Borussia Mönchengladbach Auswärts-Auftakt mit Stolperfallen

Mönchengladbach · In der Hinrunde bei einem Liga-Neuling zu spielen, ist eine knifflige Angelegenheit. Erstmals bestreitet die Borussia die ersten beiden Auswärtsspiele bei Aufsteigern.

 Kein Tor, kein Sieg — so wie 2014 ist es der Borussia in Freiburg schon oft ergangen.

Kein Tor, kein Sieg — so wie 2014 ist es der Borussia in Freiburg schon oft ergangen.

Foto: dpa, pse fdt

Sie hatten Werder Bremen 5:0 aus dem Stadion gefegt, dem 1. FC Köln mit einem 3:0 eine Lehrstunde erteilt und selbst den Sturm-und-Drang-Dortmundern beim 1:1 Paroli geboten: Die Borussen um Trainer Lucien Favre, Tempodribbler Marco Reus, Zauberfuß Juan Arango und Torwart-Talent Marc-André ter Stegen schienen im Spätherbst 2011, ein halbes Jahr nach der Relegationsrettung, nicht aufzuhalten zu sein.

Das erledigte dann am 10. Dezember der FC Augsburg in Form eines abgefälschten Freistoßtreffers des Ex-Gladbachers Jan-Ingwer Callsen-Bracker. Borussia verlor 0:1 beim Aufsteiger und Liga-Neuling, der zuvor erst einen Heimsieg gefeiert hatte, und Gladbachs Routiniers brauchten nicht viele Worte, um die Niederlage zu erklären. "Wir waren heute nicht gut", sagte Martin Stranzl. Und Kapitän Filip Daems fügte hinzu: "Wir haben den Kampf nicht richtig angenommen." Jenes 0:1 aus dem Dezember 2011 zeigte wieder einmal: Egal, wie gut aktuell die Form oder wie qualitativ hochwertig der Kader auch ist — es ist immer wieder mühsam, auswärts bei den Aufsteigern zu bestehen.

Insofern steht der Borussia in ihrem 49. Bundesligajahr eine knifflige Startphase bevor, denn erstmals bestreitet sie ihre ersten beiden Auswärtsspiele bei den Aufsteigern. Am Samstag sind die Gladbacher beim SC Freiburg zu Gast, am 21. September geht es zu RB Leipzig.

Ein Blick in die Historie belegt indes, dass Borussia ihre Sache bei den Aufsteigern grundsätzlich ganz gut gemacht hat: 47 Spiele gewann sie, 43 verlor sie, 31 endeten unentschieden. Die magere Bilanz beim SC Freiburg, der nun schon zum fünften Mal in die Bundesliga aufgestiegen ist, macht dagegen weniger Hoffnung. Einzig beim ersten Auftritt im Breisgau 1993 reichte es immerhin zu einem 3:3, danach setzte es nur noch Niederlagen — 1:2 (1999), 1:4 (2003) und 0:3 (2009).

Spiele bei Liga-Debütanten, wie es RasenBallsport (RB) Leipzig einer ist, sind nochmals eine Sache für sich — wenngleich auch hier Borussias Auswärtsbilanz positiv ist: 13 Siege stehen zehn Niederlagen gegenüber, neun Unentschieden kommen hinzu. Doch es gibt einen Haken: Beschränkt man sich in der Rückschau nur auf die Hinrunde, also auf jene Saisonphase, in der gewöhnlich die Neulinge noch besonders von ihrer Euphorie und Unbekümmertheit getragen werden, stehen die Borussen nicht so gut da. Von 17 Spielen bei Debütanten in der Hinrunde gewannen sie nur vier, sechs gingen verloren.

Gleich die erste Partie dieser Art am 22. Oktober 1966 gehört in die Reihe der Pleiten, als Gladbach erstmals in der Bundesliga an die Hafenstraße nach Essen fuhr. Zwar brachte Bernd Rupp den Favoriten in der ersten Hälfte in Führung. Doch Rot-Weiß Essen kämpfte leidenschaftlich und kam durch Willi Koslowski zum Ausgleich, ehe Heinz-Dieter Hasebrink in der Nachspielzeit den umjubelten Siegtreffer schoss. Nur ein knappes Jahr später gab es für Borussia die Bundesliga-Premiere am Tivoli. Die Gladbacher, die sich bereits als "Torfabrik" einen Namen gemacht hatten, kamen bei Alemannia Aachen nicht über ein 0:0 hinaus.

Natürlich ging nicht jede Auswärtspremiere daneben, so gewann Borussia als amtierender Deutscher Meister sowohl 1970 beim ersten Spiel in Bielefeld als auch ein Jahr später in Bochum jeweils 2:0. "Wir mussten uns einer Klassemannschaft beugen, die gerade in den entscheidenden Situationen ihre unvergleichliche Routine und Kaltschnäuzigkeit ausspielte", sagte Bochums Trainer Hermann Eppenhoff nach Gladbachs Auswärtssieg am dritten Spieltag 1971/72.

Es sollte jedoch für lange Zeit der letzte Hinrundensieg bei einem Liga-Neuling bleiben. 1978 setzte es am 14. Spieltag ein 0:2 am Böllenfalltor gegen Darmstadt 98. Und acht Jahre darauf unterlag Gladbach am dritten Spieltag Blau-Weiß 90 Berlin 2:3. Dabei führte Borussia zehn Minuten vor dem Ende noch 2:1, ehe der junge Karl-Heinz Riedle die Partie mit einem Doppelpack noch drehte. Und 1991 gelang den Gladbachern bei der Premiere in Rostock durch Holger Fach zwar das erste Saisontor im fünften Spiel, doch Hansa gewann noch 2:1.

2008 hatte die Begegnung mit einem Debütanten eine besondere Note, war das Spiel bei 1899 Hoffenheim am zweiten Spieltag doch das Duell zweier Aufsteiger. Und der Emporkömmling, der in der Hinrunde für Furore sorgen sollte, gewann sein allererstes Heimspiel, das indes im Mannheimer Carl- Benz-Stadion ausgetragen wurde, durch ein Tor von Vedad Ibisevic 1:0.

Es folgte drei Jahre später das bereits erwähnte 0:1 in Augsburg, das den Höhenflug der Favre-Fohlen aber nur kurzzeitig bremste. Unter dem Schweizer Trainer gelangen danach aber auch zwei Siege in Premierenspielen. 2012 hielt sich Gladbach bei der Spielvereinigung Greuther Fürth schadlos, spielte allerdings beim 4:2 den Großteil der Partie auch in Überzahl. Und 2014 fügte Borussia dem gut gestarteten SC Paderborn am sechsten Spieltag mit einem 2:1 die erste Heimniederlage in der Bundesliga zu. Dies könnte den Gladbachern nun auch in Leipzig gelingen — auch wenn die Aufgabe wohl wieder richtig knifflig wird.

(RP)
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