Schalke am Tiefpunkt Heldt stellt die Charakterfrage, Di Matteo zweifelt am System

Dortmund · Nach vorne ohne Mut, hinten immer anfälliger. Di Matteos Defensiv-System ist spätestens mit der 0:3-Schmach im Derby beim BVB gescheitert. Quo vadis Schalke? Der Trainer stellt seine eigene Strategie infrage: "Wir müssen überlegen, wie es weitergeht."

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Foto: dpa, mjh lof

Ideenlos, mutlos, hilflos - unentschuldbar: Nach der frustrierenden Schmach appellierte Horst Heldt an den Charakter der Derby-Versager, Roberto Di Matteo stellte gar das eigene Spielsystem infrage.

"Wir müssen sehen, dass wir in die Spur kommen. Das ist jetzt eine Charakterfrage, wie jeder einzelne die Situation annimmt und sich der Kritik stellt", sagte Manager Heldt nach der bitteren 0:3-Pleite bei Borussia Dortmund, die tiefe Spuren beim FC Schalke 04 hinterließ. "Es war ein sehr schlimmer Auftritt. So darf man sich im Derby nicht präsentieren. Das ist enttäuschend, da kann man sich bei den Fans nur entschuldigen", ergänzte Heldt kleinlaut.

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Ausgerechnet im prestigeträchtigsten Duell der Saison lieferten die Königsblauen die mit Abstand schlechteste Leistung ab. Zwar hielt das vermeintliche Abwehrbollwerk dank der zunächst katastrophalen Chancenauswertung des BVB und einer Riesenportion Glück fast 80 Minuten, doch mit dem überfälligen 0:1 von Pierre-Emerick Aubameyang (78. Minute) brach das fragile Gebilde auseinander. Innerhalb weniger Minuten machten Henrich Mchitarjan (79.) und Marco Reus (86.), der einen kapitalen Fehler des bis dato guten Torhüters Timon Wellenreuther nutzte, den Nachmittag zum Schalker Horror-Erlebnis.

Trainer Di Matteo war nach seinem ersten Revierderby entsetzt über den schwachen Auftritt seiner Elf, die alle Tugenden des modernen Fußballs vermissen ließ und sich in 90 Minuten keine echte Torchance erspielte. Die bedenkliche Vorstellung war der vorläufige Tiefpunkt einer gefährlichen und seit Wochen absehbaren Entwicklung. Trotz der vom Coach verordneten Defensiv-Taktik mit Fünfer-Abwehrkette plus "Sechser" erwies sich Schalke zuletzt als immer anfälliger. Nach vorne geht ohnehin seit Wochen nichts: Vier Tore in sieben Pflichtspielen nach der Winterpause zeugen von wenig Selbstbewusstsein und einem Komplettausfall der Offensive.

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"Wir hatten kaum Kontrolle über das Spiel. Wenn wir den Ball erobert haben, war er viel zu schnell wieder weg. So haben wir dem Gegner die Initiative überlassen und am Ende verdient verloren", räumte Di Matteo ein. Und kündigte nach dem "schwierigen Tag" an, seine auf Torverhinderung ausgerichtete Safety-First-Strategie generell zu überdenken. "Wir müssen uns grundsätzlich überlegen, wie es in Zukunft weitergeht - mit der personellen Situation und ob wir unser System weiterspielen wollen", meinte der Italiener: "Ohne Ball ist es schwer nach vorne zu spielen."

Eine Abkehr von dem zu Beginn seiner Amtszeit richtigerweise installierten Defensiv-System könnte Sinn machen. Die Spieler erstarren mittlerweile in ihrem Abwehrkorsett. Vollblutstürmer wie Klaas-Jan Huntelaar oder der in die Formkrise gerutschte Eric Maxim Choupo-Moting hängen in der Luft, weil sie aus dem spielschwachen Mittelfeld keine Unterstützung bekommen. Der einzige im Moment verfügbare Kreativspieler, Max Meyer, bekam von Di Matteo zuletzt kaum Einsatzzeiten. Stattdessen agieren form- und laufschwache Profis wie Kevin-Prince Boateng, ohne dem Team zu helfen.

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Foto: ap

Heldt mochte dagegen die Blamage nicht allein am System festmachen. "Wir haben fast einen Komplettausfall gehabt von vielen Spielern, da muss man nicht von Taktik reden." Wie Di Matteo kündigte der Manager jedoch eine intensive Analyse und Bestandsaufnahme an: "Sicher werden wir uns Gedanken machen, wie wir schnellstmöglich andere Ergebnisse liefern können. Das ist nun die Aufgabe."

(lnw)
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