Die Szene mobilisiert für den 9. November Polizei rüstet sich für weitere Hooligan-Demos

Köln · Die Krawalle in Köln werden aus Sicht der Polizeigewerkschaft kein Einzelfall bleiben. "Das ist in allen Städten möglich", sagt der Bundesvorsitzende Rainer Wendt. Rechte und Hools mobilisieren im Netz für Demos in Berlin und Hamburg am 15. November. Motto: Köln war erst der Anfang.

Hooligans gegen Salafisten in Köln: Krawalle bei Hogesa-Demo
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Köln 2014: Krawalle bei Hooligan-Demo

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Foto: dpa, cas hpl

Zwei Tage nach der unerwarteten Eskalation von Köln versuchen Politik und Sicherheitsbehörden Antworten auf ein neues Phänomen zu finden: Die Allianz von Hooligans mit Rechten. Experten sind sich einig: Die Demonstration gegen Salafisten war nur ein Vorwand. Diese Taktik ist vor allem bei rechtsextremen Gruppen beliebt: Man nehme ein aktuelles Thema aus den Medien und besetze es mit eigenen Protesten. NPD gegen Kinderschänder. ProNRW gegen Moscheen.

Die Polizei zeigt sich nach dem Schock von Köln besorgt. Sie spricht von einer "neuen Dimension der Gewalt". "Innerhalb kürzester Zeit konnte ein gewalttätiger Mob von über 4500 Hooligans mobilisiert werden", erklärte der Vorsitzende der GdP in NRW, Arnold Plickert. Gruppen, die sich bislang "spinnefeind" gewesen seien, hätten gemeinsam Einsatzkräfte und Pressevertreter mit Flaschen, Feuerwerkskörpern angegriffen, Einsatzfahrzeuge demoliert und sogar Fahrräder auf Polizisten geworfen.

Rasantes Wachstum

Vor allem das rasante Wachstum der Bewegung ist auffällig. Im Interview mit faz.net zählt Plickert auf, wie die Szene ins Rollen kam: Vor wenigen Wochen habe es in Mannheim eine ersten Demonstration gegen Salafismus gegeben. Teilnehmerzahl: gerade mal 30 Personen. Wenig später in Frankfurt seien es 60 gewesen, danach in Essen 100, in Dortmund schon 300. Dass in Köln nun bundesweit 4500 Teilnehmer mobilisiert wurden, alarmiert ihn.

"Wohin entwickelt sich diese Gruppe? Wird die noch größer?", fragt Plickert, der selbst die Krawalle in Köln mit eigener Haut miterlebt hat. Die Behörden tun sich schwer damit, die Szene einzuschätzen. Sie hat keine festen Organisationsstrukturen, sondern mobilisiert sich frei über soziale Netzwerke. Plickert warnt: Sollten sich Führungsstrukturen herausbilden, die dem Rechtsextremismus nahestehen, dann werde es "brandgefährlich".

Nächster Stichtag: 9. November

Gefährlich werden könnte es bald schon erneut auf einer Demo. Im Internet kursieren in einschlägigen Gruppen bereits Aufrufe unter Hooligans, sich einer Kundgebung am 9. November in Berlin anzuschließen, die rechtsextreme Gruppen angemeldet haben. Sie soll vor dem Reichstag stattfinden. Das Motto der Kundgebung: "Frieden jetzt."

Der Berliner Innenstaatssekretär Bernd Krömer (CDU) versicherte bereits, die Polizei sei vorbereitet. Noch gebe es allerdings keine Anmeldung einer Demonstration von Hooligans gegen Salafisten. Im Netz wird der Termin jedoch bereits herumgereicht. Auch durch den Publizisten Jürgen Elsässer, der laut "Welt" die Berliner Kundgebung mit organisiert haben soll. In seinem Blog schlägt er vor, Vertreter der Gruppe "HogeSa" (Hooligans gegen Salafisten) als Redner einzuladen.

Weitere Kundgebungen sind bereits angemeldet

Im Laufe des Dienstags wurde bekannt, dass nun auch offiziell für den 15. November eine Anti-Salafisten-Demo angemeldet wurde. Die Berliner Landesbehörden prüfen jedoch, ob sie ein Verbot aussprechen. "Der Rechtsstaat muss alle Mittel ausschöpfen, damit sich die neue Dimension von Straßenmilitanz, die wir in Köln erlebt haben, nicht wiederholt", erklärte der Berliner Innensenator Frank Henkel (CDU). Die Gruppierung "Hooligans gegen Salafisten" hat ihren Aufmarsch für den 15. November angemeldet, der Polizei zufolge wollen die Initiatoren am Brandenburger Tor demonstrieren. Für den selben Tag ist eine ähnliche Veranstaltung in Hamburg angemeldet.

"Jetzt steht fest, dass sich das Zweckbündnis von Hooligans und Rechtsextremisten weitere Ziele ausgesucht hat", erklärte Henkel. Die im Internet verbreitete Drohung, dass Köln erst der Anfang sei, müsse sehr ernst genommen werden.

Die Berliner Versammlungsbehörde werde daher prüfen, ob ein Verbot möglich sei, erklärte Henkel. Ein Verbot sei mit hohen juristischen Risiken verbunden und bringe die Gefahr einer Aufwertung mit sich, räumte der Berliner Innensenator ein. "Dennoch bin ich der Ansicht, dass es ein größerer Schaden wäre, gewaltbereiten Gruppierungen tatenlos die Straße zu überlassen."

Auch in Hamburg braut sich etwas zusammen

Auch die Berliner Polizei nimmt die Sache ernst. Sie will vorbereitet sein. Im Umgang mit gewaltbereiten Demonstranten hat sie bereits eingehende Erfahrungen gesammelt, ist am 25. Jahrestag des Mauerfalls aber schon durch andere Großereignisse stark eingebunden. "Wir sind höchst sensibilisiert und werden uns kräftemäßig darauf einstellen", zitiert die "Berliner Zeitung" einen Polizeisprecher. Spätestens seit den Vorfällen in Köln sei klar, dass man entsprechend aufgestellt sein müsse. Berlin ist bekannt für eine lebendige Hooligan-Szene. Ob sich dort allerdings wie in Köln an die 5000 Teilnehmer einfinden werden, wird von den Behörden eher bezweifelt.

Köln, Berlin, Hamburg - die Prognose von Gewerkschaftschef Wendt scheint sich zu bewahrheiten. Ob die Kundgebungen auch stattfinden dürfen, steht freilich auf einem anderen Blatt. Innenminister Thomas de Maizière hatte am Montag angeregt, die Möglichkeiten des Versammlungsrechts auszuschöpfen und derartige Demonstrationen zu verbieten.

mit Agenturmaterial

(pst)
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