Setzte Syriens Machthaber Giftgas gegen Zivilisten ein? Assad verspricht UN-Experten Zugang zu Dörfern

Damaskus · Frankreich hat nach eigenen Angaben Beweise, dass das Assad-Regime für den Chemiewaffeneinsatz in einem Vorort von Damaskus verantwortlich ist. Im Weißen Haus werden bereits mögliche militärische Reaktionen des Westens durchgespielt. Der syrische Machthaber reagierte am Sonntag, indem er UN-Inspekteuren erlaubte, Untersuchungen im fraglichen Gebiet anzustellen.

Der Westen zeigt sich zunehmend überzeugt von Berichten über den Einsatz von Chemiewaffen durch die syrische Regierung. Es werde nun über "mögliche Antworten der internationalen Gemeinschaft" nachgedacht, teilte das Weiße Haus am Wochenende nach einem Telefonat von US-Präsident Barack Obama mit dem britischen Premier David Cameron mit. Frankreichs Präsident François Hollande sagte, vieles deute darauf hin, dass die syrische Regierung einen Chemiewaffenangriff verübt habe.

Die syrische Regierung will UN-Chemiewaffeninspekteuren Zugang zu den Dörfern gewähren, die am vergangenen Mittwoch mit Giftgas bombardiert worden sein sollen. Die staatliche syrische Nachrichtenagentur Sana meldete am Sonntag unter Berufung auf das Außenministerium, man habe eine entsprechende Einigung mit den Vereinten Nationen erzielt.

"Ernste Sorge"

Obama und Cameron bekräftigten indes ihre "ernste Sorge" angesichts von "zunehmenden Anzeichen", dass ein "bedeutender Chemiewaffenangriff" von der syrischen Regierung verübt worden sei. Hollande erklärte am Sonntag nach einem Gespräch mit Australiens Premier Kevin Rudd, es gebe "ein Bündel an Hinweisen" darauf, dass es einen Angriff mit Chemiewaffen gegeben habe und die syrische Regierung dafür verantwortlich sei. Hollande sprach neben Rudd auch mit Cameron über die Lage in Syrien.

"Fakten und Beweise"

Obama traf sich am Samstag mit seinen führenden Sicherheitsberatern. Er habe die Geheimdienste beauftragt, "Fakten und Beweise" zusammenzutragen, hieß es aus dem Weißen Haus. Die Regierung habe eine Reihe von Optionen und werde den "nationalen Interessen" entsprechend handeln. US-Verteidigungsminister Chuck Hagel erklärte am Sonntag in Kuala Lumpur, die US-Streitkräfte seien bereit zum Eingreifen in Syrien, sollte Obama dies anordnen.

Nach Angaben der syrischen Opposition waren am Mittwoch bei Angriffen der Regierungstruppen mit Chemiewaffen in der Nähe der Hauptstadt Damaskus mehr als tausend Menschen getötet worden. Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen berichtete von mindestens 355 Patienten mit "neurotoxischen Symptomen", die in Krankenhäusern gestorben seien.

Insgesamt seien etwa 3600 Menschen mit derlei Anzeichen, wie sie nach Giftgas-Einsätzen typisch seien, in Kliniken eingeliefert worden. Der syrische Informationsminister Omran al-Sohbi bekräftigte dagegen, die Regierung habe "niemals Chemiewaffen in Syrien eingesetzt, in welcher Form auch immer, flüssig oder als Gas".

Rolle des UN-Sicherheitsrats

Die islamistische Rebellengruppe Al-Nusra-Front drohte im Internet, sich an der alawitischen Minderheitin Syrien für die mutmaßlichen Angriffe mit Chemiewaffen zu rächen. Am Samstag traf die UN-Abrüstungsbeauftragte Angela Kane in Damaskus ein, um auf einen freien Zugang der UN-Experten zu dringen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kritisierte im Magazin "Focus" Russland und China dafür, im UN-Sicherheitsrat eine Resolution zu Syrien verhindert zu haben.

Der iranische Vize-Generalstabschef Massud Dschasajeri warnte die USA vor einer Militärintervention. "Wenn die Vereinigten Staaten diese rote Linie überschreiten, wird das ernste Konsequenzen für das Weiße Haus haben", sagte Dschasajeri.

Israels Staatspräsident Schimon Peres forderte die internationale Staatengemeinschaft auf, "sämtliche Chemiewaffen in Syrien zu beseitigen". Ob dies durch eine militärische Intervention geschehen solle, ließ Peres offen.

(AFP)
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