Alle gegen Blatter? Druck auf Fifa-Präsidenten wächst

Frankfurt/Main · Alle gegen Blatter? Der Widerstand gegen den Präsidenten des schwer unter Beschuss stehenden Fußball-Weltverbandes Fifa wächst von Tag zu Tag - aus Deutschland forderte Ligapräsident Reinhard Rauball den 78-jährigen Schweizer sogar in einem persönlichen Telefonat zum Rücktritt auf. Überraschend ist das nach der Skandal-Untersuchung der doppelten WM-Vergabe an Russland 2018 und Katar 2022 nicht. Und auch nicht neu.

Sepp Blatter: 17 Jahre an der Spitze der Fifa
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Das ist Sepp Blatter

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Foto: dapd, Alessandro Della Bella

"Im Gegensatz zu anderen, die das nur medial machen, habe ich Herrn Blatter vor einiger Zeit selbst angerufen", sagte Rauball (67) im kicker-Interview: "Da habe ich mir keine falsche Zurückhaltung vorzuwerfen." Blatter folgte der Bitte natürlich nicht - im kommenden Jahr will er nach wie vor in seine dann fünfte Amtszeit gewählt werden. Ein ernsthafter Gegenkandidaten ist bislang nicht in Sicht. Offiziell erklärt hat sich nur der Franzose Jerome Champagne (56).

"Es wird sicherlich noch nicht einmal innerhalb der Uefa (Europäische Fußball-Union, d. Red.) eine einheitliche Meinung geben. Gerade die kleinen Fußballnationen haben andere Interessen als die großen, das hängt auch sehr viel mit wirtschaftlichen Überlegungen zusammen", sagte Rauball. Die offenkundig nötige Veränderung im Weltverband sei "eine Herkulesaufgabe, weil es eine Vielzahl unterschiedlicher Interessen gibt". Die Fifa regiert über 209 Mitgliedsverbände. Der Großteil setzt sich aus Blatter-Freunden zusammen.

Wolfgang Niersbach, Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), deutete in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung zwar an, die Uefa können einen eigenen Bewerber stellen. "Ich schließe nicht aus, dass es bis zum 24. Januar doch noch einen europäischen Kandidaten geben wird", sagte der 63-Jährige. Nach der Absage von Uefa-Präsident Michel Platini (59) im Sommer wäre der interne Herausforderer bei der Wahl am 29. Mai in Zürich aber so gut wie chancenlos - und nur ein Strohmann. Die Süddeutsche Zeitung berichtet von einem Kandidaten aus Asien, der die volle Unterstützung aus Europa erhalten solle.

"Als Blatter im Juni in Sao Paulo seine erneute Kandidatur ankündigte, versagten ihm die Uefa-Vertreter, die sich zu Wort meldeten, die Gefolgschaft. Er rechnet also ohnehin nicht mit deren Stimmen", sagte Rauball. Die Krise um die Ermittlungen von Michael Garcia und der Ethikkommission gegen die kommenden beiden WM-Ausrichter hat das nicht wesentlich verändert. Und die Fifa auf Zeit. Der Garcia-Bericht wird derzeit neu geprüft - ein endgültiges Ergebnis vor Weihnachten ist unwahrscheinlich.

"Ich war einer der Ersten, die die Wahl Katars massiv kritisiert haben, und an meiner Meinung hat sich nichts geändert. Schon gar nicht durch den Bericht der Fifa-Ethikkommission", sagte Rauball: "In Sachen Katar steht der Weltfußball nach wie vor einem Berg ungelöster Probleme. Was ist mit den Menschenrechten und den Arbeitsbedingungen vor Ort? Und wie gehen wir mit den klimatischen Bedingungen um? Was bedeutet das wiederum für den weltweiten Rahmenterminkalender? Ganz zu schweigen von der Frage: Wer muss dafür geradestehen, dass bei der Fifa so eine Fehlentscheidung gefallen ist?"

Einer, der für Veränderungen im Fifa-Exekutivkomitee sorgen könnte, sei Niersbach, derzeit Mitglied im Uefa-Exko. Der DFB-Präsident, "der ebenfalls eine kritische Position in vielen Punkten einnimmt, ist am ehesten dazu geeignet, Lösungen und Mehrheiten innerhalb des Fifa-Exekutivkomitees auf den Weg zu bringen", sagte Rauball: "Die Ligavertreter im DFB-Präsidium werden einstimmig Wolfgang Niersbach für eine Kandidatur vorschlagen. Und ich bin sicher, dass es keine andere Meinung im DFB-Präsidium geben wird."

Noch im Amt in der "Regierung des Weltfußballs" ist der frühere DFB-Präsident Theo Zwanziger, der sich im kommenden Mai aber sicher verabschieden wird. Im Gegensatz zu Blatter...

(sid)
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