BVB-Aktionär schreibt Brief an Watzke "Die Vorfälle sind eine Schande für unseren Verein"

Dortmund · Nach den Ausschreitungen in Dortmund hat ein Aktionär BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke einen Brief geschrieben, der unserer Redaktion vorliegt. Darin macht der Watzke für die Randale gegenüber den Fans von RB Leipzig mitverantwortlich.

Hans-Joachim Watzke: BVB-Sanierer und Hoeneß-Gegenpol
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Das ist Hans-Joachim Watzke

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Arnd Picker ist Mitglied bei Borussia Dortmund. Er hat eine Dauerkarte, und er besitzt Aktien. Man könnte sagen: Er ist dem Verein eng verbunden. Am Montag hat er dem BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke einen Brief geschrieben, weil ihn die gewalttätigen Ausschreitungen gegen Fans von RB Leipzig am Samstag schockiert haben. "Die Vorfälle sind nicht nur ein Skandal, sondern eine Schande für unseren Verein Borussia Dortmund", schreibt der ehemalige Henkel-Manager, "nicht nur die Aktionen der Verbrecher vor dem Stadion, auch die Inhalte der meisten Plakate auf der Südtribüne. Ich erwarte von Ihnen, dass Sie sich - am besten persönlich durch eine Ansprache am Mittwoch vor dem Pokalspiel - bei der Öffentlichkeit und den mehr als 99 Prozent der Besucher entschuldigen, die ich der Kategorie normale Menschen zurechne. Machen Sie klar, welchen enormen Schaden die Aktionen dem Verein weltweit zugefügt haben."

Auch Leipziger Fans wenden sich an Watzke. "Sie stehen persönlich zumindest moralisch für die Gewalt- und Hassexzesse Ihrer Anhänger. Sie schüren Hass in Ihrem respektlosen Verhalten gegenüber Führung und Anhängern von RB Leipzig", heißt es in einem offenen Brief. Die Leipziger beziehen sich auf ein Interview, das Watzke im vergangenen November der "Sport Bild" gegeben hatte. Er sagte dort: "Bei Rasenballsport, wie sie ja tatsächlich heißen, haben wir das erste Mal - auch im Gegenteil zu Hoffenheim oder Wolfsburg - den Fall, dass da nichts, aber auch gar nichts historisch gewachsen ist. Da wird Fußball gespielt, um eine Getränkedose zu performen." Watzke hat bei anderer Gelegenheit allerdings betont, dass er die Arbeit des Leipziger Fußball-Managements außerordentlich schätze. Auf den Gewaltausbruch vor dem Bundesligaspiel gegen RB, bei dem Dortmunder sogar Frauen und Kinder angegriffen hatten, reagierte er in einer offiziellen Stellungnahme: "Borussia Dortmund distanziert sich aufs Schärfste von jeder Form von Gewalt und von allen persönlichen Beleidigungen. Um es deutlich zu sagen: Wer seine Meinung nicht durch Argumente, sondern durch rohe Gewalt und plumpe Beleidigungen ausdrückt, kann, darf und wird nicht Teil der BVB-Familie sein." In einer Videobotschaft auf der Internetseite des Vereins versicherte er: "Wir arbeiten mit Hochdruck an der Aufklärung."

Borussia Dortmund: Fans beleidigen RB Leipzig
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BVB-Fans beleidigen RB Leipzig

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Foto: rtr, UB/

Während die Polizei gegen einen "hemmungslosen Mob ermittelt", fordert die Politik hartes Vorgehen der Justiz. Innenminister Thomas de Maizière sagte der "Bildzeitung": "Ich hoffe auf eine schnelle und harte Reaktion, damit alle wissen, was ihnen droht, wenn man sich so verhält." Die Randalierer gehörten nicht ins Stadion, "sondern hinter Schloss und Riegel". NRW-Innenminister Ralf Jäger stellte fest: "Wer Steine und Flaschen auf Frauen und Kinder wirft, hat den Knall nicht gehört und muss bestraft werden." Die Ermittlungen richten sich gegen die Dortmunder Ultraszene. Am Samstag waren elf Personen festgenommen worden, die nach "Abschluss der polizeilichen Maßnahmen" wieder auf freiem Fuß sind. Vor dem Stadion wurden Leipziger attackiert, im Stadion protestierten Ultras auf der Südtribüne mit hunderten teilweise extrem geschmacklosen Bannern. Auf einem stand "Bullen schlachten", ein anderes rief Leipzigs Sportdirektor Ralf Rangnick zum Selbstmord auf: "Burnout-Ralle, häng dich auf". Rangnick war 2011 von seinem Amt als Trainer auf Schalke wegen psychischer Probleme zurückgetreten.

Proteste gegen das Leipziger Fußballprojekt gab es bei allen Gastspielen von RB. Die Anhänger von Traditionsvereinen kritisieren, dass ein Unternehmen sich lediglich einen Standort suchte, um über Bundesliga-Fußball Werbung für sein Produkt zu machen. Sie beklagen den Mangel an Mitbestimmung und halten RB Leipzig für den vorläufigen Gipfel der Kommerzialisierung.

Zu gewalttätigen Ausschreitungen war es bislang nicht gekommen. In Köln gab es eine Sitzblockade vor dem Mannschaftsbus, in Dresden warfen Ultras einen Bullenkopf auf den Rasen. Die Dortmunder Angriffe sind beispiellos. Darauf wies der Präsident des Nordostdeutschen Fußball-Verbands hin. "Natürlich muss sich nicht jeder mit dem Modell RB anfreunden", betonte Rainer Milkoreit, "aber das war abartig." Nach Polizeiangaben wurden zehn Personen, darunter vier Beamte, verletzt. Ein TV-Mitarbeiter entging nur knapp einer schweren Blessur, als ihn eine 50 Zentimeter lange Metallstange verfehlte. Sie wurde aus einem Zuschauerblock geworfen.

(pet)
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