Interview mit Ronald Pofalla "Die Fußball-WM ist eine echte Chance für Russland"

Berlin · Russland habe mit der Fußball-WM die Chance, ein offenes und freundliches Gesicht zu zeichnen, sagt der Chef des "Petersburger Dialoges", Ronald Pofalla unserer Redaktion. Deshalb ist auch DFB-Chef Reinhard Grindl dabei, wenn an diesem Samstag das letzte verbliebene offizielle deutsch-russische Gesprächsformat neue Wege der Kooperation austestet.

 Ronald Pofalla (Archivaufnahme).

Ronald Pofalla (Archivaufnahme).

Foto: MARCO URBAN

Was erwarten Sie vom Petersburger Dialog an diesem Wochenende?

Pofalla Das wird in vielfacher Hinsicht spannend. Der Petersburger Dialog ist ja der letzte verbliebende offizielle zivilgesellschaftliche Gesprächskanal zwischen Russland und Deutschland. Ich finde bemerkenswert: Die Russen lassen immer mehr Vertreter von Nichtregierungsorganisationen zu, so dass in die Gespräche mehr Meinungsvielfalt kommt. Es sind bei der Tagung auch Journalisten zugelassen. Die russische Seite ist also zu mehr Offenheit bereit.

Werden Sie das russische Vorgehen gegen Nawalny und andere Oppositionelle zur Sprache bringen?

Pofalla Meinungsfreiheit ist eines der höchsten Güter unserer Demokratie. Ich habe in der Vergangenheit immer wieder zu diesem Thema durchaus auch kontroverse Gespräche geführt. Natürlich entspricht das russische Handeln nicht unseren Werten und Maßstäben und natürlich werden wir auch hierüber reden müssen. Ich sehe auf der anderen Seite aber auch eine Öffnung und das will ich auch ausdrücklich begrüßen.

Die Fußball-WM in Russland rückt näher — ein Thema auch für den Dialog?

Pofalla Ja, DFB-Präsident Reinhard Grindl, aber auch Thomas Hitzlberger sind dabei. Der russische Vizechef des Organisationskomitees, Herr Alexander Dschordschadse, ist ebenfalls dabei. Schon diese hochrangige Teilnahme ist ein Erfolg. Die Fußball-WM ist eine echte Chance für Russland, der Welt sein offenes und freundliches Gesicht zu zeigen. Andersherum werden die Besucher aus aller Welt auch auf russischer Seite helfen, Ressentiments gegen den Westen abzubauen.

Großveranstaltungen in Russland sind oft problematisch.

Pofalla Wir werden bei der Tagung des Petersburger Dialog natürlich deutlich machen, dass bestimmte Rahmenbedingungen erfüllt sein müssen. Ich will nur die Meinungs- und Pressefreiheit nennen. Journalisten dürfen nicht in ihrer Arbeit eingeschränkt werden. Die Russen müssen sich jetzt intensiv mit dem Thema auseinandersetzen, allein das ist schon ein Gewinn.

Sehen Sie denn positive Bewegung in anderen Bereichen?

Pofalla Der Dreh- und Angelpunkt für eine wirkliche Wende in den Beziehungen der westlichen Welt zu Russland ist die Lage in der Ukraine. Wenn wir die Dinge ehrlich benennen, hat sich hier nichts verändert, sind die Beziehungen unter dem Eindruck der Ukraine-Krise unverändert festgefahren.

Und unterhalb dieses Befundes?

Pofalla Die Beziehungen gehen in manchen Bereichen durchaus bergauf. Der Handel zwischen unseren beiden Ländern hat im 1. Quartal 2017 um ein knappes Drittel zugenommen. Allerdings hatten die Sanktionen zuvor auch ihre Wirkung gezeigt. Wir liegen also noch immer unter Vor-Krisen-Niveau, aber immerhin: Es geht aufwärts. Interessant sind auch die in Moskau diskutierten
Reformvorschläge für eine Stärkung der mittelständischen Wirtschaft. Die Debatte werden wir beim Petersburger Dialog natürlich unterstützen.

Beim G20-Gipfel in Hamburg begegnen sich Trump und Putin erstmals. Können Sie dafür im Vorfeld was tun?

Pofalla Natürlich schaut die ganze Welt auf das persönliche Aufeinandertreffen der beiden Präsidenten. Für die internationale Zusammenarbeit hängt vieles davon ab, ob sich der G20-Gipfel auf wesentliche Eckpfeiler für den weiteren Umgang mit dem Klimaschutz, Standards für die Migration und Hilfe für die Herkunftsländer verständigt. Aber auch die gemeinsame Bekämpfung des Terrorismus ist von größter Bedeutung. Wir können als Petersburger Dialog immerhin dazu beitragen, ein Gefühl zu bekommen, mit welcher Zielrichtung die Russen nach Hamburg fahren und können verdeutlichen, was wir uns vorstellen.

Das Interview führte Gregor Mayntz.

(may-)
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