird das Löw-Team längst den allerhöchsten Ansprüchen gerecht. Der Ansatz sei "immer sehr offensiv. Wir wollen ständig nach vorne spielen, agieren, aktiv sein. Mir ist ein 4:2 lieber als ein 1:0", so der Bundestrainer, der seit 2006 im Amt ist.

"Jetzt können sie auch Fußball spielen"

Die Konkurrenz ist vom neuen Fußball-Deutschland auf jeden Fall beeindruckt. "Deutschland ist unglaublich stark beim Umschalten. Das konnten sie früher schon, aber jetzt können sie auch Fußball spielen", lobte Oranje-Coach Bert van Marwijk nach dem 0:3 in Hamburg: "Sie haben viel mehr Potenzial als wir." Insbesondere im Mittelfeld hat Löw ein Überangebot an herausragenden Spielern wie Özil, Götze, Thomas Müller, Toni Kroos, Lukas Podolski, Sami Khedira, Andre Schürrle, Marco Reus oder Bastian Schweinsteiger. In den Bender-Zwillingen Lars und Sven, Julian Draxler und Ilkay Gündogan üben weitere Jungstars Druck aus.

Da der Bundestrainer grundsätzlich auf ein System mit nur einem Stürmer setzt, hat er jedoch auch im Angriff ein Luxusproblem. In Mario Gomez und Miroslav Klose bieten sich zwei absolute Top-Torjäger für den einen Platz an. Italien-Legionär Klose von Lazio Rom, der eine unglaublichen Quote in der Nationalmannschaft von 63 Treffern in 114 Länderspielen aufweist, war allerdings im Vorfeld der EM fünf Wochen verletzt und feierte erst Anfang Mai bei Lazio sein Comeback.

Dass die deutsche Nationalmannschaft derart positive Schlagzeilen schreibt, hat für Teammanager Oliver Bierhoff vor allem einen Grund: Und der heißt Joachim Löw. "Das ist einmalig, was er leistet. Er weiß, was er will", lobte Bierhoff: "Er schafft es, sich trotz des Rummels auf das Wesentliche zu konzentrieren."

(sid)
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