Obama zu Besuch in Brüssel USA und Europa plötzlich wieder dicke Freunde

Düsseldorf · In Brüssel wird Einigkeit symbolisiert. US-Präsident Barack Obama trifft am heutigen Mittwoch beim USA-EU-Gipfel in Brüssel mit wichtigen EU-Vertretern zusammen. Auf dem Programm stehen die Krim-Krise, das geplante Freihandelsabkommen und die NSA-Spähaffäre. Die Eiszeit der vergangenen Monate zwischen Amerika und EU scheint beinahe vergessen.

US-Präsident besucht die EU
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Es ist eine Premiere - dieser USA-EU-Gipfel. Zum ersten Mal besucht Barack Obama Institutionen der Europäische Union. Doch trotz Premiere wird der Besuch wohl eher eine Stippvisite. Nur 75 Minuten, eine Stunde und 15 Minuten, weniger als eine Schul-Doppelstunde und kürzer als ein Tatort: So viel Zeit haben Barack Obama, EU-Kommissionspräsident Barroso und EU-
Ratspräsident Van Rompuy, um die drängensten Probleme zu besprechen. Und die Liste ist lang: Die Krim-Krise, das geplante Freihandelsabkommen, Klimapolitik und die NSA-Spähaffäre stehen auf der Agenda. Jedes Thema für sich genommen würde den Rahmen von 75 Minuten mehr als sprengen. Doch um Einigkeit und Geschlossenheit gegenüber Russland zu demonstrieren - dafür reichen auch eine Stunde und 15 Minuten.

Russland eint den Westen - wieder einmal

Die Krim-Krise hat die Streitigkeiten der vergangenen Monate in den Hintergrund rücken lassen. Die Botschaft an Russland ist klar: Das transatlantische Bündnis hält zusammen. Eine Geschlossenheit, die im Anbetracht der angespannten Verhältnisse zwischen EU und USA alles andere als selbstverständlich ist. Doch Russlands Stärke eint den Westen - wieder einmal.

Die Streitpunkte der vergangenen Monate

Besonders die USA dürften sich über diese Entwicklung freuen. Unstimmigkeiten in Sachen NSA-Affäre, Anti-Spionage-Abkommen und Freihandelsabkommen fallen immer mehr aus dem Fokus. Und auch die unschöne Äußerung "Fuck the EU" der US-Diplomatin Victoria Nuland ist Vergangenheit. Dabei ist die Liste der Unstimmigkeiten zwischen USA und EU lang. Die immer neuen Enthüllungen rund um die NSA-Spähaffäre haben das Vertrauen in den Bündnispartner erschüttert. Es besteht Klärungsbedarf. Die Streitpunkte vor dem Hintergrund der Krim-Krise nun einfach unter den Teppich zu kehren, ist keine dauerhafte Lösung.

Chronologie der NSA-Affäre

Vor zehn Monaten nahm die NSA-Affäre ihren Lauf: Anfang Juni 2013 berichtet der britische "Guardian" über das Ausspäh-Programm "Prism", mit dessen Hilfe der US-Geheimdienst NSA weitreichenden Zugriff auf Kommunikationsdaten hat. Der IT-Spezialist und frühere NSA-Mitarbeiter Edward Snowden offenbart sich als Quelle. Bereits Ende Juni ist klar: Der US-Geheimdienst bespitzelt auch die Europäische Union. In Deutschland sei der Abhördienst NSA sogar besonders aktiv. Anfang August folgt die nächste Enthüllung. Nach Informationen des "Spiegels" greift die NSA bei seiner Datenschnüffelei in großem Umfang auf Material des Bundesnachrichtendienstes zurück. Der BND bestätigt die Zusammenarbeit mit der NSA.

Und auch die Vereinten Nationen sind vor der NSA nicht sicher. Am 25. August berichtet erneut der "Spiegel", dass die NSA die Vereinten Nationen in New York abgehört und deren Videokonferenzanlage angezapft habe. Im September wird bekannt, dass der US-Militärgeheimdienst NSA seit 2010 systematisch Bank- und Kreditkartendaten ausgespäht haben soll.

Ihren Höhepunkt erreicht die NSA-Affäre in Deutschland am 25. Oktober. Die NSA nimmt das Handy von Kanzlerin Angela Merkel ins Visir. Regierungssprecher Steffen Seibert bestätigt, dass die Bundesregierung Informationen erhalten hat, dass das Mobiltelefon der Bundeskanzlerin möglicherweise durch amerikanische Dienste überwacht wird.

Im Dezember wird bekannt, dass der US-Geheimdienst täglich den Standort von weltweit fast fünf Milliarden Handys ortet und massenhaft Handy-Gespräche abhören kann. Und auch das neue Jahr beginnt mit Enthüllungen: Am 3. Januar 2014 berichten US-Medien, dass die NSA einen Supercomputer entwickelt, der in der Lage sein soll, fast alle Verschlüsselungen weltweit zu knacken.

Und erst vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass die NSA sämtliche Telefongespräche eines Landes aufnehmen und 30 Tage lang anhören kann. Möglich wird dies durch das Programm "Mystic". Diese Praxis sei sogar bereits gegen einen Staat angewandt worden, berichtet die "Washington Post".

Anti-Spionage-Abkommen

Vor dem Hintergrund der zahlreichen Enthüllungen wurden besonders in Deutschland die Forderungen nach einem Anti-Spionage-Abkommen mit den USA lauter. Auch Kanzerlin Angela Merkel drängt auf ein solches No-Spy-Abkommen mit den USA, um die Debatte über die NSA-Affäre zu beenden. Aber Washington stellt sich stur. Das Vorhaben droht im Sande zu verlaufen. Nicht zuletzt wegen der Krim-Krise.

Freihandelsabkommen steht auf der Kippe

Auch über das lang geplante Freihandelsabkommen mit den USA wird seit der NSA-Affäre kontrovers diskutiert. Nicht nur in Europa, sondern auch in den Staaten. Inzwischen droht das Projekt im bürokratischen Niemandsland zu versanden.

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